Maggie. Bettina Reiter

Maggie - Bettina Reiter


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Tisch. Krankheiten und ihre Entstehung, stand darauf. Wie langweilig. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Trudy.“

      „Und ich bereue es keinen Tag.“

      „Nach so vielen Jahren immer noch sauer? Das bringst wohl nur du zustande.“

      „Lass mich zufrieden, Donald.“

      „Gut.“ Er zog das Buch zu sich. „Ich wollte ohnehin lesen.“ Schon schlug er den Schmöker auf und vertiefte sich darin. Verstohlen musterte Trudy ihn. Diese McGarrets! Sie brachten nur Unglück, der eine wie der andere. Und so jemand war tatsächlich ihre erste große Liebe gewesen! Nun ja, einmal Playboy, immer Playboy. Donald ließ in jungen Jahren wahrlich nichts anbrennen und mit Siebzehn war sie zu naiv gewesen, um das zu durchschauen. Zumal sie ihm vertraute. Bis sie irgendwann erfuhr, dass er neben ihr noch einige Liebschaften am Laufen hatte.

      Was war sie verletzt gewesen und hatte sich wochenlang die Augen ausgeheult! Bis sie Harry getroffen und geheiratet hatte. Es waren schöne Jahre an seiner Seite gewesen, denen der Tod jedoch ein jähes Ende setzte. Danach war sie ins Bodenlose gestürzt. Ausgerechnet in jener Zeit lief ihr Donald erneut über den Weg. Inzwischen ebenfalls Witwer. Sie hatten eine heimliche Affäre begonnen, denn leider rostete alte Liebe nicht, wie sie auch jetzt bemerkte. Ihre Hormone meldeten sich mit Pauken und Trompeten aus dem Nirvana zurück.

      Donald sah aber auch zu gut aus in seinem petrolfarbenen Poloshirt. Das graue volle Haar glänzte in der Sonne, um seine graublauen Augen gruben sich viele kleine Fältchen und sein Gesicht war gebräunt, wie vermutlich der Rest seines Körpers. Ja, sie wusste nur allzu gut, wie nahtlos braun er früher gewesen war, denn die Nächte mit ihm gehörten zu den aufregendsten in ihrem Leben. Wobei sie auch die Tage dazuzählen musste. Sie hatten Sex gehabt, wann und wo immer es ging. Sogar in seiner Praxis …

      Bis Donald sie ein zweites Mal in den Wind schoss. Per SMS. Statt dass er plausible Gründe genannt hätte, schob dieser Feigling seine Arbeit vor. Dass sie nicht lachte! Und als wäre das nicht genug, hatte sie sogar Maggie belogen, denn in all den Jahren trauerte sie nicht nur um Harry, sondern auch Donald hinterher. Von ihrer Ausrede bezüglich der Ärzte in Redruth völlig zu schweigen. Als ob sie je ein Problem damit gehabt hätte, dass sie jemand nackt sah, was Donald sofort bestätigen könnte.

      Trudys Wangen brannten, während sie zum Park blickte. Sanft schwangen die Äste der uralten Eichen im Wind. Schmetterlinge flatterten zu den gelben Heckenrosen neben einer weißen Bank, auf der es sich gerade ein alter Mann mit einer Bierdose gemütlich machte.

      Erneut nahm Trudy ihre einstige Liebe in Augenschein. Donald las nach wie vor im Buch. Was hatte sie sich bei ihrem zweiten Versuch alles ausgemalt! Sie wollte mit ihm verreisen, mit ihm zusammenleben und träumte von einer rosaroten Zukunft. Bedauerlicherweise war sie Donald nie wichtig gewesen. Dabei hatte sie zu diesem Zeitpunkt sogar mit dem Gedanken gespielt, endlich reinen Tisch zu machen und Maggie von ihm zu erzählen. Gottlob hatte sie es nicht getan!

      Ihre Tochter wusste bis heute nichts und das sollte so bleiben. Darum hatte sie erst gar nicht versucht, ihr Finley einzureden. Sie wusste ja am besten, wessen Sohn er war. Maggie schien um einiges schlauer als sie und hatte rechtzeitig die Notbremse gezogen.

      Eine Kellnerin kam und nahm Donalds Bestellung auf. Als die junge blonde Frau davoneilte, schlug er das Buch zu und schob es zur Mitte des Tisches, knapp neben den weißen Porzellan-Zuckerstreuer.

      „Ist finde es lächerlich, wie wir uns verhalten, Trudy.“

      „Wenn es dir nicht passt, dann geh doch.“

      „Und wenn ich nicht will?“ Mit einem hilflosen Ausdruck im Gesicht lehnte er sich zurück. „Du hast keine Ahnung, wie lange ich schon mit dir reden möchte. Als ich dich vorhin hier alleine sitzen sah, musste ich diese Chance ergreifen. Zumal ich es für ein Zeichen hielt, dass alle Tische besetzt waren.“

      „Was kommt als Nächstes? Das übliche Gesülze, um mich ins Bett zu kriegen?“

      „Ob du es glaubst oder nicht, ich konnte dich nie vergessen.“

      Damit hatte sie nicht gerechnet und kam kurz aus dem Konzept. „Sagt der, dem ich lediglich eine SMS wert gewesen bin. Übrigens waren es exakt zwanzig Worte: Tut mir leid, aber ich kann das nicht. Neben meiner Arbeit ist kein Platz für eine Beziehung. Es ist aus“, zitierte sie die Worte, die sich in ihre Seele gebrannt hatten.

      „Du kennst meine Nachricht auswendig?“, wunderte er sich.

      „Ist kein Kunststück. Selten habe ich so eine gequirlte Scheiße gelesen. Das vergisst man nicht“, rechtfertigte sie sich. „Komm deshalb nicht auf die blöde Idee, dass ich mir das nur gemerkt habe, weil ich dich so sehr geliebt hätte.“

      „Hast du nicht?“

      „Du bist echt eingebildet, Donald!“

      „Nein, es ist nur … ich habe nie aufgehört dich zu lieben, Trudy.“ Konnte er nicht woanders hingucken, als in ihre Augen?

      „Ich lasse mich nicht mehr von ein paar schönen Worten weichkochen.“ Ihr Blut war offenbar anderer Meinung. Das jagte durch ihre Adern, als wäre es auf der Flucht vor Bakterien. Fehlte noch, dass sie neuerlich auf diesen Vollpfosten hereinfiel.

      „Ich sage nur, wie es ist. Dich zu verlassen war mein größter Fehler. Und ja, ich hätte dir alles erklären müssen. Das ist mir während meines langen Krankenaufenthaltes klargeworden.“ Mit den Unterarmen stützte sich Donald am Tisch auf, wodurch er unweigerlich näher rückte. Aber wenn er glaubte, dass sie zurückweichen würde, hatte er sich gründlich geschnitten. „Es tut mir leid, Trudy.“

      Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Das kommt einige Jahre zu spät, findest du nicht?“

      Die Kellnerin servierte ihm den Cappuccino. „Ich hatte meine Gründe, Trudy.“

      „Deine Arbeit, ich weiß“, stieß sie aus, während die Angestellte am Nebentisch das leere Geschirr abräumte und ein junges Pärchen verabschiedete.

      Donald griff zum Zuckerstreuer und süßte den Cappuccino in gewohnt verschwenderischer Manier. „Das mit der Arbeit war gelogen, obwohl ich in den letzten Jahren tatsächlich nur für die Praxis gelebt habe. Auch, um dich zu vergessen.“

      „Blödsinn!“ Was hatte er vor? Wollte er sie um den Finger wickeln, weil sich sonst keine fand, der er diesen Mist erzählen konnte?

      „Es ist aber so.“ Mit Nachdruck stellte Donald den Streuer ab. „Du warst meine erste Liebe, aber ich hab’s vergeigt, und Hazel geheiratet. Natürlich habe ich sie geliebt, trotzdem war es nie so wie mit dir. Zumal ich immer irgendetwas vermisste, ohne zu wissen, was genau das war. Erst als ich dich einmal von weitem sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Vielleicht habe ich Maggie deswegen so gerngehabt, weil sie ein Teil von dir ist. Einmal habe ich deiner Tochter sogar einen sündhaft teuren Bilderrahmen zu einem Spottpreis verkauft“, brüstete er sich.

      „Richtig. Das alte Ding stammt von dir.“

      „Das alte Ding ist aus dem Nachlass eines Tempelritters“, empörte er sich.

      „Und wenn dieser Kitsch von Jesus persönlich wäre, fände ich ihn immer noch potthässlich.“

      Bevor sie reagieren konnte, rückte er ein weiteres Stück näher. Toll, jetzt berührten sich zu allem Übel ihre Knie, was Trudys Unterleib wohlige Schauer entlockte. Himmel, dieser Mann schreckte vor gar nichts zurück und wusste nur zu gut, welche Knöpfe er drücken musste.

      „Ich hatte gesundheitliche Probleme“, gestand Donald leise und kratzte sich am Unterarm. „Deshalb trennte ich mich von dir, denn das konnte ich dir unmöglich zumuten.“

      Sofort kam ihr Alec in den Sinn. Donalds Frau Hazel, die ebenfalls an Krebs verstorben war. „Selbst wenn, scheinbar traust du mir ziemlich wenig zu“, warf sie ihm vor. „Egal, welches Problem du gehabt hast, damals wäre ich ohne Wenn und Aber für dich dagewesen.“

      Zweifelnd schaute er sie an. „Mein Problem ging aber tiefer, Trudy.“


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