Lydia - die komplette Reihe. Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe - Janine Zachariae


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Mädchen«, meinte er und schaute ihr in die Augen. Grün waren seine, wie sie feststellte. Das war ihr vorher gar nicht so bewusst gewesen.

      Sie wollten beide ernst bleiben, doch dann lachten sie gleichzeitig.

      »Dann hat Steve es mir erklärt und ich fing an, mich für andere Sachen zu interessieren. Wenn ich allerdings nicht gerade lernen muss oder nichts andres im Fernsehen läuft, sehe ich trotzdem Fußball«, erklärte die 15-Jährige.

      »Nicht schlecht.« Tom fand sie sehr erfrischend. Sie war nicht auf den Mund gefallen und sprudelte nur so voller Energie. »Wofür interessierst du dich denn jetzt?«

      »Bücher, Musik und Kunst, denke ich, aber das mag ich schon seit der zweiten Klasse. Und du?«

      »Ich lese auch viel, Musik mag ich auch, Kunst - na ja, kommt drauf an, was. Ansonsten Sport«, meinte er und fuhr sich mit der Hand durch seine mittel-blonden Haare, die sehr kurz waren.

      »Was für Musik hörst du?«

      »Hauptsächlich Rock«, antwortete Tom. Lydia strahlte und nickte. »Was arbeiten denn deine Eltern?«

      »Mein Vater ist Softwareingenieur und meine Mutter kenne ich nicht.« Er wartete und Lydia fügte hinzu: »Sie ging kurz nach meiner Geburt weg.«

      »Und du hast keinen Kontakt?«, erkundigte er sich neugierig.

      »Nein. Ich weiß weder, wie sie heißt noch wo sie ist«, erwiderte sie kopfschüttelnd.

      »Und deine Brüder?«

      »Ich glaube, für sie ist es zu schmerzlich, darüber zu reden.

      Ach, ich weiß auch nicht. Als ich noch ein Kind war, hab ich meinen Vater oft gefragt. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, meine Fragen wären unpassend und es käme so rüber, als sei ich undankbar. Seitdem lasse ich das Thema.«

      Sie gingen um den Teich im Park und Tom meinte, dieser Platz gefiele ihm besonders.

      »Hier, in dem Bücherladen«, sagte sie etwas später, »arbeite ich morgen einen Tag auf Probe!«

      Ihr Weg führte sie quer durchs Dorf und sie erzählte ihm alle möglichen Anekdoten und Begebenheiten.

      »Echt? Cool.«

      »Ja, ich kenne die Ladenbesitzerin schon ewig. Als ich mich entschied, nicht das Abitur zu machen, hab ich angefangen, Bewerbungen zu schreiben.

      Und Madlen meinte gestern zu mir, dass ich gute Chancen hätte.«

      »Glückwunsch.«

      »Danke«, sagte sie freudestrahlend.

      »Gut, wenn du weißt, was du machen willst. Ich hab mich auch schon beworben. Aber noch steht es offen, ob ich nicht vielleicht doch mein Abi mache«, sagte er nachdenklich.

      »Willst du auch studieren?«

      »Das weiß ich ja noch weniger! Wenn es nach meinen Eltern ginge, schon. Aber ich weiß es noch nicht.

      Wenn ich keine Ausbildung finde, mache ich das Abitur oder ich geh auf eine Fachoberschule - je nach dem, wo ich einen Platz bekomme -, danach kann ich immer noch sehen. Es war gar nicht so einfach, alles noch zu schaffen, zwischen Prüfungen und Umzug. Ursprünglich hätte ich bei uns gerne was gemacht, aber hier kenne ich mich ja nicht aus und das ist echt blöd.«

      »Ich verstehe. Es ist ja alles im zeitlichen Rahmen. Noch ist nichts entschieden«, versuchte sie, ihn zu trösten. »Meine Familie ist nicht so begeistert von der Idee. Im Gegenteil«, seufzte sie und erzählte ihm davon. »Ich hatte trotzdem einen schönen Nachmittag mit Steve, den du gesehen hast.«

      »Wie viel älter ist er?«

      »Fünf Jahre und zwei Wochen, er hatte erst Geburtstag!

      Michael ist allerdings schon 28, Sam ist 18«, erklärte Lydia.

      »Ich finde es nicht schlimm, wenn jemand nicht studieren will. Was ist denn schon dabei? Gerade in dieser Zeit sollte man eher vorsorgen und so planen, dass es wirklich passt. Mal angenommen, wir würden noch bis zur zwölften zur Schule gehen, danach noch jahrelang studieren.

      Die Möglichkeit, dass diese Arbeit dann nicht mehr so gebraucht wird, ist durchaus da. Dann hat man einen super Abschluss, der nicht billig war, steht am Ende aber mit nichts da, außer eventuellen Schulden.«

      »Genau das denke ich auch«, bestätigte Lydia erleichtert und lächelte ihn an.

      Sie bogen in ihre Straße und standen auch schon vor ihren Häusern.

      Das Wetter war sehr schön und beide genossen diesen kleinen Spaziergang.

      »Magst du noch mit rein kommen?«

      »Das wollte ich dich auch gerade fragen, Lydia. Du könntest mir beim Einräumen helfen!«

      »Klar. Ich sag nur mal eben meinem Vater Bescheid.« Tom stellte sich direkt vor und dann gingen beide zu ihm.

      Als sie weg waren, betätigte Sascha einige Telefonate ...

      »Meine Mutter scheint schon wieder weg zu sein«, bemerkte Tom.

      »Schönes Haus. Zwei Jahre stand es leer, das war schade. Die Leute, die davor hier gewohnt haben, mussten umziehen. Der Mann hat woanders eine Arbeit gefunden. Sie waren ganz nett.«

      »Warst du im Haus?«

       »Einmal, aber nur in der Küche.«

      »Dann will ich dich mal herum führen.« Direkt links neben der Eingangstür befand sich die Küche.

      »Ihr habt ja einen Kamin! Das ist sicherlich gemütlich, wenn es draußen kalt ist«, stieß Lydia überrascht aus, als sie sich das Wohnzimmer ansah.

      »Meine Mutter wollte unbedingt einen. In unserem alten Haus hatten wir auch keinen.«

      Dann deutete er auf eine Tür, auf der ›Gäste WC‹ stand und erklärte: »Das Renovieren hat eine Firma übernommen. Wir haben denen gesagt, wie wir es haben wollen.«

      »Ich glaub, ich hab doch zu viel gelernt in letzter Zeit. Ich hab absolut nichts mitbekommen!«, grübelte sie. Sie gingen die Treppe hoch und er erzählte ihr alles Mögliche.

      Die Arbeiten am und im Haus haben über einen Monat gedauert, da aber Lydia meist über Kopfhörer Musik hörte - beim Lernen half es ihr, die äußeren Störfaktoren abzuwehren - bekam sie vom Lärm nichts mit.

      »Okay, schnell raus hier, sonst werde ich noch neidisch«,

      sagte sie mit einem Grinsen, als sie das große luxuriöse Badezimmer ansah.

      »Wieso neidisch?«

      »Der Spiegel ist ja gigantisch«, gab sie nur als Antwort. Sie schlenderten einen Flur entlang und er zeigte ihr, in welcher Richtung das Schlafzimmer der Eltern lag, gingen aber nicht hinein.

      »Wir haben noch ein Gästezimmer und das hier ist das von meiner Schwester. Aber es ist noch nicht wirklich eingerichtet, und dient eher als Abstellraum, für die leeren Kartons, bis sie abgeholt werden. Ich schlag mal vor, wir beenden die Führung und gehen in mein Zimmer.«

      »Blau-gelbe Wände!«, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, als er seine Tür öffnete.

      »Ja, ich fand es ganz passend.«

      »Sieht gut aus, meins ist in denselben Farben.« Sie sah sich weiter um, traute sich aber irgendwie nicht, ins Zimmer direkt einzutreten.

      »Was ist?«, fragte Tom nach.

      Ja, was war? Sie wusste es nicht. Sie dachte an die Romane von Jane Austen, was ihr aber doch unpassend erschien.

      »Traust du dich nicht?« Schulterzuckend und lächelnd betrat sie den Raum und sah sich weiter um. Das Fenster war direkt über dem Bett. In einer Ecke standen eine Couch und zwei Sessel, dazu ein Tisch und ein


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