Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk

Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne - Michael Schenk


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      Der Erste Schwertmann konnte keine Rücksicht auf den Freund nehmen,

      und gemeinsam mit Kormund schaffte er es, Dorkemunt aus der Halle und

      hinüber zu dem großen Brunnen im vorderen Burghof zu führen. Zu jenem

      Brunnen, den Larwyn einst hatte anlegen lassen. Aus dem Maul des

      springenden Pferdes ergoss sich eiskaltes Wasser in das Becken, und ein

      Schwall davon ließ Dorkemunt prustend zu sich kommen.

      Wasser lief ihm über Haare und Gesicht, als er sich stöhnend auf die

      gemauerte Einfassung setzte und langsam die Vorgänge um sich herum zu

      erfassen begann. »Ah, bei allen Finsteren Abgründen, was geht da vor sich?«,

      murmelte er. »Was machen all die braven Pferdelords auf dem Hof? Noch

      dazu unter Waffen. Oh, mein armer Kopf …«

      »Haltet ihn noch einmal ins Wasser«, befahl Garwin, der den drei Männern

      zusammen mit Tasmund und Elodarion nach draußen gefolgt war. »Vielleicht

      hilft das seinem Kopf.«

      »Ah, der Pferdefürst«, ächzte Dorkemunt. »So viel der Ehre?« Er blinzelte

      benommen. »Ich, äh, ich habe mich doch nicht unbotmäßig benommen, oder?

      Wahrhaftig, ich gab mir Mühe, den Becher mit Elfen und Zwergen

      gleichermaßen zu erheben. Ein gerüttelt Maß an Völkerver…ständigung.«

      Dorkemunt stieß auf und wandte sich hastig zum Brunnen um. »Verzeiht, mir

      ist ein wenig flau im Magen, und in meinem Kopf hämmert es ganz

      schrecklich. Ich muss irgendwo angestoßen sein.«

      »Verdammtes Blor«, brummte Tasmund. »Auf ein kurzes Hochgefühl

      folgt eine Tageswende Elend. Ich fürchte, der gute Herr Dorkemunt wird uns

      heute kaum von Nutzen sein.«

      »Soll er seinen Rausch kurieren«, sagte Garwin ungeduldig. »Wir

      brauchen ihn nicht.«

      Es hatte einfach keinen Zweck. Der alte Pferdelord war noch immer vom

      Alkohol betäubt und seufzte erleichtert, als die Gruppe von ihm abließ. Dem

      Brunnen gegenüber lag die alte Unterkunft der Schwertmänner. Mit dem Bau

      der neuen Quartiere draußen am Übungsplatz waren die Wachen ausgezogen.

      Tasmund und Meowyn hatten hier eine Weile gewohnt, und zuletzt Nedeam

      als Erster Schwertmann. Der massige Bau aus sorgfältig behauenen Steinen

      war nun leer und wirkte plötzlich düster und bedrohlich.

      Tasmund wies auf den Eingang. Man musste ein paar Stufen hinaufsteigen,

      um die Unterkunft zu betreten. Die Fenster waren hoch gelegen und sehr

      klein. »Wir haben kein Verlies in der Burg, Hoher Lord Garwin. Es gab nie

      Bedarf dafür. Aber die alte Unterkunft bietet sich an. Wenn wir die Tür von

      außen zusperren und Wachen davorstellen, könnte sie als Gefängnis dienen.«

      »Wozu brauchen wir ein Gefängnis?«, fragte Garwin kalt. »Das Rundohr

      ist schuldig. Wir töten es auf der Stelle und können wieder in Sicherheit

      leben.«

      »Nein!« Nedeams Stimme war scharf, und Garwin sah ihn an, empört über

      den energischen Widerspruch. »Seine Schuld ist noch nicht bewiesen, und er

      hat das Recht auf einen Schiedsspruch.«

      »Ein Schiedsspruch? Das Urteil der Ältesten? Gar gesprochen auf dem

      öffentlichen Platz der Stadt Eternas?« Garwin lachte auf. »Ihr macht Euch

      lächerlich, Erster Schwertmann.«

      Tasmund räusperte sich. »Nun, Hoher Lord Garwin, wie auch immer man

      Fangschlag bezeichnen mag, er lebte die letzten Jahreswenden in der

      Hochmark. Die Tradition des Pferdevolkes verlangt …«

      »Ah, Ihr und Eure Traditionen.« Garwin schüttelte den Kopf. »Sie gelten

      nicht für einen verfluchten Ork.«

      »Aber sie gelten für das Pferdevolk, dem Ihr angehört, Hoher Lord

      Garwin«, schaltete sich Elodarion lächelnd ein. »Die Bestie stand unter Eurer

      Obhut, denn Ihr seid der Pferdefürst der Hochmark und tragt Verantwortung

      für das, was in Eurem Land geschieht.«

      Garwin musste sich zur Ruhe zwingen. »Wollt Ihr behaupten, ich trüge die

      Schuld?«

      »Natürlich nicht«, beschwichtigte Elodarion. »Aber Ihr seid verantwortlich

      dafür, dass jeder Bewohner der Hochmark gerecht behandelt wird.«

      »Na schön«, zischte Garwin. »Machen wir ihm den Prozess, obwohl es

      Zeitverschwendung ist.«

      »Ihr müsst seine Schuld erst beweisen.« Elodarion zupfte an seinem

      Gewand. Er empfand keinerlei Sympathie für eine Bestie. Aber er hatte

      dieselben Zweifel, die auch Nedeam plagten.

      Garwin stieß ein verächtliches Schnauben aus und gab den sie

      begleitenden Schwertmännern einen Wink. Das leise Schaben von Klingen,

      die aus ihren Scheiden glitten, war zu hören. Die Männer empfanden keine

      Furcht vor einem einzelnen Rundohr. Es war das Verhalten von Kämpfern,

      die wussten, dass sie einem Feind begegneten.

      Nedeam ließ seine Klinge stecken. Er ging seinen Männern voran, stieg die

      Stufen empor und stieß die Tür auf. Noch während sie aufschwang, drängten

      sich die Pferdelords in die Kammer, bereit, ihre Schwerter zu benutzen.

      Fangschlag stand neben der Bettstatt. Er hatte die Kapuze seines Umhangs

      zurückgeschlagen und sah den Menschen entgegen. Der Blick aus seinen

      roten Augen mit den gelben Schlitzpupillen war nicht zu deuten. Er schwieg,

      während Nedeam den Pferdelords ein beschwichtigendes Zeichen gab und

      vortrat. »Fangschlag, man beschuldigt dich des feigen Mordanschlags auf die

      Hohe Dame Larwyn.«

      »Fangschlag hat die Unruhe auf dem Hof bemerkt. Ich habe gehört, dass

      ihr mit Waffen zu mir kommt.« Fangschlag lächelte grimmig. Seine Lefzen

      glitten von den Fangzähnen zurück, und in diesem Augenblick ähnelte er der

      Bestie, welche die meisten Menschen in ihm sahen. »Fangschlag ist ein

      Krieger«, verkündete er stolz, »und wenn ich mit dem


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