Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk

Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge - Michael Schenk


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waren einfach geschmiedet und bedeckten Leib und Beine der

      Bestien. Auf dem Kopf trugen sie schwere Helme, die mit den Symbolen der

      dunklen Macht verziert waren. Die Rundohren strotzten vor Kraft und trugen

      plumpe Klingen, deren hakenförmige Spitze den breiten Schwertern die

      Bezeichnung Schlagschwert eingebracht hatte.

      Die Spitzohren hingegen waren kleiner und zierlicher gebaut, doch sahen

      sie ebenso schmutzig aus und hatten ein verschlagenes Wesen. Sie waren

      schneller als die großen Rundohren und trugen meist nur einfache Rüstungen,

      die aus ledernen Harnischen und Helmen bestanden. Ihre Stärke war es, den

      Feind aus der Distanz mit Pfeil und Bogen zu töten, anstatt ihm im offenen

      Schlagabtausch entgegenzutreten. Aber allen Bestien gemein waren die

      rötlichen Augen, ebenso wie ihre Blutgier und die Vorliebe für das frische

      Fleisch der erschlagenen Gegner.

      Vor so vielen Jahren hatte die Dunkle Macht des Schwarzen Lords zum

      ersten Mal ihr Haupt erhoben, und die Legionen der Orks waren über die

      Welt hereingebrochen. Erst ein Bündnis von Menschenwesen und Elfen hatte

      die Macht der Horden gebrochen, doch dies war vor so langer Zeit geschehen,

      dass es längst dem Reich der Fabeln anzugehören schien.

      Damals hatten die Zwerge nur wenig von den blutigen Kämpfen

      mitbekommen, die in der Oberwelt tobten. Denn sie lebten verborgen in ihren

      riesigen Höhlensystemen tief unter dem Gebirge. Sie hielten nur wenig

      Kontakt mit anderen Wesen, denn sie waren mit ihrer Abgeschiedenheit

      zufrieden, und ihr unterirdisches Reich bot ihnen fast alles, um ihre

      Bedürfnisse zu stillen. Sie züchteten nahrhafte Pilze und Schwämme, und

      gelegentlich brachten die Jagdtrupps von der Oberfläche das Fleisch eines

      erlegten Wildes herunter. Nur selten trieben sie Handel mit Elfen oder

      Menschenwesen, und Getreide war das bevorzugte Handelsgut, denn es war

      in ihrem Reich nicht zu ernten, und sie schätzten den Geschmack von

      frischem Brot. Die Menschenwesen und Elfen wiederum begehrten die

      bunten Kristalle, die Mineralien und Erze, welche die Zwerge in ihren Minen

      förderten.

      Die Abgeschiedenheit ihrer Höhlen hatte den Zwergen schon oft Schutz

      geboten, denn sie lagen gut versteckt und waren nur schwer zugänglich. Und

      da sich die kleinwüchsigen Wesen nur wenig für die Ereignisse der Oberwelt

      interessierten, wurden sie kaum mit den Kriegen und Konflikten der

      Menschenwesen konfrontiert. Lange Zeit fühlten sich die Zwerge unbedrängt

      von den Nöten der Oberwelt, bis sie nun auf schmerzliche Weise erfahren

      mussten, dass ihre eigene friedliche Welt bedroht war. Die Macht des

      Schwarzen Lords und seiner dunklen Legionen griff unerwartet auch nach

      den Städten des Zwergenvolkes.

      Einer von Balruks Begleitern wies auf die einfache Axt, die Balruk in den

      Händen hielt. »Sie haben Grünschlag, mein König. Wir müssen sie

      zurückerlangen.«

      Balruk nickte. »Das wird nicht ohne Hilfe gehen. Möge der feurige

      Abgrund die Bestien verschlingen.«

      Er dachte an die glitzernde grüne Doppelschneide der Axt Grünschlag. Ihre

      Klingen bestanden aus edelstem geschliffenem Grünkristall und waren zu

      spröde, um zum Kampf zu taugen. Doch Grünschlag war auch keine Streitaxt,

      sondern das zeremonielle Symbol der Königswürde. Ihr Griff bestand aus

      massivem Gold, und die heiligen Symbole des Volkes waren in Silber darin

      eingelassen. Das Ende des Griffstückes war aus einem feinen Stahl

      geschmiedet und wies zahlreiche Einkerbungen und Dornen auf. Was wie

      Verzierung wirkte, war jedoch der Schlüssel zur Macht über die Stadt des

      Zwergenvolkes. Denn wer auch immer den Stiel der Axt in den Thron des

      Zwergenkönigs steckte, gebot über die Menschen des kleinen Volkes. Aber

      nun würde ein orkisches Rundohr Grünschlag in den Thron stecken.

      Erneut polterten Steine, und Balruk umklammerte den Griff seiner

      einfachen Streitaxt fester. »Mögen die Bestien nur kommen. Wir schicken sie

      in die feurigen Abgründe hinab.«

      Einer der Begleiter blinzelte und schirmte seine Augen gegen das grelle

      Sonnenlicht ab. Bald würde die Sonne untergehen, doch auch die Nacht

      würde ihnen keinen Schutz gegen die Orks bieten. Diese konnten mit ihren

      rötlichen Augen in der Dunkelheit ebenso gut sehen wie die Angehörigen des

      Zwergenvolkes, und sie rochen das Fleisch von anderen Wesen schon auf

      große Entfernung.

      »Hier ist es so gut wie an anderer Stelle«, sagte Balruk grimmig. »Der

      Abgrund möge sie verschlingen, unsere Beine sind zu kurz, um ihnen

      davonzulaufen.«

      »Dann werden wir sie aufhalten, mein König«, sagte einer der anderen

      Zwerge. »Ihr müsst die Axt Grünschlag zurückerlangen. Ihr müsst Hilfe für

      unser Volk herbeiholen.«

      Ja, er musste Hilfe holen. Doch wenn die Legionen der Orks auferstanden

      waren und ihre Macht bereits bis in die Städte der Zwerge reichte, wo mochte

      es da in der Oberwelt noch Hilfe geben? War das Erscheinen der Horden in

      der grünen Kristallstadt Nal’t’rund nicht das sichere Zeichen dafür, dass es

      keine freien Menschenwesen und Elfen mehr gab?

      Die Orks hatten die Bewohner der Stadt überrascht, sie förmlich überrannt,

      und Balruk fühlte eine tiefe Scham, sein Volk so schmählich im Stich

      gelassen zu haben. Doch er wusste, dass sein Volk ohne fremde Hilfe nicht

      widerstehen konnte, denn die Axt Grünschlag war der Schlüssel zu dessen

      Macht. Balruk musste die Axt wieder an sich bringen, und dazu benötigte er

      Hilfe. Die Hilfe anderer Zwerge oder anderer Wesen. Wie auch immer, die

      Axt musste zurück in seine Hand.

      Mit zehn Getreuen war er geflohen, hatte sich an den Wachen der Orks

      vorbeigeschlichen, während sich seine Hände fest um den Griff der Streitaxt

      geklammert


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