Drachenkind. . . .
Er nickte stumm, horchte in sich hinein und entdeckte ein leises Gefühl von Verwundbarkeit. Nichts Neues, aber im Kontext all der Informationen, welche Seath ihm gerade mitteilte, wirkte diese Verwundbarkeit so unglaublich weitreichend und relevant. Das zweite Gesetz: Nichts war perfekt, kein Geschöpf konnte vollständig unbesiegbar sein. Seath stand auf.
»Niemand ist in der Lage, die Verantwortung zu übernehmen die auf dir lastet. Das ist eben deine Aufgabe. Wir können dich unterstützen, aber am Ende stehst du allein da. Ich fühle mich schuldig, genau wie alle anderen Großmeister, nicht mehr für dich tun zu können als dich zu leiten und für dich da zu sein, als deine Verbündeten und Vertrauten. Sofern du das wünschst. Aber wir glauben an dich, Eric. Welches Opfer du bringen musst sei dir überlassen, wir alle werden es akzeptieren. Jetzt komm mit, ich bringe dich zu Jack. Ich habe euch beiden ein Zimmer freigemacht. Und heute Abend lernst du die anderen Meister kennen, sie kommen aus den umliegenden Städten und bekannten Regionen. In den nächsten Tagen erhältst du deine erste Unterrichtseinheit, du lernst kämpfen. Falls du möchtest, mit Jack zusammen. Bei Mir oder Mia. Und vergiss niemals, wer du bist, verzweifle nicht. Ein wesentlicher Teil der Macht des Herrschers ergibt sich daraus, dass er intelligenten Wesen ihre Namen nehmen kann, so nennen wir es. Kaum etwas ist so sehr mit der Seele verknüpft wie der eigene Name. Es ist kein einfaches Prinzip, vielleicht erkläre ich es dir ein anderes Mal. Aber im Grunde bedeutet es, dass man sich selbst vergisst und nur noch durch den Herrscher existieren kann. Entweder für ihn, oder durch den Kampf gegen ihn. Kurz gesagt, alles dreht sich um ihn. Dieser Zustand kommt schleichend und kann nur schwer durchbrochen werden. Er ist dahingehend ein Genie. Egal, was man tut, er kann es gegen einen verwenden. Infolgedessen wirst du unvermeidlich leiden. Es werden Entscheidungen auf dich zukommen, welche du niemals treffen möchtest. Das erleben viele und noch viele mehr in Zeiten wie diesen. Du kannst, also zweifle nie daran, ob du wirst. Nicht denken, wissen. Es ist nicht viel Zeit und vieles wird sich dir vorerst nicht erschließen. Hab Geduld.«
Eric stand auf und fühlte sich, als hätte jemand ihn kräftig durchgeprügelt. Chaos in jeder Ecke seines Geistes, Informationen über Fragen über Informationen. Müdigkeit. Er wollte noch so viel mehr wissen, aber für heute reichte es. Doch ehe Seath sich der Tür zuwandte, stellte er noch eine letzte Frage. Es war eine Art unbedachtes Öffnen seines Geistes, er sprach es einfach aus und war fast überrascht, als er die eigene Stimme hörte.
»Seath, manchmal fühle ich mich, als wüsste ich nicht, wer ich bin. Fürchten die Menschen mich?«
Seath blieb stehen, sah ihn mit einer Mischung aus Sorge und Mitgefühl an.
»Ja, einige. Andere nicht. Du kannst nicht viel dagegen tun, außer ihnen zu zeigen, dass sie das nicht müssen. Oder sollten sie?«
»Keine Ahnung. Nein. Ich denke nicht. Solange sie mich nicht bedrohen oder … Nein. Ich will ihnen nichts Schlechtes.«
»Gut, dann zeige ihnen das. Sie sind nicht dumm. Wer hierher kommt und dieses Leben führen kann, ist stark oder sehr intelligent, oft beides. Es wird Feinde und Geheimnisse geben, Eric. Feinde der Idee, dich hierher zu bringen. Feinde der Aussicht darauf, sich mit einem Wesen wie einem Drachen einzulassen, von dem man so wenig weiß. Wo Menschen sind, gibt es Missverständnisse und verschiedene Ansichten. Vorprogrammierte Konflikte. Wir helfen dir, wann immer wir können. Denke daran. Aber die meisten wissen auch, dass ihre Kinder und Familien nur dank dir den heutigen Morgen überlebt haben. Und speziell die Krieger sind sehr daran interessiert, dich kennenzulernen. Die Kämpfer aus den Ewigen Wäldern sind sicherlich die stärksten unter allen bekannten Völkern. Viele Widerstandsgruppen sind hier entstanden, unsere Geschichte baut auf Widerstand und Gemeinschaft. Du wirst davon hören.«
Sie verließen den Raum, gingen durch den Flur und durchquerten die runde Halle auf die andere Seite. Dort war eine Holztür, ein paar Schritte neben der Treppe. Seath öffnete sie und sagte:
»Da hinein, dort ist euer Zimmer. Ein Badezimmer ist auch dabei. Es mag hier zwar alt aussehen, aber wir haben warmes, fließendes Wasser und eine Kanalisation. Das haben wir schnell von denen auf der Erde gelernt. Ständig, während all der Zeit, brachten die Menschen ihr Wissen und ihr Handwerk mit hierher, verbanden es mit Magie und dem, was ihnen diese Welt anbot. Auch heute noch gibt es einen regen Austausch zwischen den Magiern hier und auf der Erde. Es ist wunderbar! Wenn ihr beiden mehr über unser Leben wissen wollt, sprecht mit den Menschen. Ihr werdet eng mit ihnen zusammenleben und arbeiten, also keine Scheu. Es ist die letzte Tür, geradeaus. Und mach dir keine Sorgen, alleine seid ihr da nie, hier sind immer auch andere in den Nebenräumen. Und abends ist auch die hohe Halle immer voll, Jack wird sie dir zeigen. Geh jetzt. Falls du Hilfe brauchst, frage Jack oder rufe mich in Gedanken. Die Ferngespräche hier sind kostenlos!«
Sie zwinkerte ihm zu und schloss die Tür hinter sich. Der kurze, breite Flur war ebenso hell beleuchtet wie der Rest des Tempels und er war genau so schlicht und schön wie Seaths Arbeitszimmer. Eric ging auf die letzte Tür zu und öffnete sie leise.
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