Die Hexe und der Schnüffler. Inga Kozuruba

Die Hexe und der Schnüffler - Inga Kozuruba


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noch einmal die Geschichte von vorhin, nur ausführlicher bitte.“

      Sie nickte: „Die gnadenlose Ruth ist dir noch ein Begriff?“

      „Du meinst die Kanzlerin?“

      „Genau die. Ich bin ja der Meinung, sie hätte auch keine Gnade verdient, aber es war ja nicht mein Urteil. Ich persönlich hoffe ja darauf, dass Steve sie noch in die Finger bekommt, um ihr endgültig den Gar aus zu machen, aber vermutlich wird da erst einmal nichts daraus werden. Wenn diese Frau etwas kann, dann Macht anzusammeln und auf wundersame Weise jeglichen dabei entstandenen Ärger zu überleben. Jedenfalls, sie hat deine Rolle in dieser Geschichte, wo sie leider nicht Königin geworden ist, nicht vergessen und würde dich gern tot sehen, solange dies noch möglich ist und ihr nicht jemand oder etwas anderes zuvorkommt. Ich schätze, Steve wollte, dass ich dir ein wenig Rückendeckung gebe.“

      Andy atmete tief durch: „Was genau ist sie eigentlich? Ich muss gestehen, ich blicke da nicht so ganz durch bei den vielen verschiedenen Bezeichnungen.“

      Arina wirkte so, als müsste sie nachdenken. Nach einer Pause begann sie dann wieder zu sprechen: „Es ist auch ziemlich kompliziert. Ich weiß nicht einmal wo ich anfangen soll. Sie ist ein Springer wie Steve und ich, so viel kann ich sagen. Im Gegensatz zu Steve und mir ist sie jedoch dazu verflucht, einer zu sein, deswegen ist alles ein wenig anders. Ich glaube, wenn sie damals Königin geworden wäre, dann wäre sie absolut glücklich und zufrieden gewesen da zu sein wo sie war, und wäre auch in Frieden entschlummert wenn der Tod sie geholt hätte. Dummerweise wäre das eine Katastrophe für alle anderen gewesen, und insofern ist es besser, mit dem Übel der gnadenlosen Ruth zu leben als mit der gnadenlosen Königin Ruth. Wer weiß, was sie in ihrem Größenwahn da noch angestellt hätte. Die armen Avera und Jack hätten das sicher nicht überlebt, auch wenn sie extrem fähige Leute bei sich haben. Avera ist die Schwester von Jack, wenn du mich schon so fragend anschaust, also die Kronprinzessin der Hauptstadt. Man hat sich Namen einfallen lassen müssen, um sie von Dannel und Astasia, ihren königlichen Gegenstücken aus der Spiegel-Hauptstadt, zu unterscheiden. Ach, hättest du vielleicht doch ein Glas Wasser oder Saft für mich? Das ganze Reden trocknet irgendwie den Mund aus.“

      Andy nickte und ging in die Küche. „Ist Orangensaft in Ordnung? Ist leider nur aus der Tüte.“

      „Hm, ich bevorzuge zwar frisch gepressten, aber ich denke, um die Uhrzeit bekommt man auf normalen Wegen keine frischen Orangen mehr. Also ist das in Ordnung. Ich kenne zwar jemand, die wäre sicherlich in der Lage, welchen zu besorgen, aber wenn ich sie um so etwas bitten würde, dann wäre der Saft hinterher vermutlich vergiftet. Nicht, dass es mir ernsthaft schaden würde, aber es wäre trotzdem sehr unangenehm gewesen.“

      Andy kehrte mit zwei gefüllten Gläsern zurück und reichte eines an Arina weiter: „Ähm, einer deiner Feinde?“

      Arina nahm einen Schluck, nickte zufrieden, und kicherte dann – ein durchaus angenehmes Geräusch, was man nicht von jedem Kichern behaupten konnte, stellte Andy fest: „Ach, das ist zu viel gesagt. Rivalin trifft es wohl eher. Sie war so etwas wie meine Lehrmeisterin, allerdings eher unfreiwillig, und das nimmt sie mir sehr übel. Aber zurück zu Ruth.“

      Andy nickte und Arina sprach weiter: „Ich weiß, das wird dir jetzt merkwürdig vorkommen, aber in dem von Elaine und ihren Vorgängern erschaffenen... Gebilde verläuft die Zeit alles andere als linear. Also in den einzelnen Strängen ist sie das mehr oder weniger, aber die Stränge selbst sind mehr ein Knäuel als ein gespanntes Seil, wenn du verstehst was ich meine. Außerdem nehmen sie so weniger Platz weg, aber das ist nicht so wichtig. Einige Stränge sind dichter verwoben, wie die Hauptstadt und dieser hier, andere eher lose, und wiederum andere haben zueinander so gut wie gar keine Berührungspunkte. Deswegen bedient der Tornado nicht alle Stationen und deswegen sind Springer so... interessant für mancherlei Leute.“

      „Hm... okay, und wovor muss ich mich jetzt eigentlich in Acht nehmen?“

      Auf Arinas Gesicht erschien ein böses Grinsen: „Was macht eine von Macht besessene Person, wenn es zur Königin nicht reicht? Richtig, sie versucht sich zu einer Göttin aufzuschwingen. Ich meine, wir wissen alle, dass es Götter nicht gibt – es gibt nicht einmal den einen, denn absolute Macht und freier Wille ist ein rieeesiges Paradoxon, auch wenn das irgendwie keinem bei euch aufzufallen scheint – und mehr als einen schon mal gar nicht. Aber Menschen sind in der Regel leichtgläubig, und darum gibt es sie in gewisser Weise doch. Das ist alles etwas kompliziert. In der Hauptstadt hatten im Übrigen das Königspaar und zwischenzeitlich die Mutter, sowie der eine oder andere Träumer, verdächtig nahe am göttlichen Status gekratzt, aber eben nur das. Wie auch immer. Ruth hat über die Zeit eine sehr große Anzahl an Anhängern angesammelt. Das kann sie recht gut. Ich kenne deine Welt jedoch nicht gut genug, um dir zu sagen, in welcher okkulten Gesellschaft ihre Leute hier zu finden sind. Meistens wird sie als so was wie eine Dunkle Mutter oder Blutrote Königin oder etwas in der Art verehrt. Nicht sehr einfallsreich, wenn du mich fragst, aber die Leute fahren total auf diese Symbolik ab. Keine Ahnung, ob sie dir persönlich den Kopf abreißen wollen wird. Vermutlich wirst du es erst mal mit ihren Lakaien zu tun bekommen. Sie macht sich ungern die Hände schmutzig, aber das weißt du sicherlich selbst.“

      Andy nickte: „Hm, das klingt ja... witzig. Aber ich hab momentan eigentlich ganz andere Sorgen, die eigentlich auch um einiges wichtiger sind – nichts für ungut.“

      Arina zog eine Augenbraue hoch: „Ich würde die Warnung von meinem eigenen von anderen Leuten geplanten Ableben nicht so leichtfertig abtun, aber bitte. Was gibt es denn?“

      Andy seufzte: „Du scheinst bestens über Elaines und meine Geschichte informiert zu sein. Dann kennst du sicherlich auch die Schatten aus Alices Gesellschaft. Sie sind nicht tot, obwohl wir das angenommen haben. Sie haben ein Mädchen entführt. Angeblich geht es ihr gut, aber ich befürchte, dass man sie früher oder später zugrunde richten wird, wenn die Schatten sie weiterhin in ihren Händen behalten. Ich habe die vier heute in den Spiegeln gesehen, und ich denke nicht, dass es ein Hirngespinst war.“

      Arina nickte mit einem ernsten Gesichtsausdruck: „Ja, ich habe von ihnen gehört. Es wundert mich nicht, dass sie noch da sind. Unkraut vergeht nicht, wie man so schön sagt. Ich weiß es schließlich am besten, als schönstes Unkraut der Welt“, sie zwinkerte ihm zu. „Du willst also ernsthaft erst dieses Mädchen rausholen bevor du dich um dich selbst kümmerst?“

      Andy nickte: „Ja, das war mein Plan. Sie hat noch ihr ganzes Leben vor sich und ich... na ja, ganz ehrlich, ich bin fast schon ein alter Mann.“

      Arina schmunzelte: „Ach, ich kenne ein gutes Mittel, um dich vom Gegenteil zu überzeugen. Aber rein objektiv hast du natürlich teilweise recht – zumindest wenn man den Jugendwahn eurer Zeit bedenkt. Woanders würde man sagen, du hast gerade die besten Jahre erreicht und es wäre an der Zeit, sich eine rassige Geliebte zuzulegen und mit ihr zusammen die Welt zu bereisen, mit pikanten Einzelheiten gespickte Reiseberichte zu schreiben, um sie dann mit möglichst viel Gewinn zu verhökern und rauschende Partys schmeißen zu können. Egal, ich habe Steve versprochen, ein Auge auf dich zu haben, also werde ich das auch tun, während du dieses Mädchen suchst. Hast du schon mal dran gedacht, Hilfe von den Agenten da drüben anzufordern?“

      „Danke. Nein, ich hätte nicht gedacht, dass es geht.“

      Sie lächelte: „Es ist auch nicht gerade üblich, ist aber auch nicht so wichtig. Was sind schon ein paar Abziehbilder? Hätten wir es mit Elaines Freunden zu tun gehabt, dann würde ich mir Sorgen machen. Da hätte ich schon Glück, wenn ich Boo um den Finger wickeln könnte. Nichts ist gruseliger als Leute, die ihre Wahre Liebe gefunden haben oder für ihre Freunde sterben würden. An denen beißt man sich nur die Zähne aus. Und Corry würde mir meine Zähne vermutlich mit einem Hieb ausschlagen, wenn ich ihr auch nur zu nahe komme. Nein danke. Die Schatten auszustechen wird dagegen... ein leichteres Unterfangen sein.“

      Es war kein angenehmes Gefühl, ständig irgendwelche Insider-Kommentare um die Ohren gehauen zu bekommen, aber da musste Andy wohl oder übel durch, auch wenn er inzwischen nicht mehr so ahnungslos war wie einen Monat zuvor. Aber das war jetzt nicht wichtig. Er musste den Abend dringend nutzen, um alle Informationen zu verarbeiten und zu notieren,


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