Lydia - die komplette Reihe. Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe - Janine Zachariae


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      »Ja, Montag, Mittwoch und in einer halben Stunde.«

      »Und was?«

      Sie verzog ihr Gesicht: »Mathe!«

      »Beileid. Deutsch und Englisch hast du demnach schon überstanden?«

      »Ja. Darüber hab ich mir auch kaum Gedanken gemacht. Im Grunde wie mit Mathe. Was ich bis heute nicht weiß, bekomme ich eh nicht mehr rein. Daher hab ich es ruhig angehen lassen, mehr oder weniger«, plapperte sie nervös und rieb sich etwas den Nacken. Er sah zu ihr und erkannte, dass sie nicht ganz die Wahrheit sprach.

      Was auch stimmt, denn manchmal lernte sie bis nach Mitternacht. Sie gönnte sich nur wenige Pausen. Diese nutzte sie allerdings ganz bewusst: Spaziergänge, Lesen und ganz viel Musik – was ihr auch beim Lernen half.

      »Entweder man kann’s oder nicht und ich kann’s nicht«, sagte sie mit einem Zwinkern.

      »Ich wünschte, ich wäre so unbekümmert gewesen«, seufzte Tom Hafe und kickte gedankenverloren einen kleinen Stein vor sich.

      »Wie lief es denn bei dir?«

      »Nun, Mathe lief, denke ich, ganz gut, Deutsch sicher auch. Nur in Englisch hatte ich Probleme. Ich hab allerdings wie blöde gelernt«, gab er zu und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus und irgendwie fand sie ihn schon sehr süß.

      »Und mündlich?«

      »Werde ich dann hier machen. Das Schulsystem ist ja ähnlich. Großartig Unterricht gibt es ja auch nicht mehr, so dass mich deine Lehrer nicht verunsichern können. Französisch und Sport«, erzählte der Junge.

      »Französisch kann ich ja noch verstehen, aber Sport?«, wollte sie wissen.

      »In beiden steh ich auf kippe. Bei den anderen Fächern wäre es fast egal, welche Note ich bekomme.«

      »Ich muss Geographie und Biologie machen.«

      »Autsch.« Er legte seine Stirn in Falten, was aber lustig aussah.

      »Das kannst du laut sagen. So, Tom, das ist die tolle Schule, in die du auch bald gehen musst.«

      »Dann wünsche ich dir viel Glück. Wann bist du fertig?«

      »Drei Stunden geht die Prüfung. Wir haben es gleich neun, also bis zwölf.«Ihr Unterricht fing später an, da ausgeschlafene Schüler bessere Ergebnisse liefern, jedenfalls bei einer Prüfung.

      »Alles klar. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich dich nachher bitten, mich hier noch etwas umher zuführen.«

      »Von mir aus. Bis später und verirre dich nicht.« Lydia musste dabei lachen und so betrat sie kichernd das Schulgebäude.

      Die Zeit verging sehr schnell, jedenfalls dann, wenn das Mädchen gerade wusste, wie sie eine Aufgabe lösen konnte.

      »Noch dreißig Minuten!«, gab ihre Lehrerin an. Zwei andere gingen die ganze Zeit in der Aula hin und her. Das irritierte sie schon etwas, da sie es nicht mochte, wenn sie beobachtet wurde. Auch wenn sie nicht spickte - und es auch nie machen würde - war sie trotzdem stets nervös, wenn ihr jemand über die Schultern schaute.

      Sie hatte dann immer Angst kritisiert zu werden, weil sie die Aufgabe nicht konnte, obwohl sie gelernt hatte.

      »Noch zwanzig Minuten.«

      Lydia saß direkt am Fenster und konnte gut auf den Schuleingang blicken.

      »Noch fünfzehn Minuten.«

      Dann sah sie, wie Tom gerade aus der Ferne kam. Er musste die Zeit über zu Hause gewesen sein, da er seine Jacke nicht dabei hatte. Am Morgen war es noch etwas frisch gewesen, aber die Sonne schien nun sehr warm. Er trug ein T-Shirt, Jeans, Chucks und eine Base Cape.

      »Zehn Minuten!«

      Tom stand nun vor dem Gebäude und blickte nach oben. Als er sie entdeckte, winkte er ihr strahlend zu, sie lächelte schüchtern in seine Richtung und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihr Blatt, wobei ihre Wangen etwas errötet waren.

      »Fünf Minuten!«

      Seufzend sah sie sich ihre Aufgaben noch einmal an. Im Grunde hatte sie alles geschafft, mehr oder weniger. Zwei oder drei Aufgaben fing sie an, ohne zu beenden. Und bei manchen hatte sie nur geraten, einige gewusst und bei vielen war Glück sicherlich im Spiel, wenn es richtig wäre.

      »Okay. Legt eure Stifte weg und bringt die Arbeiten nach vorne.«

      Lydia packte alles zusammen und legte ihre Prüfung zu den anderen auf den Lehrertisch.

      »Hey, Lydia. Wie fandest du die Prüfung?«, fragte sie eine Klassenkameradin.

      »Na ja, Svenja, es ging so und euch?« Neben ihr standen noch andere Mädchen und Jungen, die aber teilweise etwas abwesend wirkten.

      »Bescheuert, wer soll denn das alles wissen?« Zusammen gingen sie aus dem Gebäude.

      »Uh, wer ist denn das? Der sieht gut aus! Ein cooler Junge«, bemerkte Svenja und auch die anderen sahen sich den ›Neuen‹ an. Doch er ignorierte sie und lächelte nur Lydia an.

      »Hey, Lydia, wie lief es?«, erkundigte er sich direkt.

      »Hi, Tom. Ach na ja, du weißt schon. So, wollen wir dann?« Sie drehte sich kurz zu den anderen und sagte: »Bis nächste Woche.«

       2. Seelenverwandtschaft

      Es wurde getuschelt, gekichert und natürlich gelästert - alles hinter Lydias Rücken, aber sie kannte es nicht anders.

      »Ignoriere sie. Die denken immer, sie seien was Besseres«, murmelte Lydia.

      »So kam es mir auch vor. Wenn jemand mit einer solchen Stimme fragt, wer das ist und daraufhin sagt, dass derjenige gut aussieht, muss man sich nichts einbilden.«

      Lydia lachte dabei, fand es aber schon peinlich, dass er das mit angehört hatte.

      »Du warst in der Zwischenzeit noch mal zu Hause?«

      »Jupp. Woher weißt du das?« Er schmunzelte und nahm sie auch ein wenig auf den Arm, aber sie antwortete ganz ernst:

      »Du hast keine Jacke mehr dabei.« Demonstrativ hielt sie dabei ihre eigene Jacke in der Hand und grinste.

      »Ja, ich hab meiner Mutter noch beim Einräumen geholfen. Vater war im Museum, um alles zu regeln, und fängt dann am Montag an.«

      »Hast du noch Geschwister?«, erkundigte sich das dunkelblonde Mädchen.

       »Ach, die Fragestunde war noch nicht vorüber?«

      »Nein, und mir fallen immer wieder Neue ein, keine Sorge«, antwortete sie lächelnd, während sie die Stufen der Schule hinab gingen.

      »Ja, ich hab noch eine Schwester, 22. Sie ist aber schon ausgezogen und wohnt in Heidelberg.«

      »Was macht sie da?«

      »Sie studiert Grafik-Design. Wie sieht es mit dir aus?«

      »Drei Brüder!«, sagte sie und rollte theatralisch mit den Augen.

      Er staunte. »Drei? Oje.«

      Obwohl sie ihn nicht kannte, hatte sie das Gefühl mit ihm reden zu können und erzählte, wie es damals für sie alle war. Sie war als Kind kein typisches Mädchen, sondern verbrachte ihre Zeit mit ihren Brüdern auf dem Fußballplatz, somit hatte sie genauso dreckige Sachen, wie die Jungs und ihr Vater brauchte sie, bis zu einem gewissen Zeitpunkt, auch nicht anders behandeln. Doch eines Tages wollte Steve nicht mehr, dass sie mit Fußball spielte.

      Tom zog bei ihrer Erzählung eine Augenbraue hoch. Sie liefen nebeneinander, sahen sich aber selten an und so bemerkte sie auch nicht, wie seine Mundwinkel sich leicht zu einem


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