Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk

Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne - Michael Schenk


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      Ehre.«

      Dorkemunt nickte und zog einen Beutel mit getrockneten Fleischstreifen

      vom Gürtel, wie ihn die Pferdelords bei längeren Ritten als Proviant

      mitführten. »Ich werde dir noch etwas Würzfleisch hierlassen. Nicht dass du

      die Leute verschreckst, weil du draußen nach Essbarem suchst.«

      »Ich bin nicht dumm«, knurrte der Ork mit seiner tiefen Stimme. »Ich bin

      ein Krieger, und ich bin nicht dumm.«

      »Ich weiß, Fangschlag.« Dorkemunt zuckte die Schultern. »Ich wollte dich

      nicht beleidigen. Ich bin nur sehr nervös, verstehst du?«

      »Fangschlag versteht.« Die Gestalt wandte sich Nedeam zu. »Es ist, weil

      dein Junges heute ein Weibchen bekommt.«

      Tasmund runzelte verblüfft die Stirn, und Dorkemunt lächelte

      entschuldigend. »Nun ja, in den vergangenen Jahreswenden habe ich ihm so

      einiges beigebracht, ihr versteht? Wolltiere hüten und sie nicht gleich

      schlachten, Zäune flicken und Dächer reparieren. Nützliches Zeug halt. Er

      kann sich inzwischen sogar dem einen oder anderen Pferd nähern, ohne dass

      sie sich gegenseitig zu beißen versuchen. Nun, bekanntlich haben ja die Orks

      keine zwei Geschlechter. Sie wissen natürlich, dass es sich damit bei uns

      anders verhält. Also, ich meine, dass es bei uns Männer und Frauen gibt. Ich

      habe ihm nur die gröbsten Zusammenhänge erklärt … so gut es halt ging. Er

      versteht nichts von Frauen. Aber, nun, wer tut das schon?« Dorkemunt kratzte

      sich im Nacken. »Bei der Gelegenheit … Wir sollten jetzt wirklich gehen.

      Und mit dir, Nedeam, mein Sohn, hätte ich noch ein paar Worte zu wechseln.

      Draußen vor der Tür, wenn es recht ist.«

      Tasmund nahm Olruk in Beschlag, der noch immer leicht benommen

      wirkte. Und Dorkemunt zog seinen Freund und Ziehsohn Nedeam in den

      Schatten des Aufgangs, der zu den Kammern führte.

      »Nedeam, mein Sohn, es ist vielleicht nicht der rechte Ort und die rechte

      Zeit, aber es gibt da ein paar Dinge, die du unbedingt wissen solltest. Ich hätte

      wohl früher mit dir darüber sprechen sollen, doch irgendwie hat sich nie die

      Gelegenheit ergeben. Es gibt da ein paar Dinge im Zusammenleben von

      Mann und Frau …«

      Nedeam dachte an Tasmunds Worte und lachte leise auf.

      Dorkemunt errötete ein wenig. »Ich meine nicht jene Dinge, die ein Mann

      und sein Weib so tun. Es geht um Llarana, mein Junge. Zum einen ist sie eine

      Elfin. Aber sie ist vor allem eine Frau. Und eine Kriegerin, Nedeam, vergiss

      das nicht. Sie ist kein gewöhnliches Weib, du verstehst? Ich sollte dir …«

      Nedeam nahm die Ratschläge hin und begann sich zu fragen, ob ihm bei

      all den gut gemeinten Worten überhaupt noch Zeit für die Zeremonie bleiben

      würde. Er ahnte, dass seine Mutter Meowyn wohl auch noch ihren Beitrag

      leisten würde, und unterdrückte ein Seufzen. Er wollte es endlich hinter sich

      bringen und seine geliebte Llarana in die Arme schließen. Viel zu lange hatte

      er ihre Liebe schon vermisst. In dieser Nacht würden sie auch erstmals die

      Bettstatt miteinander teilen. Das bereitete ihm eigentlich die größten Sorgen.

      Die Elfen waren in allen Künsten bewandert, aber Nedeam war diesbezüglich

      noch ohne Erfahrung. Als er und Llarana sich einander versprochen hatten, da

      hatte er ihr durchaus näher kommen wollen, doch die Elfin hatte ihn sanft

      zurückgewiesen und es mit den Traditionen ihres Volkes begründet. Bei den

      Finsteren Abgründen, drei Jahre mochten für eine unsterbliche Elfin nur ein

      Atemzug sein, aber ahnte sie denn, wie viele Atemzüge er in dieser Zeit getan

      hatte? Doch zuerst kamen die Zeremonie und die Feier. Nedeam nahm sich

      sicherheitshalber vor, das Blor seiner Zwergenfreunde an diesem Tag zu

      meiden.

      Dann, endlich, hatten sich Larwyn, Meowyn und die Elfen über den

      Ablauf der Zeremonie verständigt, und das Ergebnis wurde den beteiligten

      Pferdelords verkündet.

      »Unbedeckt?!« Tasmunds Gesicht verriet Fassungslosigkeit. Auch

      Nedeam und Dorkemunt staunten ungläubig. »Ihr meint, vollkommen nackt?

      Ohne jegliche Bekleidung?«

      Jalan-olud-Deshay, Erster des Hauses Deshay und Llaranas Vater, nickte

      gleichmütig. »So ist es elfischer Brauch.«

      »Das ist … das ist aber … ungebührlich«, brummte Tasmund. »Nur Mann

      und Weib zeigen sich einander nackt.«

      »Wenn Ihr Pferdemenschen nach einem langen Ritt auf einen Weiher

      stoßt, so badet Ihr auch unbedeckt und zeigt Euch einander, nicht wahr?«

      Elodarion-olud-Elodarion, dessen Kinder Lotaras und Leoryn gute Freunde

      der Pferdelords und vor allem Nedeams waren, machte eine versöhnliche

      Geste.

      »Das ist etwas anderes.« Dorkemunt strich sich über das Kinn. »Da

      schauen schließlich keine Weiber zu.«

      »Wenn wir das Licht des Lebens erblicken«, sagte Elodarion leise, »so tun

      wir dies ebenfalls unbekleidet. Es hat rein symbolischen Charakter, Ihr

      Pferdelords. Man tritt schutzlos zwischen die seinen und vertraut sich ihnen

      an. Eben dies soll die Nacktheit während der Zeremonie zum Ausdruck

      bringen.«

      Nedeam räusperte sich. »Immerhin, sie findet in der großen Halle statt und

      nicht auf dem öffentlichen Platz der Stadt. Die Zahl der Zuschauer ist

      begrenzt.«

      »Es geht nicht um Zahlen«, knurrte Tasmund. »Es entspricht nicht unserer

      Tradition.«

      »Die Bräuche der elfischen Häuser sind älter«, entgegnete Jalan lakonisch.

      Elodarion nickte. »Bedenkt den Anlass, meine menschlichen Freunde. Es

      ist sehr lange her, dass sich ein elfisches Wesen und ein Mensch miteinander

      verbanden.«

      »Die Zeremonie wird nicht lange dauern«, sagte Nedeam entschlossen,

      »und


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