Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk

Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks - Michael Schenk


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es nur eine kleine

      Handvoll Eindringlinge sein mag, so bilden sie doch für die abgelegenen

      Gehöfte eine Gefahr. Der Pferdefürst muss davon erfahren.«

      »Also kehren wir nach Eternas zurück«, stellte Lukan fest.

      Kormund nickte. »Das tun wir.« Er blickte auf das unvollendete Grab.

      »Zunächst erweisen wir jedoch dem Toten unsere Ehre.«

      Sie traten an das offene Grab heran und blickten sich dann zögernd an. Sie

      wussten, was zu tun war, doch kein Pferdelord gab gerne seine Waffe aus der

      Hand. Schließlich stieß Kormund ein leises Knurren aus. Er konnte von

      seinen Männern nicht erwarten, was er selbst nicht zu vollbringen bereit war.

      Mit einem leisen Zischen fuhr die Klinge seines Schwertes aus der Scheide,

      und er bückte sich, um die Hand des Toten um den Griff der Waffe drücken

      zu können.

      Lukan legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Wohl getan, mein

      alter Freund.«

      Kormund seufzte leise. »Es gibt noch viele andere gute Klingen. Die

      Hochmark ist reich an Erzen, und dieser Mann muss Ehre haben.«

      Sie sprachen die rituellen Worte, zu denen sie ihre Toten in die Goldenen

      Wolken entließen, und schichteten im Anschluss daran sofort mehrere Steine

      über die Leiche, damit kein Raubtier sie schänden konnte. Danach standen sie

      in Linie an dem einsamen Grab und schlugen ihre Waffen im Takt eines

      galoppierenden Pferdes an die Rundschilde. So begleitete der symbolische

      Hufschlag den Ritt des Toten zu den Goldenen Wolken.

      Kormund zog seine Lanze mit dem flatternden dreieckigen Wimpel aus

      dem Boden, trat an die linke Seite seines Pferdes und saß auf. Routiniert

      schob er den rechten Schenkel hinter den grünen Rundschild und stellte die

      Lanze in den eisernen Köcher am Steigbügel. Er wandte sich den anderen

      Männern zu.

      »Nach Eternas.«

      Kormund ritt an, und die anderen folgten dem flatternden Wimpel. Hinter

      ihnen blieb das einsame Grab zurück, das den Scharführer zunehmend

      beschäftigte. Es ging etwas vor sich in der Hochmark, und dieses Etwas gefiel

      ihm nicht.

      Kapitel 3

      Einst hatte Balwin einen großen Baum gefunden. Dieser große Baum hatte

      sein Leben verloren, als Balwin den Tragebalken für die Decke seines Hauses

      aus ihm gefertigt hatte, und so war aus dem großen Baum ein großes Haus

      geworden. Es gab nicht viele große Bäume in der Hochmark, und in der Regel

      schon gar keine, die es erlaubten, einen dicken Balken von fünf Längen aus

      ihnen herauszuschälen. Die Hochmark war reich an Wolle und Erzen, sogar an üppigen Weiden, doch nicht an Bäumen. Natürlich gab es Bäume, vor

      allem an der Südgrenze der Hochmark, doch diese waren meist klein und

      wirkten leicht verkrüppelt, denn sie hatten um ihr Leben zu kämpfen.

      Nedeam war froh, dass sein Vater ein großes Haus gebaut hatte, denn so

      besaß der Zwölfjährige eine eigene Kammer. Wahrscheinlich waren auch

      seine Eltern, Balwin und Meowyn, nicht unglücklich über diesen Umstand, da

      die eigene Kammer des Sohnes ihnen eine gewisse Bewegungsfreiheit ließ.

      Gelegentlich konnte Nedeam dies dem Knarren der Bettstatt seiner Eltern

      entnehmen. Er war durchaus schon in einem Alter, in dem er wusste, warum

      es Männer und Frauen zueinander zog, und gelegentlich zog es seine Eltern

      ganz besonders zueinander hin. Dann stöhnten und seufzten seine Eltern recht

      stark, weshalb Nedeam davon ausging, dass beide Schmerzen leiden mussten.

      Erblickte er sie dann aber am nächsten Morgen, schienen sie beide

      gleichermaßen ein eigenartiges Lächeln im Gesicht zu tragen, und Nedeam

      fragte sich, was das wohl für Schmerzen sein mussten, die auch Freude

      bereiteten und glücklich machten. Er selbst hatte sich vor einem Jahr einmal

      mit dem Hammer auf die Hand geschlagen und dabei trotz der Schmerzen

      keinerlei Freude empfunden.

      Nedeam hatte nicht gut geschlafen. Nicht nur wegen des Knarrens, sondern

      weil er aufgeregt war, denn heute sollte ein besonderer Tag für ihn werden,

      das hatte ihm sein Vater angekündigt. So war Nedeam schon in aller Frühe

      aufgestanden und hatte sich an den Tisch gesetzt, der im Wohnraum stand.

      Der Tisch war alt, und seine massive Platte mit den zahllosen Kratzern

      bewies, dass er der Familie seit Langem diente. Eine Scharte war besonders

      tief und lang und rührte daher, dass sein Vater einmal mit seinem Schwert in

      den Tisch gehauen hatte. Das Schwert war ebenso massiv wie sein Träger

      Balwin und Balwin zudem mit einem außergewöhnlichen Temperament

      gesegnet. Aber der Tisch hatte gehalten, so wie auch Nedeams Mutter

      Meowyn wohlweislich ihren Mund gehalten hatte.

      Der große Wohnraum war behaglich eingerichtet. Neben dem großen

      Tisch und der Bank standen hier noch drei Schemel aus gutem Holz. Auf dem

      gestampften Boden lagen sorgfältig behauene Steinplatten, die im Winter

      zwar kalt sein mochten, dafür aber verhinderten, dass sich Nager ihren Weg

      durch den Boden zu den Vorräten gruben. Der Boden war im Winter

      tatsächlich kühl, aber man gewöhnte sich daran. An einer Wand stand die in

      der Hochmark übliche große eisenbeschlagene Familientruhe, in der jede

      Familie ihre wertvollen Besitztümer aufbewahrte. In Balwins Fall waren dies

      seine Waffen. Nur sein mächtiger Rundschild lehnte neben der Tür an der

      Wand, und sein Schwert lag nachts griffbereit in der Kammer, direkt neben

      seiner Bettstatt.

      In der gemauerten Kochstelle mit der eisernen Abdeckung glimmten noch

      die Reste des letzten Feuers, und der Junge ging hinüber und blies prüfend in

      die Glut. Sie war noch stark genug, und so legte er schnell einen getrockneten

      Dungfladen nach. Wo Holz knapp war, gewöhnte man sich rasch an den

      Geruch getrockneten Dungs. Sein verstorbener Großvater Windemir hatte


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