Lykanta. Oliver Speier

Lykanta - Oliver Speier


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      Ich sank in den Sitz zurück und versuchte meine Lage zu überdenken. Verstohlen blickte ich zu der Frau neben mir. Sie wirkte nicht wie eine blutrünstige Killerin und im Park hatte sie mir ja auch irgendwie geholfen. Also würde sie mich wohl nicht gleich umbringen, wenn ich ihr jetzt ein paar Fragen stellte.

      Äh, korrigiere, sie hatte mich ja bereits umgebracht, oder etwa nicht? Ich tastete mit meinen Fingern am Handgelenk nach meinem Puls. Nichts! Gänsehaut überzog schlagartig meinen Körper, doch ehe ich deshalb in Panik geraten konnte, spürte ich ein sanftes Pochen unter meinen Fingern. Mein Gefühl der Erleichterung hielt nicht allzu lange an, denn der Puls kam nur alle paar Sekunden und irgendwie konnte ich ihn kaum ertasten. Als meine Fahrerin zu sprechen begann, zuckte ich erschrocken zusammen, da ich total in meine Beobachtung vertieft gewesen war.

      " Sorry wegen der Wandlung, aber ich hab echt Blut gebraucht und zwar leider soviel, dass ich dich entweder wandeln, oder sterben lassen musste. " Ich schaute sie an und fragte ängstlich. " Mein Puls ist kaum noch da, werde ich jetzt eine Untote? "

      Sie schüttelte den Kopf. " Nein, Vampire sind keine Untoten, aber je weniger Blut du im Körper hast, desto langsamer schlägt dein Herz. Im Extremfall fällt dein Körper in Stasis, bis er wieder Blut bekommt. "

      Dadurch hatte ich ein paar Antworten und noch mehr Fragen erhalten. Meine nächste Frage kam auch prompt. " Wie regle ich das mit meinem Job? Ich kann meinem Chef ja kaum erklären, dass ich ab jetzt nur noch Nachts arbeiten kann? " Kaum war der Satz draußen, war er mir peinlich. Was ich da von mir gab, klang ja recht oberflächlich und snobistisch. Der Job sollte jetzt wohl mein geringstes Problem sein.

      Meine Frage schien sie jedoch nicht zu stören, denn sie antwortete ruhig. " Am besten du kündigst so schnell wie möglich. Fürs Geld verdienen gibt es bei uns Arbeit genug. Du solltest auch deine Wohnung aufgeben und den Kontakt zu deiner Familie abbrechen." Sie warf mir einen Blick zu und wirkte recht zerknirscht, als sie weiter sprach. " Hast du Mann und Kinder? " Ich schüttelte den Kopf. Zögerlich meinte sie. " Auch wenn sich das jetzt blöd anhört, das ist gut, erspart viel Schmerz und Ärger.. "

      Ich blickte zu ihr. Sie schien nach den richtigen Worten zu suchen. " Was noch? ", fragte ich, um es gleich hinter mich zu bringen. Es musste ja was schlimmeres sein, wenn sie zögerte es mir zu sagen.

      " Du wirst keine Kinder mehr bekommen können! ", platzte es aus ihr heraus. Dabei sah sie mich an, als erwartete sie, ich würde bei dem Satz ausflippen. " No Prob. ", kam meine fast schon flapsige Antwort. Grinsend blickte sie mich an. " Na dann ist ja alles bestens. Ich hab sowieso vermutet, dass Kinder nicht auf Platz eins deiner Prioritätenliste stehen. "

      " Wie kommst du jetzt darauf? ", fragte ich und blickte sie erstaunt an. Sie deutete mit einer Hand auf mein Kostüm." Schon deine Klamotten sind nicht von der Stange und die Uhrzeit, zu der du noch unterwegs warst, sagen mir, dass du keine kleine Angestellte warst. Dazu dein Alter, die Frisur. Ich würde behaupten, du warst was höheres in deinem Job, oder kurz davor in eine hohe Position aufzusteigen. Da würden Kinder wohl eher hinderlich sein, hab ich recht? " Sprachlos starrte ich sie an und nickte. Mit wenigen Sätzen hatte sie meinen beruflichen Werdegang umrissen und dabei voll ins Schwarze getroffen. Das mit den fehlenden Kindern hatte zwar noch andere Gründe, aber die gingen nur mich was an. Wir verfielen wieder in Schweigen, doch nach einer Weile unterbrach ich die Stille um mein drängendstes Problem anzusprechen. " Ich brauch Klamotten zum Wechseln und ein paar Sachen aus meiner Wohnung. "

      Sie schüttelte bedauernd den Kopf. " Mit unserem derzeitigen Aussehen können wir da heute nicht hin, wenn uns einer sieht, verursachen wir zu viel Aufmerksamkeit. Ich schau, dass wir Klamotten für dich auftreiben und in den nächsten Tagen holen wir dann alles, was du noch brauchst, aus deiner Wohnung. "

      Mit dem Satz hatte ich fast gerechnet, aber ihr Versprechen mich später zu meiner Wohnung zu bringen, reichte mir fürs erste. " Danke! ", sagte ich erleichtert. " Ich heiße übrigens Eleonora Schmidt, aber du kannst Ellen zu mir sagen. "

      Sie klatschte sich mit der Hand an die Stirn, drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und streckte mir ihre Hand entgegen, wobei sie entschuldigend nuschelte. " Sorry, ich hab mal wieder keine Manieren. Ich heiße Cassandra, erfreut dich kennen zu lernen, auch wenn die Umstände recht krass waren. "

      Nach kurzem Zögern schüttelte ich ihre Hand, die sich nass und klebrig anfühlte. Als ich meine zurückzog, klebte frisches Blut daran. " Du blutest! ", japste ich erschrocken. Sie nickte nur und fuhr entspannt weiter, wobei sie locker antwortete. " Jepp und nicht zu knapp. Der Drecksack hätte mir das Licht ausgeblasen, wenn du ihm nicht ein paar Kugeln auf den Pelz gebraten hättest. Wird Zeit den Unterschlupf zu erreichen, ich brauch dringend einen Nachschlag und dich müssen wir auch noch einquartieren. "

      Beunruhigt starrte ich Cassandra an, aber sie schien nicht kurz vor einer Ohnmacht, oder einem Schwächeanfall zu stehen. Ich versuchte mich also zu entspannen und meine blutverschmierte Hand so gut ich konnte zu ignorieren. Um mich abzulenken, stellte ich meine nächste Frage. " Sag mal, solltest du bei all dem Blut hier nicht in Blutrausch verfallen? Du weißt schon, so, wie in den Filmen? "

      Sie fing zu kichern an, um sich jedoch gleich an die Seite zu fassen. " Scheiße, die sind bestimmt gebrochen. ", stöhnte sie und hielt sich dabei die Rippen. Ich dachte sie würde meine Frage ignorieren, doch nachdem sie sich etwas erholt hatte, beantwortete sie diese. " Also erstens ist es mein eigenes Blut, zweitens Vampirblut und drittens, würde dich gutes Essen zu unkontrollierter Fresssucht verleiten? "

      " Na ja, süßes ab und an. " Gab ich ohne groß nachzudenken als Antwort.

      Cassandra brach in schallendes Gelächter aus. Zumindest kurz, ehe sie förmlich über dem Lenkrad zusammenklappte, gurgelnde Geräusche von sich gab und von krampfartigen Anfällen geschüttelt wurde. Unser Wagen geriet ins Schlingern und ich versuchte hektisch das Lenkrad zu erwischen. Just als ich es im Griff hatte, richtete sie sich mit einem Ächzen auf und brachte den Wagen wieder unter Kontrolle. Zum Glück hatten wir die Stadt verlassen und fuhren alleine auf der Landstraße, was wohl schlimmeres verhindert hatte.

      Sie blickte zu mir. " Ellen ich mag dich irgendwie, auch wenn dein Humor uns eben fast umgebracht hätte. " Kleinlaut erwiderte ich. " Tut mir leid, das wollte ich nicht. " Sie winkte ab. " Nicht so schlimm, mir ging es schon dreckiger. Dabei fällt mir ein, wir brauchen einen neuen Namen für dich, je weniger deinen richtigen Namen kennen, desto besser. "

      Ich horchte alarmiert auf. " Sag bloß, mein richtiger Name gibt ihnen Macht über mich? " In Gedanken, sah ich schon dunkle Gestalten, finstere Rituale abhalten, bei denen ich zur seelenlosen Sklavin gemacht wurde.

      Erneut begann sie gequält zu kichern, ehe sie antwortete. " Du siehst wohl zu viele Schundfilme. Die Sache hat einen anderen Grund. Durch deinen Namen können andere an deine Adresse, Familie und Freunde kommen und dadurch einen enormen Druck auf so ein Küken wie dich ausüben. So, wir sind gleich da. Am besten du überlässt das Reden mir und sagst so wenig wie möglich. "

      3 Herzliches Willkommen

      Nach diesen Worten fuhren wir von der Straße ab und hielten nach kurzer Zeit vor einem großen, reich verzierten Tor. Ein Wachhaus stand links davor, aus dem ein Mann mit typischem Bodyguard-Outfit und Knopf im Ohr, zu uns herüberkam. Eine Überwachungskamera drehte sich auf unseren Wagen und verharrte. Er kam neben der Fahrertür zum Stehen und klopfte mit einer Hand ans Fenster. Cassandra ließ die Scheibe herunter und zeigte ihm ihr Gesicht. Als er sie musterte, ging eine seiner Augenbrauen nach oben, sonst verlor er jedoch kein Wort, über ihr lädiertes Aussehen. Sein Blick glitt weiter zu mir und ich versuchte mich an einem gewinnenden Lächeln, ehe mir einfiel, dass dadurch meine Zahnlücke direkt in sein Blickfeld kam. Schnell schloss ich meinen Mund.

      Er hatte wohl schon genug gesehen, denn er richtete seinen Blick wieder auf sie und brummte. " Schon wieder ein neues Küken Cas? Ich hoffe, sie macht weniger Ärger, als deine letzten Zwei. "

      Nach diesen Worten richtete er sich auf und das Tor vor uns begann sich zu öffnen.

      Das Fenster auf ihrer Seite schob sich nach oben und wir fuhren auf


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