Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
Du wirst drei Tage lang fort sein, wenn alles
glatt verläuft.« Balwin erhob seine Stimme. »Meowyn, Weib, erhebe dich.«
So grob und starkknochig sein Vater Balwin wirkte, so zart und zierlich
war Meowyns Gestalt, die kaum zu der ihres Mannes zu passen schien.
Mechanisch glättete sie ihre langen blonden Haare mit ihrem Hornkamm,
während sie das Wolltierfell zur Seite drückte und ihren Kopf in den Raum
schob. »Ja, mein Gebieter«, sagte sie mit leiser Stimme und zwinkerte
Nedeam dabei fröhlich zu.
»Ihr habt wieder geknarrzt«, entschlüpfte es Nedeam.
Meowyn errötete ein wenig, und Balwin sah seinen Sohn stirnrunzelnd an.
Er drohte ihm grinsend mit dem Finger und sah dann seine Frau an.
»Verdammtes Weib. Ich habe dir schon so oft gesagt, dass du dabei nicht
einen solchen Lärm machen sollst.«
»Binde die Bettstatt neu«, erwiderte Meowyn spöttisch. »Oder leichtere
dich.«
»Ich brauche meine Muskeln«, knurrte Balwin mit gespielter Empörung.
»Und eil dich endlich, unserem Jungen etwas Ordentliches aufzutischen. Er
muss heute die Arbeit eines Mannes verrichten und nach Eternas reiten.«
Balwin nahm sich den eisernen Eimer und ging damit zur Tür. »Am besten
wirst du dir nach dem Frühstück Stirnfleck satteln. Er ist ein gutes Pferd, stark
und ausdauernd.«
Nedeam nickte stumm und sah zu, wie sein Vater das Haus verließ, um
Wasser aus dem nahe liegenden Bachlauf holen zu gehen. Meowyn trug noch
immer ein Lächeln ob der vergangenen Nacht in den Augen, als sie den
Kessel auf die Feuerstelle stellte und Brot aus der verzierten Vorratstruhe
nahm, die Nedeam einst auch als Wiege gedient hatte. Im Gegensatz zu
Balwin führte sie eine sanfte Stimme, und Nedeam war sich keineswegs
sicher, wer von seinen Eltern wirklich im Haus gebot. Balwin liebte es, seine
Stimme zu erheben, aber wenn Meowyn ihn anlächelte, beruhigte sich sein
Wesen seltsamerweise sofort.
»Wir werden Salz brauchen«, sagte seine Mutter, während sie das
Frühstück vorbereitete. »Dein Vater wird dir dafür zum Handeln ein paar
Felle und Wolle mitgeben.« Sie lächelte ihren Sohn an. »Vielleicht fällt sogar
etwas Süßwurzel für dich ab.«
Nedeam grinste erfreut. Er liebte Süßwurzeln. Man musste sie zwar
ordentlich kauen, bis sie ihren Saft endlich freigaben, aber danach waren sie
ein köstlicher, wenn auch seltener Genuss. Balwin brachte das Wasser herein
und setzte sich dann zu Nedeam an den Tisch. Er beugte sich ein wenig zu
ihm vor und senkte dabei seine Stimme, damit Meowyn nicht alle seine Worte
verstehen konnte. Was schwer war, denn Nedeam wusste, wie gut seine
Mutter hören konnte. Vor allem jene Dinge, die sie eigentlich nicht hören
sollte.
»Hör zu, mein Sohn, das mit dem Knarrzen … Halte es für dich. Es macht
deine Mutter verlegen, wenn du darüber sprichst.« Balwin bemerkte den
Blick seiner Frau und errötete ein wenig. Verlegen zupfte er an seinem
dunklen Vollbart. »Nun, wie auch immer.« Er räusperte sich. »Du wirst an
meiner Stelle zum Eisenschmied nach Eternas reiten und dort ein neues
Messer für die Wolltierschur besorgen. Guntram ist ein alter Gauner. Er wird
versuchen, dich übers Ohr zu hauen. Aber gib ihm keinesfalls mehr als ein
Fell. Der alte Gauner hat mehr als genug Eisen, und die Arbeit tut ihm nur
gut. Und achte darauf, dass die Klinge des Messers gut geschärft ist.«
»Natürlich, Vater«, sagte Nedeam ernsthaft. »Ich werde darauf achten. Soll
ich auch die alte Schurklinge mitnehmen, damit sie nachgeschmiedet werden
kann?«
Balwin nickte. »Das ist eine gute Idee. Ich schärfe sie zwar regelmäßig,
aber langsam wird sie dünn und schartig. Es wäre tatsächlich besser, wenn
Guntram ihre Schneide neu schlagen würde.« Balwin schlug seinem Sohn
freundlich auf die Schulter, und der Schlag durchfuhr den schmächtigen
Jungen. »Du denkst richtig, Nedeam, und das ist gut so. Denn irgendwann
wirst du ein eigenes Haus gründen, und dazu musst du wissen, wie ein
Herdenhüter denkt.«
»Das hat wohl noch ein wenig Zeit«, wandte Meowyn ein und brachte
Brot, Schmalz und Wolltierkäse zum Tisch.
»Hast recht, Meowyn«, sagte Balwin auflachend. »Pferde mag er schon
besteigen. Das andere hat noch Zeit.« Er lachte, bis seine Frau sich räusperte.
Nedeam spürte, dass da noch etwas anderes im Raum stand, das für ihn
wohl noch ein Geheimnis bleiben sollte, aber er konnte sich schon denken,
dass dies mit dem Knarrzen zu tun hatte, und er lächelte verstohlen. Nedeam
nahm die flachen Schüsseln entgegen und verteilte sie, während sein Vater
große Stücke vom Brot brach.
»Zwei tote Wolltiere bei uns und eines bei Halfar, das gefällt mir nicht«,
brummte Balwin und biss in Brot und Käse. Seine Stimme wurde ein wenig
undeutlich, als er fortfuhr. »Gelegentlich findet eine Raubkralle ihren Weg zu
uns, oder ein Wolltier verendet. Damit müssen wir leben. Aber hier geht es um
drei Wolltiere in einem Zehntag.« Balwin schluckte und nahm einen Becher Wasser zum Nachspülen. »Bald ist Lammzeit, da sind die Herden besonders
schutzlos.«
Meowyn sah ihn ernst an. »Du willst Ausschau halten, nicht wahr? Dich
hat das Jagdfieber gepackt, ich kenne doch diesen Blick bei dir.«
Balwin wischte sich den Mund. »Wir können kein Raubzeug zwischen den
Herden gebrauchen, das weißt du, Meowyn. Und Halfar kann sich nicht
darum kümmern. Seine Frau bekommt bald ihr Kind, und seine Tochter ist
noch zu klein, um die Herde zu hüten.«
Meowyn lächelte. »Also werde ich unsere Herde hüten, und mein großer
und stattlicher Mann wird auf die Jagd gehen.«
»Du