Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt. Michael Schenk

Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt - Michael Schenk


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      Parnuk nickte und sah auf die beiden jungen Felsböcke, die gierig saugten.

      »Wir sollten uns ebenfalls etwas zubereiten. Es wird sowieso bald dunkel.

      Am besten lagern wir im Schutz dieser Felsen und braten uns etwas Fleisch.«

      Er leckte sich über die Lippen. »Ich habe schon lange kein geröstetes

      Felsbockfleisch mehr gegessen.«

      Der Gedanke war sicherlich verlockend. Elmoruk strich sich über die

      Enden seiner langen Bartzöpfe. Eine der gelben Schnüre, mit denen sie

      gebunden waren, hatte sich ein wenig gelockert, und der Truppführer ließ sich

      ächzend nieder und löste den Knoten. »Die Felsen bieten uns Schutz. Ich

      denke, du hast recht. Mit der Beute schaffen wir es vor Einbruch der Nacht

      nicht mehr ins Gebirge. Also schön, richten wir uns hier für die Nacht ein.«

      Er sah die anderen eindringlich an. »Aber kein Feuer.«

      »Keinen Braten?«, brummte Parnuk enttäuscht. »Bei den feurigen

      Abgründen von Irghil, wozu die ganze Plackerei, wenn wir uns nicht einmal

      einen herzhaften Bissen gönnen dürfen?«

      »Wir sind noch immer in der Öde«, entgegnete Maratuk an Elmoruks

      Stelle. »Fremdes Land, Parnuk. Feindliches Land.«

      »Es ist vor allem totes Land«, versetzte Parnuk störrisch. »Ich kann hier

      keine Gefahr entdecken.«

      »Dein Hunger ist größer als dein Verstand«, zischte der andere

      Axtschläger. »Als wir die Öde betraten, konntest du es kaum erwarten, sie

      wieder zu verlassen. Und jetzt willst du hier ein gemütliches Feuer machen,

      damit man uns auf große Entfernung sehen kann. Verdammter Schürfer.«

      »Was soll das heißen?« Erbost wandte sich Parnuk dem Axtschläger zu.

      »Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass wir nun das Fleisch haben. Du

      hast kein Recht, mich zu beleidigen.«

      »Ruhe!« Elmoruk ließ das Zopfende sinken, das er gerade neu flocht, und

      hob den Kopf. »Seid still, ich höre etwas!«

      Die anderen schwiegen und lauschten. Parnuk nickte zögernd. »Ich auch.

      Steine, die sich bewegen.«

      Elmoruk deutete auf die jungen Böcke. »Haltet ihnen die Mäuler zu. Da

      marschiert jemand durch die Öde, und ich will nicht, dass er uns bemerkt.«

      Begleitet von Maratuk, schob sich Elmoruk in die Deckung einiger

      größerer Felsen und spähte in die Richtung, aus der die schwachen Geräusche

      erklangen. Ab und zu war das leise Klicken und Poltern eines rollenden

      Steines zu hören.

      »Wer immer das auch ist«, hauchte Maratuk, »er bewegt sich leise.«

      Der Boden war dicht mit Geröll bedeckt, und so ließen sich Geräusche

      nicht ganz vermeiden. Ein Glück für die Zwerge, die sonst die

      Herannahenden wohl nicht bemerkt hätten.

      Elmoruk legte die Hand auf die Schulter des anderen Axtschlägers und

      deutete nach rechts. Dort erschienen undeutlich Gestalten, die langsam näher

      kamen. »Elfen«, flüsterte der erfahrene Kämpfer. »Wenigstens eine

      Hundertschaft.«

      Auf die Entfernung konnte man weder ihre Gesichter noch die spitzen

      Ohren erkennen, aber ihre Gestalt machte sie unverwechselbar: schlanke,

      hochgewachsene Männer mit den hellblauen Umhängen ihres Volkes. Sie

      trugen die typischen hohen Helme mit dem Nackenschutz und dem

      aufragenden Symbol ihres Hauses an der Stirn. Die Zwerge konnten das

      Zeichen nicht erkennen, aber es mussten Elfen von einem der Häuser des

      Waldes sein, denn die Muster auf Kleidung und Helmen waren eindeutig.

      Über den Schultern ragten die langen Bogen empor, und an den Hüften

      hingen Pfeilköcher und Schwerter. Viele der Elfen trugen zudem schwere

      Lasten mit sich.

      »Sie marschieren in die Öde hinein«, murmelte Maratuk.

      »Nein, nicht in die Öde.« Elmoruk duckte sich tiefer hinter die Felsen.

      Elfische Krieger hatten verdammt scharfe Sinne, und er wollte nicht, dass die

      Spitzohren ihn und seine Männer bemerkten. Er zog Maratuk nach unten und

      bedeutete ihm zu schweigen. »Sie marschieren nach Osten, am Rand des

      Gebirges entlang«, flüsterte er. »Wahrscheinlich zum Pass von Rushaan, der

      in die Länder der Orks hineinführt.«

      »Ob es wieder Krieg gibt?«, fragte Maratuk erschrocken. »Werden die

      Legionen des Schwarzen Lords wieder gegen den Bund kämpfen?«

      »Ich glaube nicht, dass die Elfen in den Kampf ziehen. Dafür sind es zu

      wenige. Gerade mal eine Hundertschaft ihrer Bogen.«

      »Ja, du hast recht.«

      Die Elfen zogen vorüber, schweigend und nahezu lautlos. Nur gelegentlich

      rollte ein Stein unter dem Tritt eines Fußes. Eine schemenhafte Prozession,

      die schon bald wieder aus dem Blickfeld der Zwerge verschwunden war.

      »Glaubst du wirklich, sie wollen zum Pass von Rushaan?«

      Elmoruk nickte entschlossen. »Sie werden nicht in die Öde vordringen.

      Niemand dringt dorthin vor.«

      Maratuk nickte mit düsterer Miene. »Und wer es tut, kommt nicht mehr

      zurück. Die ›Anderen‹, die Wächter, sie dulden es nicht.«

      »Die Wächter sind nur ein Gerücht, nicht mehr als ein Aberglaube«,

      brummte Elmoruk. Aber seine Stimme verriet Zweifel. Er musste an die

      Schemen denken, die er in dem Nebel gesehen hatte.

      »Es macht keinen Unterschied, ob die Elfen den ›Anderen‹ oder den Orks

      begegnen.« Maratuk richtete sich auf und bedeutete den Begleitern mit einem

      Wink, dass die Gefahr vorüber sei. »Sie sind so gut wie tot. Kein lebendes

      Wesen wird den Wächtern entkommen. Und um einer Legion der Orks

      standzuhalten, sind sie zu wenige.«

      »Sollten wir sie nicht warnen?«

      »Wozu?« Maratuk zuckte die Schultern. »Die Elfen sind nicht unsere

      Freunde.


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