Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
sich seinen Blicken entzogen hatte, den
Nußhardfelsen, dachte Tag und Nacht an ihre Schönheit
und an sein Versprechen, doch als die Zeit erschien,
befiel ihn eine wahre Todesangst, er trieb
seine Heerde nach einer andern Gegend und kam
nicht. Als er endlich wieder einmal am Felsen hielt,
sah er auch die Jungfrau wieder. Wehmuthsvoll fragte
sie ihn, warum er nicht zu ihr gekommen? Jetzt wäre
der schöne Augenblick vorüber und sehr lange müsse
sie nun wieder warten auf die neue Stunde ihrer Erlösung.
Nie sah der Hirt die Jungfrau wieder, so oft er
auch die Gegend des Nußhardfelsens besuchte.
166. Der ewige Schmied im Fichtelgebirg.
Von J . M . R a t h . – Sage des S c h n e e b e r g s .
Horch! Mitternacht schlägt es,
Zur Mette erschallt
Die Glocke im Wald!
Auf Meister! vom Amboß
Hinweg gleich und ruht;
Das Christkind die Fahrt um
Im Lande jetzt thut.
»Erst schlag' mir das Eisen,
Weil's glühet, zurecht,
Untüchtiger Knecht!
Ein Schlüssel gehämmert
Zur Christmettenzeit,
Dem öffnen die Kammern
Der Schätze sich weit.«
»Die Jungfrau im Haus ging,
Die Tochter, zu Bett,
Vergaß ihr Gebet,
Mit heiligem Quell zu
Besprengen die Thür;
Nun wehrt nichts den Geistern,
Nun helfen sie mir.«
Der Meister schlug rüstig,
Der hämmernde Schall
Erklang ohne Zahl.
Der Schlüssel ist fertig,
Und Schmied und Gesell
Ermüdet, sie schlummern
Selbander zur Stell.
»He! Schmied! nicht so müßig
Geschnarcht auf dem Sitz!
Auf, sei mir eins nütz!«
Es ruft vor der Schmiede,
Steht draußen so groß,
Als wäre gekommen
Ein Reiter und Roß.
»Der ist nicht geheuer
Der wilde Gespann,
Den ruf' ich nicht an!«
Wohl schreckt es den Meister,
Ein Grauen ihn faßt;
Das Zögern, es bringt nur
In Hitze den Gast.
Der schlägt mit dem Kolben
Mit abermal drei
Die Thüre entzwei.
Und richtet sich hoch auf
Im niederen Bau,
Wie ist er so düster
Wie ist er so rauh!
Wie hat er vom Helm und
Vom Panzer und Schwert,
So schnell sich entwehrt.
»Die Beulen im Harnisch,
Im eisernen Hut,
Die klopfe mir, Meister!
Und glätte sie gut!«
Er spricht es, und lehnt auf
Den Kolben sich stumm,
Und schauet sich um.
Der Meister ist müde
Vom vorigen Tag,
Und fürchtet des Gastes
Gedroheten Schlag.
Jetzt nimmt er den Helm und
Den Panzer zur Hand,
Und klopft unverwandt.
Es schwingt der Gesell auch
Des Hammers Gewicht.
Sie schlagen, sie treiben,
Und glätten doch nicht.
Wo ist nun der Schlüssel?
Weit offen die Thür,
Der Gast nicht mehr hier!
Zum Kämmerlein führt ihn,
Zur Jungfrau im Haus,
Der Schlüssel; den Schatz spür't,
Den theuren er aus.
Es krähet der Hahn und
Der Morgen wird hell,
Wie staunt der Gesell!
Er hämmert am Amboß,
Der Meister der schlug
Die Tochter, daß sie es
Nicht länger ertrug.
Vom Reiter im Boden
Sieht man noch den Tritt,
Die Spuren vom Ritt;
Und annoch in Nächten
Der Mette im Thal
Am Schneeberg vernimmt man
Den hämmernden Schall.
Ihr Mädchen! vergeßt nicht
Das Abendgebet,
Zu weih'n euer Bett;
Es klopft noch der Schmied und
Der Gast geht noch um,
Und noch hängt der Schlüssel
Nicht im Heiligthum!
167. Den Bergmönch sehen.
Ausf. Beschr. des Fichtelbergs S. 147.
Im Jahr 1674 hat ein Steiger auf dem Schönlinder
Zinnwerk sein Leben durch Sprengung eines großen
Steins geendiget, wobei dieses merkwürdig ist, daß
dieser Steiger zu Frühe, als die Bergleute an die Arbeit
gegangen, zu ihnen gesaget, es sollte sich anheute
ein Jeder wohl in Acht nehmen, er hätte gestern
Abends den Bergmönchen gesehen, es dürfte wohl
heute Etwas geben; da es ihn dann am selbigen Tag
selbst betroffen. Dieser Berggeist soll gar oft sich
haben sehen lassen und nichts Ungemeines gewesen
sein.
168. Sigmund Wann aus Wunsiedel.
Ausf. Beschr. des Fichtelbergs S. 84. B. G ö r w i t z
Sagenschatz. S. 60.
Sigmund Wann aus Wunsiedel lernte, einer älteren
Chronik zufolge, das Bäckerhandwerk, und wanderte
sodann in seiner Profession nach Venedig. Dort lernte
er in dem Hause einer geborenen Wahlin deren Magd
kennen und verliebte sich in dieselbe. Einstmals fragte
ihn die Dirne, ob er sich nicht lieber ein r e i c h e s
Mädchen wählen möchte – sie wüßte eines, das ihn