Geliebter Prinz. Billy Remie

Geliebter Prinz - Billy Remie


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ehe er sich abwandte und verschwand.

      Desiderius musste ein Schmunzeln unterdrücken. Er und Bellzazar hatten wahrlich mehr gemein als sie beide vermutlich je offen zugeben würden.

      »Bitte folgt mir, Euer Gnaden«, forderte der Bedienstete auf.

      Desiderius folgte ihm durch eine unscheinbare Tür, die zu einer dunklen Treppe führte. Aber je höher sie gingen, je heller wurde es.

      Er wurde durch einen marmornen Flur geführt, zu einem prunkvollen Zimmer mit einem geschnitzten Bettgestell, das schwere Samtvorhänge besaß. Ebenso befand sich in der übergroßen Schlafkammer eine Feuerstelle, ein Frisiertisch, dunkle Kommoden aus dem Westen Nohvas, Teppiche aus dem Süden und Pelze von Bären und Wölfen aus den Wäldern. Besser konnte man gar nicht hausen.

      »Ein Bad wird vorbereitet, ich schicke eine Dienstmagd, die Euch wäscht«, sagte der Bedienstete, während Desiderius noch mit offenem Mund das Zimmer bestaunte.

      Er fuhr zu dem kleinen Mann herum. »Ich ... ähm ... die mich ... Was? Oh bitte ... «, er stotterte, weil er fassungslos war. »Das ist wirklich nicht notwendig, ich bin in der Lage, mich selbst zu waschen.«

      »Das steht nicht zur Wahl, Euer Gnaden«, beschloss der Bedienstete und verbeugte sich tief, bevor er sich abwandte.

      Desiderius blinzelte irritiert, er war sich nicht sicher, ob er das gut finden sollte. Aber immerhin war es eine Frau und kein Mann, er wusste nicht, ob er sich zurückhalten konnte, wenn ihm Männerhände den Dreck vom Körper abgewaschen hätten.

      Bei diesen Gedanken erzitterte er, voller Begierde darauf, sie wahr werden zu lassen.

      Eines war sicher, er musste dringend der Küste mal wieder einen Besuch abstatten.

      Aber zuerst musste er dem König einen Bericht erstatten.

      ***

      Einige Zeit später war Desiderius frisch gewaschen, frisch rasiert und trug saubere Kleider. Erst hatte man ihn in feine Seide hüllen wollen, aber er hatte sich geweigert, bis man ihm einfache Leinenhemden brachte, solange seine Rüstung gesäubert wurde.

      Er fühlte sich recht wohl und erholt, obwohl die Reise lang gewesen war, aber für ihn nicht wirklich anstrengend. Er war das Leben in den Wäldern gewohnt. Bevorzugte es.

      Als er gemeinsam mit Bellzazar das Arbeitszimmer des Königs betrat, stand dieser hinter seinem großen, prunkvollen Schreibtisch und war über einige wichtig wirkende Dokumente gebeugt. Sein Gesichtsausdruck war grüblerisch und besorgt.

      Der König sah auf, als er die Neuankömmlinge bemerkte.

      König Wexmell runzelte seine makellose Stirn. »Ich habe euch früher erwartet.«

      Bellzazar erwiderte: »Wir sind schon seit Stunden hier, mein König, aber uns wurde der Zutritt zu dir verweigert, solange wir nicht gebadet und sauber gekleidet waren.«

      Der König rieb sich aufseufzend seine Stirn, als hätte er Kopfschmerzen. Mehr zu sich selbst murmelte er vor sich hin: »Ich habe ihnen gesagt, dass sie das lassen sollen.«

      Desiderius war froh, dass der König sich nicht an solch banalen Sachen wie dem äußeren Erscheinungsbild eines Mannes störte.

      König Wexmell hob den Blick und scherzte milde lächelnd: »Dreht der König seinen Bediensteten den Rücken zu, tun sie, was sie wollen.«

      »Gut, dass du es von dir aus ansprichst, Wexmell«, sagte Bellzazar im ernsten Tonfall. Er drehte sich halb zu Desiderius um, als er hinzufügte: »Ich glaube, der junge M’Shier muss dir eine etwas heikle Angelegenheit erklären.«

      Sofort sah der König Desiderius forschend und befürchtend an. »Was ist geschehen?«

      Desiderius atmete leise tief durch, ehe er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen und gestrafften Schultern vor den Schreibtisch des Königs trat. »Ich grüße Euch, Majestät.«

      König Wexmell, bescheiden wie er war, winkte nur freundlich ab. »Berichtet, Desiderius.«

      Ohne eine emotionale Rührung zu zeigen, begann Desiderius die Geschehnisse zu umschreiben: »Nachdem wir uns nachts erfolgreich in die Schwarzfelsburg geschlichen hatten, bekamen wir es im Hof mit einigen ... Schwierigkeiten zu tun. Die Tür zum Vorratsspeicher der Gebirgsarmee war ungünstig gelegen, Wachen hatten stets einen Blick darauf–«

      »Deshalb beschlossen wir, die Wachen mit einem Ablenkungsmanöver fort zu locken«, mischte Bellzazar sich ein und schnitt damit Desiderius das Wort ab. »Ich war die Ablenkung. Ich lockte sie erfolgreich fort, damit der junge M’Shier die Phiole mit der Krankheit unter die Kornvorräte der Gebirgsarmee mischen konnte.«

      »Aber die Tür war verschlossen«, sprach Desiderius weiter. »Ich sah keine Möglichkeit, hinein zu gelangen, und die Wachen hatten bereits Alarm geschlagen, eine Gruppe von ihnen kam direkt in meine Richtung. Ich hatte nicht viel Zeit, um eine Entscheidung zu fällen, weshalb ich eine andere Möglichkeit suchte, die Gebirgsmenschen zu schwächen. Da fiel mir der Brunnen im Hofinneren ins Auge-«

      »Kurz gesagt«, erhob Bellzazar wieder das Wort, »wir kamen nicht in den Kornspeicher, also vergifteten wir das Brunnenwasser.«

      König Wexmell schien im ersten Augenblick nicht zu verstehen, doch dann konnte man seiner Miene ansehen, dass er begriff. Er wurde bleich und seine Lippen öffneten sich.

      Bellzazar und Desiderius wagten es nicht, noch etwas zu sagen. Die neuen Informationen musste der König erst einmal verdauen.

      Fassungslos stieß der König seinen Atem aus und stützte sich mit den Händen auf die massive Platte des reichlich verzierten und vergoldeten Schreibtisches. »Der Brunnen?«

      »Ja, mein König«, bestätigte Bellzazar.

      Mit hängendem Kopf erkannte der König richtig: »Der Brunnen in der Schwarzfelsburg? Der Brunnen, der die Trinkwasserversorgung der umliegenden Dörfer der Burg sichert. Dieser Brunnen? Der Brunnen, dessen Wasser unzählige unschuldige Bauern trinken?«

      Desiderius schluckte schwer. Er hatte insgeheim darauf gehofft, dass der König erkennen würde, dass es keine andere Möglichkeit gegeben hatte. Aber König Wexmell war einer dieser Könige, der nicht den Tod Unschuldiger mit irgendwelchen Ausflüchten rechtfertigen wollte. Nicht einmal wenn das geopferte Leben vermutlich einen verheerenden Bürgerkrieg verhinderte.

      Und genau deshalb war ein Mann wie Wexmell König, und nicht jemand wie Desiderius. Denn Desiderius würde vieles in Kauf nehmen und vieles opfern, um Nohva davor zu schützen, von Menschenvölkern übernommen zu werden.

      Bellzazar erinnerte den König mit verärgerter Stimme: »Der Brunnen, dessen Wasser auch die Soldaten trinken, Wexmell! Sei nicht dumm, erkenne die Vorteile darin!«

      König Wexmell ignorierte seinen Berater und engsten Freund, er sah Desiderius an und fragte eindringlich: »Hättet Ihr die Tür nicht aufbrechen können?«

      »Bei allem Respekt, Eure Majestät«, erwiderte Desiderius ungerührt, »aber ich hatte weder die Zeit dazu, noch wäre es klug gewesen, sie aufzubrechen. Bedenkt, dass die Gebirgsmenschen den Einbruch bemerkt und aus reiner Vorsicht die Vorräte nicht mehr angerührt hätten.« Desiderius warf einen Blick zu Bellzazar, ehe er noch bedeutsam hinzufügte: »Dann wäre unsere Reise umsonst gewesen und ich hätte mein Leben im Dienst der Krone umsonst riskiert.«

      Der König atmete aus, es schien, als stimmte er Desiderius zu, sprach es aber nicht aus. Stattdessen sah er Bellzazar an, musterte ihn kurz, und fragte ihn schließlich: »Wieso bist du nicht mit der Phiole hinter die Tür? Du hast doch derartige Fähigkeiten.«

      »Wie du weißt, habe ich die Wachen abgelenkt.«

      »Das hätte doch der Junge machen können!«, warf der König ein.

      Desiderius mochte es nicht, ständig als Junge bezeichnet zu werden. Bei den Luzianern war er das vermutlich auch noch, aber die meiste Zeit hatte er mit gesetzlosen Menschen verbracht, unter denen er mit seinen siebenundzwanzig Sommern alles


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