Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk

Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne - Michael Schenk


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      man empfand, wenn ein Geliebter dem Feind entgegenritt. Sie scheute davor

      zurück, diese Sorge erneut zu erleben oder gar der Grund dafür zu sein. Aber

      niemand konnte die Zukunft weissagen.

      Ihre Empfindungen gegenüber Hauptmann ta Geos waren eher

      freundschaftlicher Art. Jedenfalls sagte sie sich dies immer wieder, denn es

      hatte einige Nächte gegeben, in denen sie diesem Grundsatz untreu geworden

      war. Nächte, in denen die Einsamkeit zu groß wurde, um nicht die Nähe eines

      anderen Menschen zu suchen. Ta Geos mochte im Gefecht nicht sonderlich

      fantasievoll sein, dennoch hatte er seine Qualitäten. Er war ein Meister im

      Kampf, ein ausgezeichneter Berittführer und auf der Bettstatt ein exquisiter

      Liebhaber. Vor allem aber, und dies schätzte Livianya besonders, nutzte er

      diese sehr persönlichen Begegnungen niemals, um einen Vorteil daraus zu

      ziehen. Manchmal erwog die Hochgeborene tatsächlich, sich mit ihm zu

      verbinden. Er war ebenfalls adlig, wie die Bezeichnung »ta« verriet, und

      somit eine standesgemäße Partie. Es mochte durchaus sein, dass sie ta Geos

      sogar liebte. Die Garde hingegen liebte sie in jedem Fall. Sie konnte sich

      nicht vorstellen, jemals die Rüstung abzulegen und nicht mehr mit ihren

      Männern hinauszureiten. Doch wenn sie sich vermählte, musste sie dem

      entsagen. Für Livianya war das unvorstellbar.

      Als sie und Bernot ta Geos nun über den Vorplatz vor dem Turm schritten,

      war die Anlage von der üblichen Betriebsamkeit erfüllt.

      Die Pferde wurden gefüttert und getränkt, und einige der Tiere standen an

      der Schmiede, da sie neu beschlagen werden mussten. Zwei von ihnen

      wurden am Zügel über den Platz geführt und dabei kritisch von einigen

      Gardisten und dem Heiler Maratrans beäugt, da sie ein wenig lahmten.

      »Wir haben zwanzig neue Pferde aus Nerianaris bekommen«, erläuterte

      Bernot. »Einige davon sind nur halb zugeritten. Der Hauptmann des Beritts

      hat es bei der Abnahme nicht bemerkt.« Er registrierte Livianyas Blick und

      lächelte. »Ich habe bereits mit ihm gesprochen. Das nächste Mal wird er mehr

      Sorgfalt walten lassen.«

      Aus der Waffenschmiede drang rhythmisches Hämmern. Die Laute

      klangen etwas dumpfer als gewöhnlich. Offensichtlich versah der

      Waffenmeister die Tellerlanzen nun ebenfalls mit der Quetschspitze. »Wir

      werden mehr Weichmetall benötigen«, meinte Bernot. »Auch wenn ta

      Andarat sich dagegen ausgesprochen hat, gehe ich davon aus, dass Ihr

      weiterhin Jalanne bestreifen wollt.«

      »Das werde ich.« Livianya blieb stehen und sah ihn forschend an. »Er hat

      es nicht direkt verboten, und das kann er auch nicht. Er ist zu schlau, um das

      zu tun. Ihr seid dagegen, Hauptmann?«

      Er lächelte. »Ich teile Eure Meinung, Hochgeborene.«

      In Anwesenheit anderer bemühten sie sich immer, die Form zu wahren,

      auch wenn der eine oder andere Gardist ahnen mochte, dass zwischen ihnen

      mehr war als reine Disziplin. Außerdem erleichterte es die Distanz Livianya

      und Bernot, ihre Meinungen ohne Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten

      auszutauschen. Bernot mochte ein zu gradliniger Denker sein, aber er war ein

      ausgezeichneter Praktiker, wenn es um das Töten des Feindes ging. Die

      Hochgeborene schätzte sein Urteil ebenso wie seine Fertigkeiten.

      »Oberkommandeur ta Enderos teilt meine Befürchtungen«, sinnierte

      Livianya. »Ich weiß es. Er hat den Instinkt eines guten Gardisten.«

      »Im Frieden kann er nicht allein entscheiden.«

      »Frieden.« Sie spuckte das Wort förmlich aus. »Ein Frieden, in dem meine

      Gardisten sterben oder verstümmelt werden.«

      »Weil Ihr die Grenze überschreitet und die Männer nach Jalanne führt.«

      »Würdet Ihr das nicht tun, Bernot?«

      Er schwieg einen Moment. »Ohne Eure Unterstützung? Nein, ich glaube

      nicht.«

      Sie schätzte diese Offenheit an ihm. Er war kein Speichellecker. »Warum

      nicht?«

      Er sah sie ernst an. »Ihr seid Kommandant von Maratran. Ihr habt die

      Liebe des Volkes und den Respekt der Garde. Und Ihr habt das Ohr des

      Oberkommandierenden und des Königs.« Erneut lächelte er. »Darüber kann

      sich auch ta Andarat nicht einfach hinwegsetzen. Ich hingegen,

      Hochgeborene, bin nur ein einfacher Hauptmann und Berittführer.«

      »Auch Ihr seid adlig, und Ihr seid mein Stellvertreter, vergesst das nicht.«

      »Niemals«, versicherte er.

      Das Pochen aus der Waffenschmiede verstummte, und ein schlanker

      Mann, dem der Schweiß in dichten Bahnen über den Oberkörper floss, trat

      hervor. Er hielt eine der abgeänderten Tellerlanzen in den Händen und

      begutachtete sein Werk. Zufrieden nickend, reichte er die Waffe einem

      Gehilfen, der ihm gefolgt war. Dann erblickte er Livianya und ta Geos und

      eilte auf sie zu. »Auf ein Wort, Hochgeborene Herrschaften, auf ein Wort.«

      Für einen Schmied hatte er eine beinahe zerbrechliche Statur, und doch

      war er einer der besten Waffenmeister des Königreiches. Daik ta Enderos

      hatte den Mann in Alneris ausfindig gemacht. Dort war er für seine Kunst

      berühmt, wundervoll verzierte Waffen herzustellen, die von den Adligen des

      Reiches gerne bei Paraden und Bällen getragen wurden. Ta Enderos’

      spöttische Frage, ob er sich nicht auch für echte Waffen interessiere, hatte bei

      dem Schmied zunächst Empörung und dann Interesse geweckt. Als er dem

      Oberbefehlshaber der Gardekavallerie zur Demonstration ein Schwert

      fertigte, dessen Qualität fast an die der elfischen Klingen herankam, hatte ta

      Enderos versucht, den Waffenschmied zum Dienst in der Garde zu überreden.

      Doch der Mann hatte rundweg abgelehnt und stattdessen angeboten, als

      einfacher Handwerker nach Maratran zu gehen. Für ihn erwies sich dieser

      Weg


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