Das Mysterium der Wölfe. Anna Brocks

Das Mysterium der Wölfe - Anna Brocks


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      Dennoch bleibe ich vorerst gelassen: „Eine nette kleine Familie hast du dir da zusammengesucht. Hat sicher lange gedauert, bis du so viele Wölfe beisammenhattest.“

      Stolz blickt er auf die umliegenden Personen: „Habe ich zu viel versprochen?“ Nun scheinen endlich alle versammelt zu sein und sie nehmen nach und nach Wolfsgestalt an. Sie haben einen Kreis um mich und Leader gebildet. Noch halten sie Abstand. Es sind in der Tat verdammt viele. Mindestens dreißig.

      Ich zucke mit den Schultern: „Kein schöner Anblick, wenn du mich fragst. Die Wölfe, die ich kenne, sind größer, stärker und vor allem anmutiger. Dein Rudel macht unserer Rasse keine Ehre, im Gegenteil.“ Die meisten von ihnen sind dünn, fast abgemagert. Ihr Fell ist räudig und hat jeglichen Glanz verloren. Nur ein paar erscheinen mir als muskulös, mit dem Rest dürfte ich leichtes Spiel haben. Das beeinflusst meine Einstellung bezüglich eines Kampfes.

      Mit meiner Bemerkung scheine ich Leader verärgert zu haben: „Hüte deine Zunge! Du vergisst wohl, dass du allein bist! Bei einem Kampf hättest du keine Chance!“

      Nun bin ich diejenige, die lächelt: „Sei dir da mal nicht so sicher. Ich wiederhole meine Drohung von vorhin nur noch ein einziges Mal. Lass mich gehen, oder ich werde keinen von euch verschonen!“ Leader starrt mich gebannt an.

      Dann beginnt er erneut zu lachen: „Du willst uns herausfordern? Das ist Wahnsinn! Für wen hältst du dich eigentlich?“

      In diesem Moment hebe ich meinen Kopf, streife mir die Haare aus dem Gesicht und blicke ihm tief in die Augen: „Schon mal etwas von Schattenwölfen gehört?“ Ich spüre, wie die dunkle Aura um mich stärker wird.

      Leader springt augenblicklich zurück: „Was zum Teufel bist du?“ Er verwandelt sich in einen großen braunen Wolf. „Macht euch bereit!“ Die letzte Bemerkung galt wohl seinem Rudel, das sich nun in drohende Position begibt.

      Ich hingegen bleibe ruhig und drehe in meiner menschlichen Gestalt kleine Kreise, während ich mir die verunsicherten Gesichter der Reihe nach ansehe: „Du fragst, was ich bin? Nun, du hast zuvor schon sehr richtig gelegen, als du gesagt hast, dass ich keine gewöhnliche Wölfin bin. Wie außergewöhnlich meine Rasse tatsächlich ist, hast du aber anscheinend noch nicht vermutet.“ Die schwarze Aura umspielt mich sanft und streicht über meinen Körper. „Ich bin das absolute Gegenteil alles Guten. Ich bin ein Schatten, ein Wesen höherer Ordnung. Und was am allerwichtigsten ist…“ Ich bleibe stehen und fixiere Leader. „Ich bin euer schlimmster Albtraum.“

      „Los, greift sie an!“ Seine verzweifelten Worte lassen das Gefecht beginnen. Ohne zu zögern, stürzt sich der erste Wolf auf mich, dem ich einen heftigen Schlag mit der Faust direkt auf die Schnauze verpasse. Er wird zurückgeschleudert, während man seine Knochen brechen hört. Eine weitere Wölfin versucht einen Angriff von hinten. Ich springe schnell zur Seite und packe ihre Hinterläufe. Dann drehe ich mich um die eigene Achse und schleudere sie gegen die Fassade eines Gebäudes. Man sieht nur noch eine Staubwolke, als sie zu Boden fällt.

      Als mich keiner mehr angreift und mich jeder nur noch verängstigt anstarrt, brülle ich sie an: „Was ist los mit euch? Kommt her! Zeigt mir, was ihr könnt!“ Plötzlich spüre ich einen harten Schlag auf den Hinterkopf. Sofort drehe ich mich um und will meinem Angreifer die Leviten lesen, aber in diesem Moment kommt schon eine andere Wölfin auf mich zugelaufen, der ich mich zuerst widme. „Zwei gegen einen? Na schön!“

      Ohne große Mühe fange ich die Wölfin ab und packe sie am Hals. Ich klemme den großen Wolfskopf unter meinem Arm ein und lasse nicht los. Die Wölfin knurrt und zappelt, aber ich bin stark genug, um sie zu halten. Leider bleibt der andere Wolf nicht tatenlos und verbeißt sich in meinem Unterschenkel. Der Schmerz ist enorm, aber ich weigere mich zu schreien. Mit einem einzigen Ruck breche ich der Wölfin das Genick und ihr lebloser Körper sinkt zu Boden. Voller Wut beißt der andere Wolf noch fester zu, reißt mein Bein in die Luft und schleudert mich in hohem Bogen über die übrigen Gegner hinweg.

      Ich lande unsanft im Staub und bleibe vorerst am Bauch liegen. Scheint wohl so, als hätte ich das Rudel etwas unterschätzt. In einem fairen Zweikampf könnte ich jeden von ihnen mit Leichtigkeit fertigmachen. Dazu müsste ich mich nicht einmal verwandeln. Aber was ist schon fair? Sie sind in der Überzahl und das ist ein enormer Nachteil für mich. Zum Glück habe ich meine ganze Stärke noch nicht gezeigt. Diese wird wohl jetzt zum Einsatz kommen müssen.

      Langsam richte ich mich wieder auf und blicke zu meinen Gegnern, die allesamt knurrend vor mir stehen. Leader kann ich nicht erkennen. Er dürfte sich versteckt haben. Was für ein Feigling. Na schön, erledige ich eben zuerst seine Anhänger und dann ihn selbst. Ihm wird es noch leidtun, dass er mir das eingebrockt hat.

      Aus dem Rudel hallt eine Frauenstimme hervor: „Hast du jetzt endlich genug? Gib auf!“

      Stolz und siegessicher stelle ich mich auf beide Beine und mache mich groß: „Aufgeben? Wieso denn? Es fängt gerade erst an, lustig zu werden.“ Den Schmerz in meinem Unterschenkel ignoriere ich. Die schwarze Aura hat sich an der Verletzung gesammelt und beschleunigt den Heilungsprozess. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich meine Gestalt ändern muss, um hier eine Chance zu haben.

      Somit sammle ich meine Kräfte. Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Meine Muskeln sind angespannt und meine Kampfeslust stärker denn je. Ich atme noch einmal tief durch. Dann geht alles blitzschnell. Mit einem Mal drücke ich mich vom Boden ab und verwandle mich im Bruchteil einer Sekunde in meine wahre Gestalt, in die schwarze Schattenwölfin. Ohne zu zögern laufe ich auf das Rudel zu. Sie haben mir kaum etwas entgegenzusetzen.

      Dem ersten Wolf, den ich am rechten Vorderlauf zu packen bekomme, beiße ich sofort den Knochen durch und schleudere ihn gegen den nächsten. Dann ramme ich zwei weitere, sodass auch sie den Boden unter den Füßen verlieren. Es sind aber noch immer viel zu viele. Ich muss mir Platz verschaffen, um sie der Reihe nach einzeln zu erwischen. Mit diesem Gedanken widme ich mich also weiteren Gegnern, die sich in meiner unmittelbaren Nähe befinden. Ich stoße einen nach dem anderen weg. Dabei verletze ich sie kaum, aber ich verschaffe mir Platz und vor allem Zeit.

      Als die Gruppe um mich kleiner wird, gehe ich einem Wolf an die Kehle. Seine Versuche, sich zu wehren, sind jämmerlich. Aus dem Augenwinkel sehe ich noch, wie ihm ein anderer helfen will. Sofort drehe ich mich nach rechts und reiße ihm eine tiefe Wunde in den Hals. Er fällt hustend zu Boden und spuckt Blut. Dieser wird sich nicht mehr wehren.

      Plötzlich spüre ich erneut einen Schmerz im linken Hinterbein, das sogleich nachgibt. Ein Blick hinter mich genügt, um mich zu vergewissern. Eine kleine Wölfin hat die Chance genutzt und im Eifer des Gefechts meine Schwachstelle erwischt. Sie hat ihre Zähne tief in mein Fleisch vergraben und denkt wohl nicht daran, wieder loszulassen. Instinktiv reiße ich meinen Kopf nach hinten und will mich wehren, als mich ein weiterer Wolf am Nacken packt. Mit großer Wucht reißt er mich zu Boden und verbeißt sich dabei in meinem Genick. Dann kommt noch ein dritter und rammt seine Klauen in meine beiden Vorderpfoten. Sie haben mich festgenagelt.

      Ich bin völlig wehrlos. Es bringt nichts, jetzt noch großartig zu zappeln oder zu knurren. Sie haben mich in ihrer Gewalt und das wissen sie auch. Nach und nach kommen die Wölfe, die ich zuvor bekämpft habe, näher und umzingeln mich. Die Blicke, mit denen sie mich ansehen, könnten verachtender nicht sein. Einige sind verletzt, manche schwerer als andere. Sie haben viele Tote zu beklagen. Ich rechne also nicht damit, dass ihr Urteil milde ausfallen wird.

      Würde mein linkes Bein nicht so sehr schmerzen, könnte ich mich eventuell nochmal aus der Sache rauskämpfen, aber leider kann ich es kaum belasten. Die Tatsache, dass die kleine Wölfin ihre Zähne noch immer in der Wunde hat, macht die Situation keineswegs angenehmer.

      „Jetzt ist sie wohl doch nicht mehr so stark, wie? War klar, dass sie keine Chance gegen uns hat. Leader wird stolz auf uns sein.“ Was bilden sie sich nur ein? Sind die tatsächlich stolz auf ihren Sieg über mich?

      Wütend zische ich sie an: „Wärt ihr nicht so dermaßen in der Überzahl, hätte ich euch allesamt mit Leichtigkeit erledigt! Es ist eine Schande, wie feige ihr seid!“ Die Wölfin zuckt zusammen, als ich das sage. „Da siehst


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