Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II. Hymer Georgy

Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II - Hymer Georgy


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Mal wieder. Dann werde ich sie jetzt kurz instruieren. Während ihres Ausfalls ist einiges passiert, wie sie sich denken können.“

      Freysing hob die Augenbrauen. Natürlich war eine Menge passiert. Ständig passierte irgendetwas irgendwo auf dieser Welt. Aber worauf spielte Stoessner explizit an?

      „Spectator!“, gab der Generalmajor das Stichwort. Freysing überlegte kurz.

      „Das ist doch dieses neue Weltraum-Überwachungssystem. Eine SIGINT-Kooperation mit Frankreich. Ich habe während der Instruktion für unsere Abteilung vor Weihnachten davon gehört.“

      Stoessner nickte: „Eine wesentliche Komponente des Spectator-Systems sollte im November raufgebracht werden, oberflächlich getarnt als Wiedereintrittsphasen-Experiment, für die Medien und so. Aber die VEGA-Trägerrakete ist überraschend kurz nach dem Start in Französisch-Guayana explodiert.“

      „Hab´s im Fernseher gesehen gehabt. Sabotage?“

      „Möglicherweise. Ein Expertenteam befindet sich bereits seit dem November dort, um die Trümmerteile zu bergen und zu untersuchen. Ist nicht ganz einfach, die Reste sind im Atlantik außerhalb der französischen Hoheitszone runtergekommen und ziemlich weit verstreut. Aber den Satteliten hat man bislang nicht gefunden.“

      „Und jetzt soll ich auch da rüber?“, hakte Freysing nach. Er schien nicht begeistert.

      „Ja, genau. Betrachten Sie es nicht nur als Erholungsurlaub, aber überlassen sie den italienischen Kollegen vor Ort die Hauptarbeit. Die finanzieren schließlich das VEGA-Projekt, also sollen die auch was beitragen. Halten Sie bloß Augen und Ohren offen.“

      „Klingt nicht sehr aufregend.“, murrte Sax. Er mochte nicht länger tatenlos bleiben.

      „Soll es ja auch nicht sein. Sie sind ein Beobachter – schon vergessen?“

      „Warum ich?“, erwiderte er resignierend. Befehl war allerdings Befehl.

      „Die paar anderen aus unserer Abteilung sind beschäftigt. An der türkisch-syrischen Grenze ist der Teufel los, wie sie wissen. Und die Ukraine qualmt. So wie ich es sehe, sind Sie noch nicht wieder vollständig einsatzfähig. Also der richtige Job für Sie. Leichter Dienst. Und Sie sollten das Alles wirklich ganz ruhig angehen lassen“, beschwörte er seinen Mann. „Der tiefere Grund, warum ich genau sie schicke, ist aber noch ein anderer.“

      „Als der wäre?“ Sax war bei Stoessners letzten Worten hellhörig geworden.

      „Das Equipment für die Suche auf See wird von der DEMTAG gestellt.“

      „Aua!“, meinte Freysing und verzog das Gesicht. Er erinnerte sich noch allzu gut an die Stahlmann-Verschwörung vom Anfang des letzten Jahres, bei der er bereits mit der DEMTAG aneinandergeraten war – einem führenden deutschen Unternehmen im Bereich der Marinetechnik.

      „Ja, genau. Aua! Irgend so ein Wichtigtuer an leitender Stelle hat das als ´unbedenklich´ abgesegnet. Vielleicht hat von Lauenstein mal wieder seine Finger drinnen. Ich denke, wir sollten ein genaueres Auge darauf werfen.“

      „Gab es niemand anderen? Für die Bergung, meine ich?“

      „Wir hätten natürlich die Amerikaner bitten können. Aber angesichts des heiklen Frachtgutes haben wir lieber davon abgesehen. Spectator ist ein Joint-Venture allein von Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland!“, mahnte Stoessner eindringlich mit erhobenem Zeigefinger. „Die Amis wollen wir da mal schön raushalten.“

      „Verständlich. Das heißt, die geheimen Details kennen auch die Italiener nicht?“

      Stoessner nickte: „Das hoffen wir, und es sollte auch so bleiben. Halten sie sich wegen des Satteliten an die Franzosen.“

      „Der Sattelit wurde in Frankreich gefertigt?“

      „Zuständig für die Endmontage war das kleinere Zweigwerk eines sächsischen Unternehmens bei Paris“, führte Stoessner aus. „´German Space Robotics, GSR´. Der französische Inlandsgeheimdienst kümmert sich darum, und das BKA nimmt hier den Hauptsitz sicherheitshalber nochmal unter die Lupe. Nur zur Vollständigkeit!“

      „Was wissen die Dienste über das Unternehmen?“, hakte Sax nach.

      „Nichts Auffälliges. Ein Start-Up, das in der Zeit des Wiederaufbaus Ost groß geworden ist. Nicht unsere Zuständigkeit. Aber das Problem des VEGA-Zwischenfalls lag nach bisherigen Erkenntnissen nicht im Satteliten, sondern in den Antrieben des Launchers. VEGA wird von Arianespace vermarktet – einem soliden und seriösen Unternehmen. Wenn manipuliert wurde, dann auf der Abschussbasis drüben.“

      „Oder unterwegs, auf dem Transport. Na schön. Also tatsächlich nach Guyane? Ist doch aber eigentlich gar nicht mein Arbeitsfeld!“, meinte Sax skeptisch. Gleichzeitig musste er allerdings an Augusts damalige Worte denken, als sie sich damals in Leipzig verabschiedeten: ´Wir gehen dahin, wohin uns der Wind weht.´

      Stoessner winkte auch sogleich unwirsch ab und nickte abermals. „Egal. Sie finden in der geheimen Operation-Cloud alles, was sie erst mal brauchen, bis sie dort angekommen sind. Sie werden aber vor Ort auch von den Franzosen weiter informiert, die sind schon seit einiger Zeit in der Angelegenheit aktiv. Und noch etwas sollten Sie wissen: Sie sind mit der Sache im Hintergrund möglicherweise vor ein paar Monaten bereits kurz in Berührung gekommen. Der dritte Grund, warum ich ausgerechnet Sie schicke!“

      „Aha?“, hakte Freysing skeptisch nach.

      „Tschechien, letztes Jahr im Spätsommer. An den Auftrag erinnern Sie sich doch wohl noch? Sie haben schließlich nur einen Hüftschaden davon getragen, und keinen Dachschaden!“

      Ja, Sax erinnerte sich: Das war im September 2014 gewesen, direkt vor der Geschichte, die ihn dann leider ins Nürnberger Krankenhaus beförderte. Von den Analysten des Geheimdienstes waren seine Ermittlungen im Nachbarland allerdings schnell als „nicht so bedeutend“ eingestuft worden, und er selbst sah es damals zumindest nicht sehr viel anders, auch wenn ein paar Fragen dort offen blieben.

       Die Bilder von seinem erst kaum vier Monate zurückliegenden Aufenthalt in Tschechien waren Freysing sofort wieder präsent…

      ****

      Kapitel 1: Das letzte Rennen vor Ultimo.

       Tschechische Republik. Brno (dt. Brünn), in der Region Südmähren (Jihomoravský kraj). Knappe zwei Monate vor dem Start der VEGA-Rakete mit dem „Spectator“-Satteliten an Bord. 14. September 2014. Das letzte Rennen vor Ultimo.

      Der Lamborghini Gallardo schoss bei einer Geschwindigkeit von nahezu einhundertundsechzig Stundenkilometern mit etwas driftenden Reifen um eine Rechtskurve der Rennstrecke, dicht gefolgt von einem Ferrari 430 GT3 und einem Mercedes SLS. Staubfontänen nebelten die Umgebung ein. Seit einigen Wochen hatte es hier nicht geregnet, der Asphalt wirkte aufgeweicht und flimmerte in der spätsommerlichen Sonne. Der Klimawandel zeigte auch hier seine Wirkung.

      Der Fahrer, der die Spitzengruppe anführte, gab sogleich wieder mehr Gas und raste nun die kurze Gerade in südwestlicher Richtung entlang, während die beiden anderen Fahrzeuge gefährlich dicht in seinem Windschatten blieben. Das sportliche Feld folgte den Ausreißern nur eine knappe Sekunde später. Zuletzt gab es zwei Nachzügler in gehörigem Abstand, die kaum mehr Chancen auf einen Sieg besaßen.

      Der Kurs des WTTC lag seit 1987 im Waldgebiet Podkomorské lesy zwischen Ostrovačice und Žebětín. Zwar hatte es bereits seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Brünn eine Rennstrecke gegeben, lange bevor Mähren dann noch vor dem zweiten Weltkrieg Deutsches Reichsprotektorat wurde, jedoch bestand diese lediglich aus abgesperrten ansonsten öffentlich befahrbaren Straßen. Die ersten Sieger des „Großen Preises der


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