Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin. M.E. Lee Jonas
legen. Eine derartige Neuerung, wie deine Amtsenthebung, würde Rosaryon nicht unbeschadet überwinden. Vielleicht ist es eure gemeinsame Bestimmung. Immerhin ist sie die Enkelin deines Bruders. Ihr wurdet beide vom Schicksal berufen, ein sehr bedeutendes Amt anzutreten. Genau, wie du durch die Glariatorisblüte erwählt wurdest, um als Kindskönigin des weisen Phads erkannt zu werden, wurde sie als schwarze Prinzessin geboren. Vielleicht solltest du diesen Aspekt mehr Bedeutung zusprechen und kannst ihre Entscheidung damit besser verstehen.«
Marla schluckt und legt den Kopf in die Hände.
Orton erhebt noch einmal seine Stimme.
»Allerdings hätte ich noch eine Frage, bevor wir uns an die Bewältigung der wichtigen Probleme begeben. Ich habe gehört, dass es vor zwei Tagen ein außergewöhnliches Treffen in Xestha gab.
Zwei Mitglieder dieses Rates sollen sich mit der schwarzen Prinzessin getroffen haben. In deinem Namen. Kannst du uns etwas darüber berichten?«
Marla lacht und sieht zu den Würdenträgern.
»Ich habe niemanden in den dunklen Phad geschickt. Wenn ich eine Audienz bei Darania oder Jezabel wünsche, gehe ich zum Spiegel der Tore. Darania hat mich natürlich kontaktiert und gefragt, welchen Grund es gäbe, zwei Abgesandte nach Xestha zu schicken. Ich war schockiert, wusste aber sofort, wer dieses Treffen arrangiert hat.
Ich ging zu Konrad und fragte, ob er wisse, was es damit auf sich habe. Er ist immer noch Jezabels Großvater und war voller Kummer wegen ihrer Entscheidung in Xestha leben zu wollen. Er machte sich Vorwürfe und Sorgen.
Sie wollten sichergehen, dass sie freiwillig dageblieben ist und dass es ihr gut geht.
Unter der Bedingung, keine Entscheidungen im Namen des weisen Rates zu treffen, ließ ich ihn und Vettel gehen, damit sie das Mädchen sehen können. Ich bin mir sicher, dass sie nichts unversucht ließen, sie umzustimmen. Aber es war vergebens. Jezabel hat sie erkannt und unter der Drohung, die Skulks zu holen, fortgejagt.
Ich weiß, dass dieses Verhalten den beiden nicht zusteht, zumal Vettel nur auf Probe in unserer Gesellschaft weilt. Ich ließ sie jedoch gewähren, da sie uns mit dieser List keinen Schaden zufügen konnten. Ganz im Gegenteil, hätten sie Jezabel umstimmen können, wäre es für uns sogar ein Vorteil gewesen.
Es gab keine Probleme an diesem Abend. Außer dass Darania die Amtseinführung daraufhin vorgezogen hat. Sie befürchtete wohl, dass Jezabel sich doch noch anders entscheiden könnte. Wie ihr seht, hat diese dunkle Seele sehr viel Respekt vor uns.«
Die Mitglieder des weisen Rates starren Marla entsetzt an. Die Kindskönigin versucht die Lage wieder zu entspannen.
»Ich habe Konrad gebeten, niemandem zu verraten, dass ich über diese Sache Bescheid wusste. Auch Vettel nicht. Er wird es also abstreiten, um mich zu schützen. Ich selbst sehe allerdings keinen Grund, euch zu belügen. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Auch wenn es euch entsetzt, ich schäme mich nicht dafür.
Darania hat auch nicht fair gespielt. Sie hat Jezabel mit einer List in den dunklen Phad gelockt und nutzt ihre Naivität und Gefühle aus. Manchmal bleiben uns nur wenige Möglichkeiten. Dann ist auch für ein weises Wesen eine List nötig. Wenn ihr mich dafür rügen wollt, bitte. Aber ich werde mich nicht dafür entschuldigen. Diese abscheuliche, dunkle Seele hat meinen Neffen getötet, als er zu uns in den weisen Phad fliehen wollte. Sie hat meinen Bruder gefoltert, was ihr trotz der Umstände nicht zustand. Sie wollte sein Lythargium stehlen, damit die Lebensbäume aussterben und Rosaryon zugrunde geht. Also was sollte ich tun? Kämpfen ist für uns keine Option. Auf jeden Fall nicht mit Waffen.«
Marlas Stimme ist stark, aber voller Verbitterung.
Die Würdenträger sehen sich ratlos an. Orton erhebt beschwichtigend die Hand.
»Das habe ich mir bereits gedacht. Aber erlaube mir meinen Unmut darüber, dass du uns so wenig Loyalität zutraust, dass du solche Entscheidungen alleine triffst. Zumal ich erfuhr, dass sie auch noch unter meinem Namen dorthin gereist sind.
Um dieses Thema abzuschließen, möchte ich dich bitten, uns in Zukunft in deine Sorgen einzuweihen. Ich bin mir sicher, dass solche geheimen Vorgänge dann nicht mehr nötig sind. Sie schaffen nur Unsicherheit oder schlimmer noch, Misstrauen.
Gut, ich würde sagen, dass wir uns nun auf die dringendsten Probleme konzentrieren sollten. Balier hat Kunde, dass es in der realen Welt große Probleme gibt, deren Ursachen höchstwahrscheinlich im Zauberreich zu suchen sind. Möchtest du uns also Bericht erstatten?«
Hexe Valiria schüttelt energisch den Kopf und erhebt sich. Marla und Orton sehen sie verwirrt an.
»Ich bin mir sicher, dass Orton ein sehr weises Mitglied dieses Rates ist, aber so ganz bin ich damit nicht einverstanden. Ich bin mir ebenfalls überzeugt, dass du uns nicht hintergehen wolltest, aber du sagtest, dass Konrad niemandem verraten durfte, dass du über ihre List Bescheid wusstest. Auch Vettel nicht. Also ist sie davon ausgegangen, dass sie uns alle hintergeht, als sie unter meinem Namen ein Treffen mit dem Hexenrat einberief.
Ich entschuldige meine Direktheit, aber das hätte in einer furchtbaren Katastrophe enden können. Immerhin reden wir hier von Vettel! Es ist kein Geheimnis, das sie wortgewaltig und temperamentvoll ist. Eine explosive Mischung, wenn es um politische Themen geht. Ich wage zu behaupten, dass man bei Konrad sichergehen konnte, dass er weise handelt. Aber bei Vettel?
Und die Tatsache, dass sie bewusst einen Fehler begangen hat, sollen wir erneut unter den Teppich kehren? Sie hat sich wiederum gegen ihre Auflagen erhoben und lebt einfach weiter in unserer Mitte. Ein bisschen mehr Konsequenz würde unserem Ansehen sicherlich nicht schaden.«
Hexe Valiria sieht verständnislos durch die Runde. Die anderen Würdenträger nicken zustimmend.
»Ich kann deinen Unmut verstehen. Allerdings muss ich dir widersprechen. In den letzten Monaten war niemand so vielen Hürden ausgesetzt wie Vettel. Sie hat Fehler gemacht, aber nicht an jenem Abend. Und kann man es wirklich einen Fehler nennen, wenn sich jemand verliebt?
Ich denke, dass es eher eine Bürde war, dass es gerade der Bruder der Kindskönigin war, der ihr Herz eroberte. Um den Weg, den sie durch diesen Umstand gehen musste, beneide ich sie nicht. Vettel hat immer nur versucht, Konrad und ihre Familie zu beschützen und Darania aufzuhalten. Am Ende hat sie sogar alles zurückgelassen, um bei Konrad sein zu können.
Unsere Gesetze sind klar, aber sie können Gefühle nicht einfach so ausschalten. Glaube mir, eine aufrichtigere Entscheidung als die des Herzens gibt es nicht.
Vettel ist sicherlich für jedes einzelne Wesen eine große Herausforderung, aber sie ist aufrichtig! Ich habe sie vom ersten Tag an ganz genau beobachten lassen. Jede Kleinigkeit, die uns übrigens ebenso passieren kann, haben wir ihr als groben Verstoß angekreidet und dafür eine Abmahnung geschickt. Wir haben sie nicht verschont. Wir sollten uns nicht dazu herablassen, sie als Sündenbock abzustempeln.
Was war zuerst da? Die Legende oder Vettel?
Sie musste ihr ganzes Leben lang kämpfen, ohne eine Chance, Darania für ihre Schandtaten belangen zu können. Sie hat ihren Sohn verloren! Deshalb sollten wir bei all unseren hohen Erwartungen den Respekt nicht verlieren. Sie ist nicht aus Eigennutz in den dunklen Phad gereist. Sie wollte ihre Enkelin beschützen! Wenn ihr es trotzdem als nötige Konsequenz anseht, dass sie für meine Unaufrichtigkeit bestraft wird, dann bitte. Es wäre jedoch nicht gerecht und weiterhelfen würde es uns auch nicht. Selbst wenn wir sie verbannen und in die reale Welt zurückschicken würden. Was würde das ändern?
Konrad wäre unglücklich und würde ihr im schlimmsten Fall folgen. Vettel würde als magieloses Wesen in einem verwunschenen Haus festsitzen und sicherlich keine Möglichkeit auslassen, an Jezabel heranzukommen. Es würde also mehr Probleme bringen, als es löst. Ich stimme dir zu, dass sie sehr exzentrisch ist, aber das ist nicht immer von Nachteil. Wie du an unseren Problemen siehst, kann eine zurückhaltende Haltung auch gefährlich sein.«
Marlas Worte schallen laut durch den Raum.
Im Gegensatz zu den anderen Ratsmitgliedern teilt Valiria die Meinung der Kindskönigin nicht. Kopfschüttelnd