Das Zeichen der Eriny. Lara Elaina Whitman

Das Zeichen der Eriny - Lara Elaina Whitman


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kam nicht weiter dazu mich zu bemitleiden, denn mit einem lauten Zischen verschmorte eine der Platinen. Es roch nach verbranntem Silikon. Mein PC war damit restlos im Eimer, dank Thomys unheimlichem Computerspiel. Nicht auszudenken, was meine Mutter davon halten wird, wenn ich ihr das beichte. Zum Glück hatte ich noch das Tablet, sonst wäre ich jetzt auch noch von meinen Mails und meinem Facebookaccount abgeschnitten. Ich ging ins Badezimmer und suchte nach einer Brandsalbe, die ich dick auf meine Hand schmierte und klebte ein Pflaster darüber. Vielleicht konnte ich meiner Mutter erzählen, dass ich gestürzt war. Genaugenommen stimmte das ja auch. Es war doch keine Lüge nur die Hälfte zu erzählen, oder? Leider schien mein schlechtes Gewissen nicht der gleichen Meinung zu sein wie ich und so hoffte ich inständig, dass es ihr nicht auffallen würde.

      Verschwunden

      Nachdem ich vergebens versucht hatte Thomy ans Telefon zu bekommen oder eine E-Mail-Antwort zu erhalten, gab ich es schließlich auf und ging ins Bett. Die Nacht war ziemlich unruhig, voller Alpträume, in denen Stimmen nach mir riefen und ständig irgendetwas um mich herumschnüffelte. Schweißgebadet wachte ich schließlich morgens auf und fühlte mich, als hätte ich einen Marathon gelaufen. Nach dem Frühstück versuchte ich es noch einmal bei Thomy. Was war nur mit ihm los? Das mit dem Handy verstand ich ja noch. Er vergaß manchmal den Akku aufzuladen, aber keine Antwort auf meine E-Mails war ungewöhnlich. Dummerweise hatte ich heute keine Zeit bei ihm vorbeizugehen. Ich musste mit meiner Mutter zum Einkaufen und danach auf die Firmenfeier. Also mühte ich mich im Bad damit ab einhändig meine Haare zu stylen, was mir leidlich gelang. Meine Mutter wollte, dass ich ein Kleid anzog. Etwas das ich wirklich gar nicht ausstehen konnte. Ich trug lieber Hosen und Sweatshirts. In einem Kleid fühlte ich mich immer so, als wäre ich falsch angezogen. Letztendlich stimmte das ja auch. Warum konnte ich nicht meinen schwarzen Overall anziehen? Der sah doch genauso gut aus wie ein Kleid. Missmutig betrachtete ich das weiße Sommerkleid, das mir meine Mutter letzte Woche gekauft hatte. War es nicht an der Zeit, dass ich selbst entschied, was ich tragen wollte? Kurzentschlossen zog ich meinen Overall an, egal was meine Mutter wollte, steckte meine Haare im Nacken zusammen und legte Make Up auf, etwas das ich sonst nie tat. Mit dem Ergebnis war ich ziemlich zufrieden. Ich fand, dass das gut aussah. Auf meine Verbrennung klebte ich ein frisches großes Pflaster. Meine Hand schmerzte höllisch, trotzdem lief ich einigermaßen gut gelaunt die Treppe hinunter. Meine Mutter war in der Küche und tuschelte leise mit meiner Großmutter. Sie verstummten, als ich hereinkam. Fragend sah ich sie an, aber sie grinsten nur verschwörerisch. Die führten doch etwas im Schilde!

      »Was ist los?«, wollte ich wissen.

      Meine Mutter lachte nur und zwinkerte meiner Großmutter zu, dann zog sie mich am Arm aus der Küche hinaus. »Komm, wir gehen einkaufen. Warum hast du das Sommerkleid nicht angezogen? Das steht dir doch ausgezeichnet?«

      Ich rollte mit den Augen. Was meine Mutter unter ausgezeichnet verstand! »Maman, ich sehe aus wie eine Vogelscheuche darin. Ein weißes Kleid bei meiner hellen Haut? Das geht gar nicht.«

      »Na, so hell ist deine Haut auch wieder nicht. Geh mehr an die Sonne, dann bist du auch nicht so blass. Als kleines Kind warst du immer schön braun«, sagte sie leicht genervt. Das Thema war ein rotes Tuch zwischen uns.

      Trotzdem widersprach ich ihr, »ja und das ist ungesund. Du weißt, dass mein Hauttyp keine Sonne abbekommen soll.«

      »Niemand erwartet, dass du dich grillen sollst, aber ein wenig mehr Luft und Licht würden dir gut tun. Du siehst müde aus. Hast du nicht geschlafen?« Misstrauisch beäugte sie die dunklen Schatten unter meinen Augen.

      »Ich habe schlecht geschlafen«, fast hätte ich gesagt vor Sorge um Thomy. Ich konnte es mir gerade noch so verkneifen. Meine Hände versteckte ich hinter meinem Rücken, damit sie das Pflaster nicht sah, das ich auf meine verbrannte Hand geklebt hatte. Nachher war sie vielleicht zu abgelenkt und würde nicht mehr darauf achten, wenn ich Glück hatte. »Lass uns gehen, Maman. Was müssen wir überhaupt einkaufen?«

      »Ein paar Kleinigkeiten, dies und das«, sagte sie ausweichend.

      Eine seltsame Antwort war das, aber ich zuckte nur mit den Schultern und folgte ihr in die Garage.

      Zwei Stunden später hatten wir gefühlte zwanzig Kaufhäuser abgeklappert. Meine Mutter wollte Schuhe kaufen. Für sich und für mich! Im Gegensatz zu mir liebte sie Schuhe und konnte sich nicht entscheiden, welches Paar sie nehmen sollte. Ich dagegen fand das ziemlich einfach. Ich mochte sowieso nur Sportschuhe, aber sie bestand darauf, dass ich mir Sandalen kaufte, die zu dem Kleid passen sollten. Mir schwante Übles und ich sollte Recht behalten. Nachdem wir noch Lebensmittel eingekauft hatten, fuhren wir nach Hause zurück.

      »Wir müssen um drei in der Cafeteria der Klinik sein. Ich möchte, dass du das weiße Kleid anziehst«, sagte sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

      Ich schluckte meine Widerworte hinunter, die mir schon auf der Zunge lagen. Wenn sie in diesem Ton mit mir sprach, hatte ich sowieso keine Chance, aber ich nahm mir vor, dass das ab morgen anders werden sollte. Da war mein sechzehnter Geburtstag und die Gängelei musste ein Ende haben.

      Der Tag ging so weiter, wie ich mir das gedacht hatte. Die Party war langweilig, da die meisten der Gäste entweder noch sehr klein waren oder schon jenseits eines Alters, das mich interessiert hätte. So stand ich mehr oder weniger höflich lächelnd in der Gegend herum und dachte über das gestrige Ereignis nach. Langsam bekam ich das Gefühl, dass ich einer Halluzination aufgesessen war. Es war einfach unmöglich in einem Computer zu verschwinden und auf einer Wiese wieder aufzutauchen. Mein Bedürfnis mit Thomy zu reden wuchs mit jeder Minute, aber er ging einfach nicht ans Telefon. Ich begann mir große Sorgen zu machen und hoffte, dass wir bald nach Hause gehen konnten. Leider wurde es zehn Uhr abends, bis mein Vater endlich beschloss, dass er genug mit all den Leuten gesprochen hatte, mit denen er reden wollte. Ich gähnte hinter vorgehaltener Hand, denn ich war unendlich müde. Außerdem hatte ich Kopfschmerzen, was ich sonst nie hatte. Ohne Thomy erreicht zu haben, fiel ich ins Bett.

      Ein grässlicher Schrei weckte mich am Sonntagmorgen. Erschrocken fuhr ich hoch und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Verwirrt blickte ich mich um, konnte aber nicht feststellen, woher der Schrei gekommen war. Vielleicht hatte ich das nur geträumt?

      Ein Klopfen an der Zimmertür ließ mich herumfahren.

      »Sarah, bist du schon wach?«, rief meine Mutter von draußen.

      »Ja, Maman. Komm herein.« Irgendwie war ich froh, dass sie da war. Ich konnte nicht genau sagen warum, aber der Schrei hatte mir mehr Angst eingejagt, als ich zugeben wollte.

      Meine Mutter steckte den Kopf durch die Tür. Sie lächelte freundlich. »Kommst du herunter? Ich habe Frühstück für dich gemacht.«

      »Ja, bin gleich da«, murmelte ich. Das war jetzt noch unheimlicher. Meine Mutter hatte von dem Schrei nichts mitbekommen, sonst hätte sie bestimmt etwas gesagt. Also doch ein Albtraum. Allerdings hatte ich noch nie in meinem Leben welche gehabt, noch dazu solche, die sich so real anfühlten. Ich versuchte das gruselige Gefühl abzuschütteln und stieg unter die Dusche. Danach ging es mir ein wenig besser, so als hätte ich meine Ängste mit dem Seifenwasser fortgespült. Mit meinem Tablet durchsuchte ich meine Mails. Es gab ein paar Nachrichten von Maiwenn, meiner engsten Freundin in Carnac, aber kein Lebenszeichen von Thomy. Nachdenklich ging ich die Treppe hinunter. Meine Großmutter, mein Vater und meine Mutter standen in der Küche, wie ein Empfangskomitee für irgendeine bedeutende Persönlichkeit. Sie stimmten ein Geburtstagslied an und ich wurde mit Glückwünschen und Küssen überschüttet. Dann verband mir meine Mutter mit einem ihrer teuren Seidenschals die Augen und führte mich hinüber ins Esszimmer. Erwartungsvoll blickte sie mich an, nachdem sie mir das Tuch abgenommen hatte. Auf dem Tisch stand eine riesige Pfirsichsahnetorte, die ich besonders gerne mochte. Alles war liebevoll gedeckt, mit allen erdenklichen französischen Leckereien. Wann immer sie das gekocht und gebacken hatte, ich hatte nichts davon mitbekommen. Es war so viel, dass wir bestimmt eine Woche lang nichts anderes essen würden. Glücklich inspizierte ich die zahlreichen kleinen Pasteten, Kuchen, Pain au Chocolat und vergaß darüber sogar kurzzeitig meine Sorge um Thomy und meine pochend schmerzende


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