Burnout. Dr. Hanspeter Hemgesberg
35 und 55 Jahren – die sogen. „Best-Ager“ –; außerdem lässt sich ein Überwiegen des weiblichen Geschlechts nachweisen – Verhältnis Frauen : Männer von 2,1 : 1,3 –.
Stark (deutlich stärker betroffen als sonstige Berufsgruppen) betroffen sind und werden Menschen, die unter permanentem psycho-neuro-mentalem Leistungs- und Rechtfertigungsdruck mit entsprechender Kontrolle (durch Vorgesetzte wie Untergebene) stehen, weiter die sogen. „Workaholiker“ und die sogen. „Multi- bzw. Pluri-Tasking-Menschen“ und zunehmend aber auch Menschen, die akut in eine soziale (ob selbst verschuldet oder unverschuldet, das steht dahin) Schieflage gekommen sind bzw. bei denen sich ein gravierender sozialer Abstieg (mit all den sattsam bekannten Folgen und Auswirkungen in Gesellschaft und Familie/Lebenspartnerschaft) und die trotz aller ‚verzweifelten‘ Anstrengungen keinen ‚Boden mehr unter die Füße bekommen‘ und, bei denen es zusätzlich noch zu krankheits-bedingt zu Verwerfungen im privat-persönlichen Bereich gekommen ist.
Weiter:
Auffallend die Erkrankungszunahme in den letzten Jahren bei jüngeren Jahrgängen; d.h. schon bei pubertierenden Kindern
(einige Male auch in noch früheren Jahrgängen) kommt es zu einem „seelischen Ausgebranntsein“.
In der Zusammenschau:
Schätzungen zufolge sind derzeit in den Industrienationen weltweit von einem BOS betroffen ca. 10-15 Prozent aller Beschäftigten in sogenannten „Risiko-Berufsgruppen“ (s.v.).
Und weiter:
Zwischen weiteren 20 bis 30 Prozent aller Menschen in diesen Berufen/Tätigkeiten sind gefährdet, an Burnout zu erkranken!
Aber, um es einmal ‚plakativ‘ zu sagen:
Sie alle befinden sich in „bester Gesellschaft“, die sogen. Burn-Out‘s!
Und es werden immer mehr!
Es ist nicht zu leugnen, dass die „Flammen des BOS“ sich nach und nach nahezu schon in sämtliche Berufe ausgebreitet haben und, wenn die Fallzahlen weiter so vehement zunehmen, dass in absehbarer Zeit ein „Flächenbrand“ oder – um im Bild zu bleiben – eine „Feuerwalze“ droht.
Ganz besonders ‚anfällig‘ für Burnout sind nach derzeitigem Stand auch noch und zunehmend die Investmentbanker und die IT-Branche.
Hat FOCUS mit seiner Titelzeile vielleicht doch Recht?
„Generation Burnout“.
Es hat den Anschein, dass Burnout zu einem gesundheitlichen ‚Massenphänomen‘ zu einer regelrechen ‚Epidemie‘ wird oder bereits geworden ist.
Wer aber kann dem Burn-Out entrinnen?
Plakativ:
Sicherlich alle jene Mitmenschen, die nicht in vorderster Verantwortungsfront stehen, die überwiegend körperlich tätig sind (was sicherlich auch zur Erschöpfung führen kann, aber nicht als BOS!) und alle Zeitgenossen, welche es frühzeitig gelernt und verinnerlicht haben, zu delegieren und Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, die es schaffen, den Kollegen auch Können und Wissen zuzutrauen und alle jene, ferner all jene, die rechtzeitig die Kurve kriegen, um auf die ‚Multitasking-Bremse‘ zu treten und die Aufgaben nach Prioritäten zu erledigen, ferner jene, die zudem gelernt haben, mit dem Leistungsdruck umgehen zu können und den (Dauer-)Stress zu kompensieren und – dies ist immens wichtig –, die gelernt haben, auch einmal „NEIN“ zu sagen!
Sie alle haben die besseren ‚Karten‘, einem Burnout zu entrinnen.
Zurück zu den Zahlen:
So „schwirren“ zurzeit Zahlenangaben für BOS durch die Lande, die sich für Deutschland bis hin zu einer Zahl von 8 Millionen (!) BOS-Kranken bewegen!
Ich warne:
Vielmals wird im Übereifer und vorschnell und voreilig – und sicherlich auch, weil es „IN“ ist – „alles in den Topf namens „Burnout“ geworfen.
Was aber heißt:
Nicht bei jeder Erkrankung, die als Burnout geführt wird, handelt es sich realiter und definitiv um ein BOS!
Fakt:
Seriös dürfte eine derzeitige BOS-Fallzahl in Deutschland zwischen 750.000 und 1,5 Mio Betroffenen sein – gesprochen wird derzeit über ca. knapp 2% aller Deutschen –; allerdings mit in den letzten Jahren deutlich steigender Tendenz!
Nicht zu übersehen:
Die Dunkelziffer ist sehr hoch, sicherlich weit höher als die Zahl der bekannten Burnouts. Letztere stellen so etwas wie die Spitze des „Krankheits-Eisberges“ dar.
Burnout: Krankheits-Stadien
Das Vollbild Burnout ist das Ende einer langen Wegstrecke an Beschwerden und Dysregulationen bis hin zum totalen gesundheitlichen Blackout!
Dabei – ich habe darüber bereits zuvor gesprochen, respektive geschrieben –verläuft die Krankheit in einer immer enger sich zusammenziehenden Spirale, der „Burn-out-Spirale“ oder dem „Burn-Out-12-Phasen-Model“.
Diese Spirale und somit das BOS lässt sich in 12 ineinander übergehende und ineinander greifende ‚Segmente’ untergliedern, wobei der Schweregrad der Krankheit von Segment zu Segment steigt.
Das „12-Phasen-Modell“ geht zurück auf Herbert Freudenberger und die Journalistin Gail North; sie stellten bereits 1992 den „Burn-Out-Zyklus“ vor.
Auch wenn die von Freudenberger und North beschriebenen Stadien nicht immer in der von ihnen genannten Reihenfolge auftreten, so vermittelt das Zwölf-Phasen-Modell eine Vorstellung davon, dass Burnout mehr ist als nur eine Depression oder zumindest eine besonders ausgeprägte Form einer Depression mit Suizidgefahr.
Stadium 1
Zwang des Betroffenen, sich zu beweisen
• Sie haben einen Beruf, dem Sie sehr gerne und mit großem Engagement nachgehen. Sie sind hoch motiviert und leistungs-orientiert. Ihrem Tatendrang sind keine Grenzen gesetzt, Wissen wird angehäuft, die neuesten Kommunikationsmittel werden genutzt, der Austausch mit der Umwelt erfolgt mehrdimensional und ungebremst.
• Termine überschlagen sich, werden aber pflichtbewusst eingehalten. Die soziale Umwelt bewundert den Leistungseinsatz, man fühlt sich zugehörig zu den „Winnern“.
Stadium 2
Verstärkter Einsatz
• Sie lesen viel Berufsspezifisches, Sie besuchen Workshops und Seminare am Wochenende und tun alles, um erfolgreich zu sein. Vorgesetzte honorieren ihre Leistungen und Sie bekommen mehr und auch verantwortungsvollere Aufgaben übertragen.
• Rückschläge sind undenkbar, alle Ressourcen werden weiterhin zur Mehrung von Wissen, Einfluss, Macht, Geld, sozialer Anerkennung, sexueller Attraktivität etc. eingesetzt.
• Handlungen und Entscheidungen werden nicht mehr delegiert, die soziale Umwelt wird als zu langsam und träge empfunden. SIe holen sich den Zuspruch fürs eigene Tun nur mehr bei Gleichgesinnten mit ähnlichen Leistungsvorstellungen, Selbst- und Fremdansprüchen sowie Werten.
Stadium 3
Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
• Die Arbeit nimmt Sie gedanklich und zeitlich immer mehr in Anspruch, der Kontakt zur Familie und zu Freunden wird
parallel dazu immer weniger. Ihre Umwelt versteht und akzeptiert dieses Verhalten jedoch, weil es mit den Erfordernissen und Anforderungen ihres Berufs zusammenhängt.
• Muße und Erholung werden als Zeitverschwendung angesehen. Die Wissensmehrung