Die Pferdelords 04 - Das verborgene Haus der Elfen. Michael Schenk
da, und Ihr seht hungrig aus.«
»Der gute Herr Rufus ist immer hungrig«, lachte seine Frau und füllte eine
weitere Schale.
»Und durstig«, bekannte der Hornviehzüchter. »Wenn Ihr noch einen Krug
Wasser hättet, gute Frau?«
Auch Rufus trug trotz der Hitze einen Umhang. Er war aus schwerer
brauner Wolle und wurde von zwei Lederriemen verschlossen. Die Menschen
des Pferdevolkes färbten ihre Umhänge je nach Vorliebe mit den geeigneten
Kräutern, Wurzeln oder Pilzen. Alle möglichen Farben waren vertreten, doch
Grün blieb allein den Pferdelords vorbehalten. Rufus hatte nie den Eid als
Kämpfer abgelegt und widmete sich lieber seinem Hornvieh als den
Wehrübungen. Dennoch verstand er es, mit Axt, Pfeil und Bogen umzugehen,
was schon so manches Raubtier schmerzhaft hatte feststellen müssen.
»Ihr wollt Hornvieh erstehen?«, fragte Rufus mit vollem Mund und zog
hastig die Schüssel mit Fleisch zu sich heran, als die Frau des Ältesten sie
fortstellen wollte. »Ihr tut gut daran, zu mir zu kommen. Ich habe erstklassige
Kälber, und es ist gutes Hochmarkvieh, nicht diese verwöhnten Rassen aus
den unteren Marken. Meine Tiere tragen noch Temperament in sich und ein
dichtes Fell gegen die Eisstürme des Winters. Ich kann Euch ein paar
überlassen, wenn wir uns einig werden. Wolle und Leder im Tausch, meintet
Ihr?«
Nedeam nickte. Da Balwins Gehöft offiziell in seinen Besitz übergegangen
war, lag es an ihm, den Handel abzuschließen. »Wolle und Leder. Vom
Besten.«
»Nun, das will ich glauben. Eure Schafe tragen gute und dichte Wolle. Wir
werden schon übereinkommen.« Rufus schmatzte behaglich, ließ seine Zunge
durch die geleerte Schale gleiten und lehnte sich dann mit einem
vernehmlichen Aufstoßen zurück. »Warum wollt Ihr Hornvieh züchten? Es
wird Euch viel Arbeit machen, Ihr guten Herren. Im Weiler sind genug
Männer, um sich bei der Herdenwache abzuwechseln, aber Ihr seid nur zu
zweit, und die Hornviecher müsst Ihr gut im Auge behalten.«
»Wir haben einen Pferch vorbereitet«, erwiderte Nedeam.
»Einen … was?«
»Wir haben ein Stück des Tals umzäunt. Wie man es für Pferde macht, die
noch nicht zugeritten sind«, erklärte Dorkemunt. »Da hinein werden wir das
Hornvieh sperren.«
Rufus lachte gutmütig. »Das mag das Hornvieh aus den unteren Marken
zusammenhalten, aber nicht unseres. Meine Tiere verfügen über
Temperament, erwähnte ich das nicht?«
»Ihr tatet es«, brummte der kleinwüchsige Pferdelord. »Aber glaubt mir,
auch die Rinder der unteren Marken können kräftig mit den Hörnern stoßen.
Doch keine Sorge, ich weiß einen festen Zaun zu errichten.«
Rufus wirkte verwirrt. »Eine merkwürdige Vorstellung, Hornvieh hinter
einen Zaun zu sperren. Wozu wollt Ihr einen Zaun, guter Herr Dorkemunt?
Die Felswände der Mark sind hoch und steil, auch der stärkste Bulle vermag
sie nicht zu ersteigen. Zudem braucht das Vieh viel Bewegung und gutes Gras
und Kraut. Das macht sein Fleisch fest und schmackhaft und lässt es nicht so
wabbelig und fettig werden wie das der Hornviecher aus den unteren
Marken.«
Der Viehzüchter zuckte seine breiten Schultern. »Aber nun, ich will Euch
da nicht hineinreden, Ihr guten Herren. Lasst uns sehen, welche Ware Ihr
gebracht habt.«
Im Haus war es immer noch heiß genug gewesen, aber als sie nun wieder
hinaus in die pralle Sonne traten, trieb es ihnen sofort den Schweiß aus allen
Poren. Rufus blickte zum Himmel hinauf. »Wird einen schweren Regensturm
geben. Man kann es riechen. Wir sollten uns beeilen. Bei einem solchen
Sturm wird es schwer für Euch, das Hornvieh nach Hause zu treiben. Es ist
zwar temperamentvoll, aber auch ein wenig schreckhaft.«
Nedeam und Dorkemunt hoben die Packtaschen von den Pferden, und
Rufus begutachtete ihre Waren mit kundigen Augen und Händen. »Es ist gute
und dichte Wolle«, stellte er fest. »Schade nur, dass Ihr sie nicht zu Fäden
spinnen könnt, dann würdet Ihr einen weitaus besseren Preis erzielen. Aber
nun wird meine Frau dies tun und die Wollfäden dann in Eternas feilbieten.
Auch das Leder gefällt mir. Sehr fein und doch fest. Daraus lassen sich gute
Handschuhe fertigen. Nun, ich denke, ich kann Euch dafür einen Jungbullen
und zwei etwa gleichaltrige Kühe geben.«
Dorkemunt runzelte die Stirn, aber Nedeam blickte über die Schulter
seines Freundes hinweg auf den Ältesten, der zu Rufus’ Worten nickte. Er
schien den Handel als fair zu empfinden. Dennoch war es nicht das Geschäft,
das Nedeam vorschwebte. »Legt noch einen Bullen und eine Kuh drauf, guter
Herr Rufus.«
Der Züchter schüttelte den Kopf. »Auch wenn dies erstklassige Ware ist,
mehr kann ich Euch dafür nicht geben. Aber ich versichere Euch, ich werde
gute Tiere aussuchen.«
Rufus würde die beiden nicht über den Tisch ziehen. Das Miteinander des
Pferdevolkes basierte auf einem fairen und ausgewogenen Handel. Nedeam
seufzte leise. »Das will ich gerne glauben. Aber wenn dem Bullen oder einer
der Kühe etwas geschieht …«
»Das Risiko trägt jeder Züchter«, brummte Rufus. Er strich sich
nachdenklich über das Kinn. »Mehr zu geben, wäre nicht richtig, Ihr guten
Herren, nehmt mir das nicht übel. Aber ich will Euch einen Vorschlag
machen. Sollte einem der Tiere ein Unglück geschehen, so will ich Euch
Ersatz geben. Aber dafür müsst Ihr mir zusichern, dass Ihr mir in dem Fall
das dritte und vierte Kalb überlasst.«
Nedeam nickte. »So soll es sein.«
Der Handel war geschlossen, und