Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
einen Stein oder sonstigen unscheinlichen
Gegenstand. Mancher warf ihn weg, mancher steckte
ihn ein und nahm ihn mit nach Hause – dem ist er im
Sack zu eitel Gold geworden.
176. Von den zwei Kaufleuten auf dem
Waldstein.
Von L. Zapf. – Vgl. Beschr. des Fichtelbergs S. 82.
Als das »rothe Schloß« noch auf den riesigen Felsmassen
thronte, ein dräuender Schrecken der Reisenden,
da lagen auch einst in den Verließen zwei Kaufleute
aus Nürnberg, die die Raubritter aufgegriffen
hatten und wahrscheinlich nur gegen ein unerschwingliches
Lösegeld freigeben wollten. Mit einem Male
aber fanden diese Gelegenheit, die Flucht zu ergreifen,
wie gesagt wird, mit Hilfe des Burgvogtes. Sie
eilten den waldigen Berg herab und verfolgten die
Richtung gegen Münchberg, hatten aber kaum den
halben Weg zurückgelegt, als ihnen schon Hufschlag
und die Stimmen ihrer Verfolger in die Ohren drangen.
Eben hatten sie das Lehstenbächlein erreicht, das
hier den Weg durchschneidet; von der Nähe der Gefahr
gedrängt, sprangen sie in das rauschende Wasser
und schmiegten sich unter das steinerne Brücklein,
mit Zagen der Ankunft der Verfolger harrend. Und
diese kamen heran, – in der Hast aber sprengten sie
über die Brücke weg, auf der Straße weiter, weil sie
die beiden Kaufleute immer noch vor sich glaubten.
Fluchend über die entgangene Beute, kehrten sie end-
lich wieder und zogen abermals über die Brücke,
ohne an eine Untersuchung derselben zu denken. Wie
ihr Toben verhallt war, wagten die Beiden es endlich,
hervorzukommen, und als sie den Weg sicher fanden,
ihre Flucht fortzusetzen. Glücklich haben sie Münchberg
erreicht, und als sie dann vollends außer Gefahr
waren, machten sie ihre Leiden und wunderbare Rettung
und das unehrliche, zügellose Thun und Treiben
der Ritter von Sparneck offenkundig. Bald darauf legten
die Feldschlangen des schwäbischen Bundes die
trotzige Veste in Asche.
Die Kaufleute aber haben eine Stiftung errichtet zur
Unterhaltung der kleinen Brücke, die ihnen das Leben
gerettet, und vor Kurzem noch war an einem Steine
derselben eine darauf bezügliche Inschrift zu lesen.
177. Der Teifelstisch.
In der Mundart des P u l s c h n i t z - und S a a l t h a l s
erzählt von L. Z a p f . Vgl. J.v. P l ä n c k n e r
Piniferus S. 136.
Vor villn Johrna hot a moll in Weisdorf a Feilnhauer
galebt, des wor a Geisterbanner und wor weit a brat
'rimm bokannt. In der ganze Gegnd hot er sich säha
losen, immer in zerlumpte Kladerna und mit ran
Ränzla affm Buckel, und die Menschn und die
Gschpenster hamm sich vor ihn gfertt.1 Worsch inran
Haus net richtig, sa hamm a die Leut kumma losen,
do is nocher der Geist gleich za Kreuz krochen und
aff sein Wink in sei Ränzla nei gschlupft. Su hot er
gar manning gfangt und zer Strof hot er scha alla affe
Woldschtaa nauf verbannt, daß sa kann Menschn
mehr plogn und queeln konnten. Daß ihna ober die
Zeit in ihra Einsamkeit net long worn is, hot er ihna
eisera Kartn gamacht, do hamm sa nocher za Nocht
sich immran grusen schtanerna Tisch rimm gsetzt und
sich die Zeit mit Kartenschpilln vertrieben. Nuch
heunt haaßt mer denn na Teifelstisch und mer sicht
auch die Löcher, die die eisern Kartn in Schtaa nei
gadrückt hamm.
Fußnoten
1 gefürchtet.
178. s' Keesbrickla.
In derselben Mundart von L. Z a p f .
Bo Mechlareith1 is a Brickla, des haaßts Keesbrickla.
Do hamm a moll zwa Handwarksborsch vor an Haus
gabettelt und hamm mit a nanner drei Keesquerkla
kriegt. Wie sa nu gathalt hamm, hot jeder na drittn
Kees gor fer sich hobm welln. Do hamm sa o za
schtreitn gfangt und grod wie sa bon Brickla gawesn
senn, hamm sa ihra Messer raus und oner hot na annern
za gleicher Zeit daschtochen, su daß sa alla zwä
tud affm Plotz gabliebm senn. Deßtwegn haaßts
mersch heunt nuch as Keesbrickla.
Fußnoten
1 Mechlenreuth.
179. Der Feilenhauer von Weißdorf.
Im F i c h t e l g e b i r g e . – K. Z a p f Wanderungen S.
34.
Zu Weißdorf wohnte vor Zeiten ein Mann, welcher in
seiner Jugend das Feilenhauen erlernt hatte, später
aber dieses Geschäft aufgab, und sich dem Geisterbannen
widmete. Zu seiner Zeit waren die Gespenstererscheinungen
an der Tagesordnung; kaum hatte
Jemand, der nicht sonderlich gut angeschrieben stand,
die Augen im Tode geschlossen, so war ein Wiederkommen
so gut als entschieden. Noch vor dem Begräbnißtage
fing in seinem Hause ein Poltergeist an
zu rumoren, der ganze Ortschaften in Bewegung setzte
und jede Nacht eine andere Albernheit anrichtete.
Wer nun genöthiget war, in dergleichen Nothfällen
einen Helfersmann aufzusuchen, der nahm seine Zuflucht
zu dem alten Feilenhauer. Dieser, ein langer,
hagerer Mann, mit zerlumpten Kleidern und einen
Ranzensack auf dem Rücken, zog von Ort zu Ort und
leistete Hülfe. Sobald er irgendwo eintrat, wußte auch
Jedermann, was seine Gegenwart zu bedeuten habe.
Dann war der Feilenhauer ein Gegenstand der allgemeinen
Aufmerksamkeit, und die Schenke, wo er einzukehren
pflegte, wurde an jenem Tage häufiger besucht.
Gefürchtet war er von Jungen und Alten. Noch
mehr aber, als die Menschen, hatten die Poltergeister
vor dem Manne Respekt. Der ungestümste Dämon
kam auf einen Wink des Feilenhauers demüthig herbei
und kroch in den