Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk

Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge - Michael Schenk


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den Pfad am Sprung des Flusses genommen und waren dem Verlauf

      des Gebirgsrückens gefolgt. Balruk hatte sich erst nach Osten zur roten

      Kristallstadt begeben wollen, doch dieser Weg war ihm versperrt gewesen,

      denn von dort kamen die Legionen der Orks. Beim Anblick der

      herandrängenden Horden war Balruk von einer schmerzlichen Angst um seine

      zurückgebliebenen Vettern erfasst worden, und so hatten er und seine Männer

      sich dem Feind gestellt und sie für eine Weile aufgehalten. Doch sieben

      tapfere Axtschläger waren dabei ums Leben gekommen, und Balruk und seine

      drei letzten Begleiter waren nicht stark genug, um einem erneuten Angriff zu

      trotzen. So hatten sie sich nun nach Süden gewandt, dem Land der

      Menschenwesen entgegen.

      »Meint ihr, die Menschenwesen werden uns helfen?« Balruk erwartete

      keine Antwort. Sie wussten nicht einmal, ob es überhaupt noch freie

      Menschenwesen gab.

      Einer der Begleiter kratzte sich ausgiebig im Schritt und stieß ein heiseres

      Knurren aus. »Vielleicht vermag der Weiße Zauberer uns zu helfen.«

      Weit unten, am Ende der südlichen Gebirgsausläufer, erhob sich der

      gewaltige Hammerturm des großen Weißen Zauberers, dem alten Freund der

      Menschenwesen und des Zwergenvolkes. Seine Macht war so groß und sein

      Zauber so geheimnisvoll wie der Turm, den er bewohnte. Es war ein Gebäude

      in der Form eines gewaltigen Hammers, und seine Gestalt verriet dem

      Näherkommenden die Macht seines Besitzers, denn egal, von welchem

      Standpunkt aus man ihn betrachtete, hatte der Hammerkopf stets die gleiche

      Form.

      Erneut polterten Steine, und einer der Zwerge beugte sich ein wenig vor.

      »Sie kommen. Ich kann zehn und mehr Rundohren erkennen.«

      »Dann werden es noch mehr von ihnen sein«, seufzte Balruk. »Kannst du

      auch Spitzohren ausmachen?«

      Sie verabscheuten die Spitzohren in besonderem Maße, obwohl diese Orks

      eine halbwegs passable Größe für die Zwergenkämpfer hatten und man sich

      bei ihnen nicht sonderlich recken musste, um den Schädel vom Rumpf zu

      trennen. Aber die Spitzohren benutzten Pfeil und Bogen, und diese Waffen

      waren den Zwergen nicht geheuer. Die kleinen gefiederten Pfeile trugen weit

      und durchschlugen fast jede Rüstung. Zwar kannten die Zwerge Pfeil und

      Bogen auch vorher schon, doch waren diese in ihren Höhlen von geringem

      Nutzen, und selbst die Trupps, die gelegentlich in der Oberwelt nach Wild

      jagten, benutzten die handlichen Wurflanzen.

      »Keine Spitzohren«, stellte der Beobachter fest, dann kippte er lautlos

      hintenüber, und die anderen sahen den schwarz gefiederten Pfeil, der die

      Kehle ihres Gefährten durchbohrt hatte.

      »Flieht nach Süden, mein König, und holt Hilfe für unser Volk«, sagte

      einer der letzten beiden Axtschläger, der daraufhin die Enden seiner beiden

      Bartzöpfe ergriff und sie sorgsam im Nacken verknotete, damit ihn die Zöpfe

      beim Kampf nicht behinderten.

      »Wir werden es hier austragen«, erwiderte Balruk grimmig.

      »Nein, mein König.« Der Axtschläger schüttelte entschlossen den Kopf.

      »Das ist unsere Aufgabe. Die Eure ist es, mit Hilfe zurückzukehren und

      unsere grüne Kristallstadt wieder zu befreien.«

      Balruk stieß einen grimmigen Fluch aus, denn seine Begleiter hatten recht.

      »Möget ihr reiche Schürfgründe finden, meine Freunde.«

      »Möge das Strahlen der Kristalle Eure Augen erleuchten«, erwiderten die

      Axtschläger gleichzeitig.

      Die beiden Zwergenmänner duckten sich hinter die Felsen, um den Pfeilen

      kein Ziel zu bieten, und warteten in grimmigem Schweigen auf den Feind.

      Balruk wandte sich ab und begann den Pfad entlangzuhasten, so schnell ihn

      seine schmerzenden Beine trugen.

      Er hörte aufbrandendes Geschrei hinter sich und wusste, dass seine

      Axtschläger nun ihrem Namen gerecht wurden, hoffend, dass sie möglichst

      viele der Bestien in den feurigen Schlund hinabschickten. Sie verschafften

      ihm ein wenig Zeit, und er musste diese Zeit nutzen. Seine Beine stampften

      über den Pfad, und obwohl Zwerge nie über lange Strecken liefen, waren sie

      naturgemäß geschickte Kletterer. Sie waren es gewohnt, in ihren

      Höhlensystemen zu den entlegensten Stellen vorzudringen und ihre Stollen

      tief in das Gestein zu treiben. Balruk spürte fast instinktiv, welche Stellen des

      Pfades ihn trugen und welche er meiden musste. Seine Augen huschten über

      den Weg, und er wusste, dass die Dunkelheit seinen Schritt verlangsamen

      würde.

      Der Schlag traf Balruk vollkommen unvorbereitet und ließ ihn einen

      heiseren Schrei ausstoßen. Die Wucht des Aufpralls war nicht einmal

      besonders groß, aber Balruk wusste sofort, dass er von einem Pfeil getroffen

      worden war, der seine Rüstung am Rücken durchschlagen hatte und tief in

      seine Schulter eingedrungen war.

      Sein rechter Arm wurde sofort taub, weshalb Balruk seine Streitaxt in die

      linke Hand nahm und sich mit einem erneuten Aufschrei umwandte, um sich

      dem Feind zu stellen. Er erblickte ein Spitzohr, das in einiger Entfernung auf

      dem Pfad stand. Die rötlichen Augen des Wesens schienen triumphierend zu

      glühen. Balruk sah, wie der Ork einen weiteren Pfeil auf seinen Bogen legte,

      wich aber erst aus, als der Pfeil gelöst wurde. Die eiserne Spitze klatschte

      neben ihm an einen Stein, woraufhin der Ork fluchend auf Balruk zuhastete,

      um eine günstigere Schussposition zu finden. Balruk stieß einen

      kampfeslustigen Schrei aus und schwang die Axt mit seinem gesunden Arm.

      Er vermochte dem Pfeil nicht davonzulaufen, aber er konnte die Distanz zum

      Gegner verringern und das Spitzohr vielleicht zu einem übereilten Schuss

      verleiten. Unter Umständen kam er dann schnell genug heran, um seine Axt

      zwischen die aufgerissenen Fänge des Orks zu schlagen.


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