Ost-wärts. Thomas Helm

Ost-wärts - Thomas Helm


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Mit einem spöttischen Lächeln auf den roten Lippen stellte sie ihm eine Frage. »Na, junger Mann? Du weißt doch, nach Stieren kommt Wahnsinn! Hast du noch nicht genug von meiner Auslage gesehen? Aber sag. Gefällt dir das alles, was du da siehst?«

      Michael stammelte eine unverständliche Entschuldigung und bestellte rasch ein Bier. Der Anblick der Barfrau, ihr Lächeln, und wie sie sich bewegte, dass alles versetzte den Jungen in eine bisher ihm unbekannte, innere Erregung.

      Nachdem er sein Bier langsam ausgetrunken hatte, wobei er noch eine Zigarette rauchte, bestellte er noch eins.

      Dabei bemerkte er jedoch, dass fortan die Barfrau immer wieder zu ihm hinschaute.

      Diese Feststellung irritierte ihn aufs Äußerste.

      Doch es kam noch verrückter. Als sie ihm das frische Bier reichte, beugte sie sich wieder sehr weit über den Tresen. Und ohne dass es jemand anderes hören konnte, raunte sie ihm etwas zu, das ihn wiederum erröten ließ. »Du solltest nicht zu viel trinken denn ich habe um halb zwölf Uhr Feierabend. Dann muss ich noch rasch die Abrechnung machen. Aber um halb eins da könntest du am Seitenausgang auf mich warten. Das möchtest du doch oder wolltest du heute Nacht einsam und allein ins Bettchen gehen?«

      Ihr Lächeln jagte ihm einen heißen Schauer durch den gesamten Körper. Er brachte es nur zu einem zustimmenden Nicken. Denn irgendetwas schien ihm den Hals zuzuschnüren, so dass er kein Wort herausbrachte. Hastig ergriff er das randvolle Bierglas und setzte sich wenige Schritte entfernt an einen der kleinen Tische. Von dort aus konnte er diese erregende Frau hinter der Schanktheke recht gut sehen.

      Endlich war es soweit es ging auf Mitternacht zu.

      Die verschwitzte Band verabschiedete sich mit ihrem letzten Titel, »Merci Cherie«. Der war so neumodisch und kam zudem aus dem Westen, dass ihn hier kaum einer kannte.

      Als man schließlich die ersten Lichter ausschaltete, begann im Saal der Aufbruch der Gäste.

       Auch Michael verließ die Halle.

      Draußen erwartete ihn eine laue Mainacht. Er brannte sich die letzte »Casino« an und stellte sich neben dem Hintereingang des Tanzlokals ins Halbdunkel.

      Von vorn von der Straße her vernahm er den grölenden Gesang von einigen der abwandernden Gäste.

      Er lehnte neben dem Tor an der bröseligen Ziegelwand und saugte nervös an der Zigarette.

      Nur wenige Meter von ihm entfernte quälte sich der Fluss, schwarz, stinkend und mit leisem Plätschern durch sein aufgezwungenes steinernes Bett.

      Kurz nach halb eins trat die Barfrau aus dem Tor heraus und schaute sich sofort um. Ihr helles Lachen erklang, als sie ihn entdeckt hatte. »Hab’ ich es mir doch gedacht, dass der Junge auf mich wartet. Kommst du mit, ja?«

      Michael nickte wortlos, sie hakte sie sich bei ihm unter und zog ihn mit sich fort. Was als Nächstes geschah, glaubte der Junge später alles nur geträumt zu haben. Es war unwirklich, unbegreiflich und so aufregend neuartig!

      Im Licht der wenigen Straßenlaternen musterte er verstohlen die Frau. Die an seiner Seite recht sicher auf ihren hohen Absätzen über das Kopfsteinpflaster schritt.

      Sie scheint wirklich hübsch zu sein, befand er. Wenn auch ein klein wenig größer, als ich. Aber eben auch viel älter.

      Doch war es nicht das, was ich mir immer gewünscht habe?

      Die schweigende Frau führte ihn durch spärlich beleuchtete Gassen.

      Argwohn flammte plötzlich in ihm auf, doch ihr gemeinsamer Weg endete bald.

      Vor einem heruntergekommenen Mietshaus, dessen lichtlosen Fenster schwarz in die Nacht starrten. Putzschäden zeigten sich über die Fassade verstreut.

      Nur ein schmaler Fußweg trennte das Haus vom Elbufer.

      Die Frau schloss die Haustür auf und drängte den Jungen rasch in das nach Urin stinkende Treppenhaus. Nach einem lauten Knacken ging das blakende Hauslicht an. Ein Zeitschalter zählte tickend die Sekunden herunter.

      Für einen Augenblick hielt er die Luft an, folgte ihr nach kurzem Zögern die knarrende Treppe hinauf.

      Im zweiten Stockwerk schloss die Frau eine Tür auf, von der fast alle Farbe abgeblättert zu sein schien. Als sie im Wohnungsflur eine funzelnde Deckenlampe angeknipst hatte, verlosch draußen im Treppenhaus das Hauslicht.

      Rasch zog sie den Jungen in die schmale Diele. Sie drückte die Wohnungstür hinter ihm zu und schob ihn zu einer der Zimmertüren hin. Mit einem leisen »Psst!« legte sie den Zeigefinger auf die Lippen und warf ihm einen eindringlichen Blick zu. Sodann öffnete sie eine der Türen und lauschte in den Raum hinein. Sie nickte, schloss die Tür und drängte den Jungen in das andere Zimmer. Dort wandte sie sich so dicht an ihm vorbei, dass er ihren Körper spürte. Sie warf ihm ein Lächeln zu und knipste eine Nachttischlampe an die ein rosa Schirmchen trug. »Schließ’ bitte die Zimmertür und vor allem, sei leise!«, bat sie den Jungen mit sanfter Stimme.

      Von der Tür aus schaute er sich interessiert im Zimmer um. Das hier ist also ihr Schlafzimmer, dachte er.

      Eine Doppelliege mit gestreiftem Bettzeug darauf stand unter einem Fenster mit einer bunten Übergardine. Daneben ein Nachttisch mit der kleinen Lampe.

      An der linken Wand lehnte ein altersschwach wirkender Kleiderschrank. Flankiert wurde er von einem weiß gestrichenen Stuhl auf der einen und einem schmalbrüstigen Schränkchen auf der anderen Seite. Darauf stand ein kleines Radio.

      »Ein »Sonneberg«! Ja! Genauso eins hab’ ich in meinem Zimmer im Lehrlingswohnheim«, flüstert er freudig erregt der Frau zu und zeigte darauf. Doch alles hier so stellte er ernüchtert fest, sah verwohnt und auch recht schmuddelig aus.

      Die Frau deutete unvermittelt auf die gegenüberliegende Wand. »Da drüben schläft meine kleine Tochter. Nach der ich eben geschaut habe«, flüsterte sie. »Also, wie ich schon sagte. Bitte, bleib möglichst leise! Auch wenn’s dir vielleicht schwerfällt, wenn wir’s gleich machen!«

      Der Junge nickte wortlos. Als er jedoch einen Augenblick über ihre Worte nachdachte, verspürte er plötzlich einen dicken Kloß im Hals.

      Sie hat ein Kind, schoss es ihm durch den Kopf. Sie ist Mutter!

      Und wie ist eigentlich eine Frau im Bett, die bereits ein Kind geboren hat? Verdammt! Ich hab’s doch noch nie mit einer Frau gemacht. Und jetzt das!

      Als die Frau ihn mit einer heftigen Geste zu sich heranwinkte, huschte der Junge zu ihr hin. Sie lächelte, zog ihre Lederjacke aus und warf sie über den Stuhl. »Zieh’ du deine Jacke endlich aus!«, flüsterte sie.

      Der Junge folgte ihrer Aufforderung sofort.

      Plötzlich trat sie dicht an ihn heran und schlang ihre nackten Arme um seinen Hals. Selbst nachdem die Frau aus ihren schwarzen Pumps stieg, war sie etwas größer als der Junge. »Entspann’ dich, lass dich gehen, sei locker«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Unvermittelt presste sie ihre roten, feuchten Lippen auf die seinen, ihre nasse Zunge bohrte sich in seinen Mund.

      Noch niemals hatte der Junge einen Zungenkuss bekommen. Doch er spürte sofort, dass es ihn erregte, und er tat es der Frau gleich. Dabei tasteten seine zitternden Hände fahrig über ihren weichen Körper, den sie fest gegen ihn drängte.

      Er roch den Schweiß und den Deodorant unter ihren Achseln. Auch den Kneipengeruch von Zigarettenrauch und Bier der ihren dichten Haaren entströmte.

      Die Frau zog den Jungen an sich heran, wobei sie Brüste und Unterleib lasziv gegen seinen Körper rieb.

      Er zitterte plötzlich vor Erregung. Und schämte sich für das Schaudern, das er nicht unterdrücken konnte. Unvermittelt bemerkte er zudem, dass sein Glied heftig anschwoll.

      Da glaubte er, im Erdboden versinken zu müssen! Doch er spürte die Hitze ihres Körpers und auch die Hand, die sich an ihm herabtastete. Bis sie auf dieser harten Beule in seiner Hose lag.

      Alles Weitere ging recht schnell.

      Hastig


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