Im Zeichen des Ares. Andreas Parsberg

Im Zeichen des Ares - Andreas Parsberg


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linke Hand tastete nach der Pistole, die ihm entfallen war.

      Karim schlug ihm die Hand mit der Pistole über den Nacken. Lautlos stürzte er auf sein Gesicht und blieb liegen. Karim sprang über ihn hinweg und in die Deckung eines Baumstammes.

      Irgendjemand schoss auf ihn. Rindenfetzen flogen ihm ins Gesicht. Er zuckte und jagte einen raschen Schuss in die Richtung, aus der die Kugel gekommen war. Dann war es plötzlich still, nur das durchdringende, immer näher kommende Heulen der Sirene und dann das Kreischen von Bremsen waren zu hören.

      Stimmen kamen näher. Gestalten tauchten aus der Dunkelheit auf. Ein Polizist blickte zu ihm herüber. Am Knopf seiner Brusttasche hing eine silberne Trillerpfeife. In seiner Hand blinkte ein Revolver. Hinter ihm tauchten zwei, drei weitere Polizisten auf. Einer von ihnen trug eine Maschinenpistole.

      „Werfen Sie die Pistole zu mir herüber und kommen Sie mit erhobenen Händen hinter den Bäumen hervor“, befahl der Polizist in einer scharfen Tonlage und richtete den Revolver auf die Baumgruppe.

      Karim hatte keine andere Wahl. Mit einer schlenkernden Handbewegung warf er die Makarow Pistole auf den Boden, dann hob er die Hände und verließ die Deckung der Bäume.

      In diesem Augenblick war er eine lebende Zielscheibe. Er hoffte nur, dass sich die Heckenschützen beim Auftauchen der Polizisten verzogen hatten.

      „Kommen Sie näher!“, befahl der Uniformierte und winkte Karim mit dem Revolverlauf zu. Mit der anderen Hand zog er ein Paar Handschellen aus der Hosentasche.

      „Hey!“, sagte eine Stimme.

      Der Polizist mit der Maschinenpistole fuhr herum. Selma tauchte aus der Nacht auf, an ihrer Seite Labolas, in seiner Rolle als schwarzer Schäferhund. Selma presste ein Taschentuch gegen ihre rechte Wange.

      Aber da schlossen sich die Handschellen bereits um Karims Gelenke.

      „Aber ... warum ...?“, begann Karim, wurde aber schroff unterbrochen.

      „Sie sind still!“

      Es hatte keinen Sinn, mit einem Polizisten im Einsatz zu debattieren. Karim deutete mit seinen gefesselten Händen dorthin, wo der südländische Mann lag, den er angeschossen hatte.

      „Nehmen Sie den Burschen dort mit. Er sollte eine Menge interessanter Dinge erzählen können.“

      Der Uniformierte nickte und wandte sich an seine Kameraden. „Jannis, kümmere dich um den Verletzten. Wenn es möglich ist, dann bringe ihn in die Zentrale zum Kommissar. Ich werde mich um diese Gruppe kümmern.“

      Während er sprach, wurde Selma nach Waffen durchsucht und der schwarze Hund fortgejagt. Selma kniff wütend die Lippen zusammen, beherrschte sich jedoch.

      Die Geschwister wurden um den brennenden Wagen geführt. Der Südländer, den Karim angeschossen hatte, saß neben einem der beiden Polizeiautos und wurde notdürftig verbunden. Der Blick, den er Karim zuwarf, bestand nicht aus Schmerz oder Hass, sondern aus einer merkwürdigen Angst.

      4

      Sie fuhren durch die Athener Innenstadt, um das Polizeihauptquartier zu erreichen. Nach einer zwanzigminütigen Fahrt hielt der Wagen am Straßenrand. Der Polizist, der neben dem Fahrer saß, sprang heraus und öffnete die hintere Tür.

      Im Nu war der Patrouillenwagen von einer größeren Menschenmenge umgeben, die neugierig die beiden Verhafteten anstarrten, als sie in Handschellen ausstiegen. Sie standen vor der erleuchteten Fassade des Athener Polizeihauptquartiers.

      Hinter dem ersten Wagen bremste mit kreischenden Reifen das zweite Auto. Ein Polizist stieg aus und versuchte, den verletzten Südländer aus dem Wagen zu ziehen, aber der Verwundete sträubte sich mit Händen und Füßen. Er stemmte die Füße gegen den Vordersitz und schien sich lieber den Arm abreißen lassen zu wollen. Die Handschellen schnitten tief in sein Gelenk. Er stöhnte und stieß Schmerzenslaute aus. Eine unerklärliche Angst schien in ihm zu sitzen und ihn mit ihren Klauen hin und her zu schütteln.

      „Was ist mit ihm los?“, fragte Karim seine Schwester leise, die neben ihm stand.

      „Er hat Angst. Deshalb will er den Wagen nicht verlassen.“

      „Vor was fürchtet er sich?“, fragte Karim. „Und woran erkennst du das?“

      „Ich brauche nur in sein Gesicht zu sehen. Er hat große Angst.“

      „Vor der Polizei? Die haben hier wohl ziemlich unangenehme Methoden, jemanden zum Sprechen zu bringen.“

      Selma zuckte mit den Schultern und schwieg. Die Kette der Handschellen klirrte an ihren Gelenken.

      Endlich gelang es zwei Polizisten, den Verletzten aus dem Streifenwagen zu zerren. Er stand gebückt da und seine Blicke flogen wie gehetzt umher, als suchte er etwas.

      „Los, kommt mit!“, befahl ein Polizist und fasste Karim am Arm, um ihn zum Portal hinüberzuziehen, vor dem zwei Posten, jeder mit einer Maschinenpistole in der rechten Hand, standen.

      Sie waren noch keine zehn Schritte weit gekommen, als sich hinter ihnen Geschrei erhob.

      Karim fuhr herum. Dort, wo der zweite Streifenwagen stand, hatte sich eine dichte Menge von Menschen zusammengeballt. Irgendetwas schien dort vorzugehen. Was es war, konnte Karim nicht erkennen.

      Die beiden Posten mit den Maschinenpistolen drängten sich durch die Menschen. Schlagartig wurde es still. Die Menschenmenge wich zurück und eine Gasse öffnete sich. Karim hatte einen freien Blick auf das Geschehen.

      In der Mitte des Menschenhaufens lag der verletzte Gefangene auf der Erde. Sein Körper bäumte sich in wilden Zuckungen auf. Einer der Polizisten kniete neben ihm auf der Erde. Der Südländer rang keuchend und stöhnend nach Atem. Sein Gesicht war bläulich verfärbt, die Augen waren verdreht und seine Lider flatterten. Der Mund war weit geöffnet. Ein leichter, bittermandelähnlicher Geruch war wahrzunehmen.

      „Schnell!“, schrie einer der Wachtposten. „Er braucht einen Arzt. Es muss eine Vergiftung sein. Los, beeilt euch und ruft einen Krankenwagen!“

      Während der Gefangene weggebracht wurde, ergriff ein Polizist den Arm von Karim und zog ihn in Richtung des Hauptportals.

      „Man hat den Gefangenen mit Zyanid umgebracht“, sagte Karim und blickte einem Polizisten direkt in die Augen.

      „Wenn ich etwas von Ihnen wissen will, werde ich Sie fragen“, erklärte der Polizist zornig. „Kommen Sie mit!“

      Es hatte keinen Sinn, sich mit ihm zu streiten. Er folgte ihm zusammen mit Selma. Ein Lift brachte sie in das zweite Stockwerk des Hauptquartiers hinauf.

      Während der Polizist an eine Tür klopfte und in dem dahinterliegenden Raum verschwand, saßen die Geschwister auf einer rohen Holzbank unter Bewachung.

      „Der Bursche wurde beseitigt, Karim“, flüsterte Selma. „Er sollte an einer Aussage gehindert werden.“

      „Wir müssen vorsichtig sein, Selma.“

      „Und wie reagieren wir, wenn wir nach unseren Namen gefragt werden?“

      „Wir sind syrische Flüchtlinge, auf dem Weg nach Deutschland.“

      Selma nickte nachdenklich. Die Tür quietschte in den Angeln und der Polizist kam zurück. Er machte eine missmutige Kopfbewegung.

      „Kommissar Laskari möchte Sie sprechen“, murmelte er. „Sie sollen reinkommen.“

      „Einer mit so viel Höflichkeit vorgebrachten Einladung können wir nicht widerstehen“, sagte Selma sarkastisch und die Geschwister betraten hintereinander das Büro des Kommissars.

      Laskari war ein Mann, der jedes Alter zwischen dreißig und fünfzig Jahren haben konnte. Er hatte ein schmales, intelligentes, blasses Gesicht mit tiefliegenden Augen. Sein Mund war schmallippig. Das schüttere, ergraute Haar hatte er zurückgekämmt.

      Er stand


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