Mythos, Pathos und Ethos. Thomas Häring

Mythos, Pathos und Ethos - Thomas Häring


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tolle Amt anzunehmen und der sagte zu. Irgendwie schon spannend, was in der Politik alles möglich ist. Auf jeden Fall freuten sich viele Leute in der Partei darüber, daß die Zeit der "Basta-Politik" und die von Befehl und Gehorsam endlich vorbei zu sein schien. Es würde wieder mehr miteinander als übereinander geredet werden, hatte man sich vorgenommen und gute Vorsätze waren ja das Schönste und Wichtigste überhaupt.

      Doch damit nicht genug, denn es gab in München einen Trittbrettfahrer, der die Gunst der Stunde nutzte und dem Dan aus dem Sauerland folgte. Egmont Sträuber hatte keinen Bock mehr auf die Gerkel und ihre CDU-Pygmäen in Berlin, weshalb er den Rücktritt Mützewirsings vom Parteivorsitz der SPD als Ausrede hernahm, um selbst nicht nach Berlin gehen zu müssen. Daraufhin brach in Bayern das große Chaos aus, denn Blackschein hatte sich schon so auf seinen neuen Job als Ministerpräsident von Bayern gefreut gehabt und die CSU-Abgeordneten waren überhaupt nicht begeistert von der Aussicht, wieder von Sträuber geschurigelt zu werden. Es ging also mal wieder, wie so oft, drunter und drüber im Freistaat.

      18.11.2005: Und jedem Anfang wohnt ein Frauder inne. In jenem Fall waren es sogar derer zwei, doch nur einer von ihnen hatte als neuer Fraktionschef der Union wirklich was zu melden. Endlich wurde der Koalitionsvertrag der Großen Koalition unterzeichnet, die noch wenige Wochen zuvor für große Konfusion gesorgt hatte. Doch nun hatte sich alles beruhigt und man konnte miteinander auf vier gute Jahre anstoßen, auch wenn es gleich zu Beginn Streit gab, da Gesundheitsministerin Ursula Schnidt anscheinend vom Koalitionskurs abzuweichen gedachte. Nichtsdestotrotz freute man sich darüber, eine Einigung erzielt zu haben, Andrea Gerkel fieberte ihrer Wahl zur ersten deutschen Bundeskanzlerin entgegen und die Menschen in Deutschland waren froh darüber, daß bald endlich wieder regiert werden würde.

      In Bayern herrschte das Chaos. Sträuber wollte sein Kabinett umbilden, die Freien Wähler träumten vom Einzug in den Bayerischen Landtag und hofften auf einen Sieg gegen die angeschlagene CSU, um dann gemeinsam mit SPD und Grünen regieren zu können. In den Umfragen erreichte die CSU gerade mal noch 45 Prozent der Wählerstimmen und das sorgte für Verärgerung bei den CSU-Granden. Von Sträuber wollten auch die Wähler nicht mehr viel wissen, er hatte jede Menge wiedergutzumachen, aber ob er das Vertrauen, das er verloren hatte, wiedergewinnen würde, war eine ganz andere Frage. Was für eine Tragödie!

      Ende 2005: Ein turbulentes Jahr ging zu Ende, es war viel passiert. Schräder war nach sieben Jahren an der Spitze der Bundesregierung nicht mehr Kanzler, Andrea Gerkel führte eine Große Koalition an, Tobias Glatzeck war neuer SPD-Chef und damit der Aufsteiger des Jahres, der große Verlierer hieß Egmont Sträuber, welcher als Superminister nach Berlin hatte gehen wollen und als Suppenkasper nach Bayern zurückgekehrt war. Rot-Grün regierte in keinem einzigen Bundesland mehr, ein Bayer war Papst geworden und bei dem hatte sich Sträuber ausgeheult und über die Gerkel beschwert, was für ein Jahr! Es gab mit der Linken eine neue Partei im Bundestag, die FDP war trotz 9,8 % der Wählerstimmen der große Verlierer der Bundestagswahl und die Deutschen lehnten sich zurück, atmeten tief durch und hofften darauf, daß es fortan wieder ruhiger sowie gemütlicher zugehen würde.

      05.10.2013: Die Ideen des Nerz

      Egmont Sträuber saß mal wieder in der Bayerischen Staatskanzlei und schimpfte vor sich hin: "Diese blöde Gerkel! Nur weil die mich auflaufen hat lassen, stehe ich jetzt da wie der letzte Depp, mußte vor meinen eigenen Fraktionshanswurschten Abbitte leisten und wurde zum Verlierer des Jahres 2005 gekürt. Eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen! Aber die werden sich noch umschauen dort droben in Berlin, denn wenn die meinen, daß ich jetzt buchstäblich weg vom Fenster wäre, dann haben sich die aber schwer geschnitten." Das waren ausgesprochene Drohungen, die der gute Mann nicht ohne Grund von sich gab, denn das Brüllen des bayerischen Löwen war doch wesentlich leiser geworden. In Berlin regierten Feehoffer und Glas als Minister im Bundeskabinett mit; irgendwie schon auch eine besondere Ironie der Geschichte, daß sowohl Gerkel als auch Sträuber ihren Willen durchgesetzt hatten. Andrea hatte unbedingt Glas als Minister haben wollen, um Feehoffer zu verhindern, Sträuber dagegen hatte auf Feehoffer gepocht gehabt. Durch seinen eigenen Rückzug saßen nun Beide als Minister in Berlin, von daher hatte es, was die Personalgeschichte anging, ein Remis zwischen Egi und Angie gegeben. Zugegeben, man könnte das als Schattenboxkämpfe abtun und darauf verweisen, daß es sich bei CDU und CSU um Schwesterparteien handelte, die zusammen gegen den politischen Gegner agierten, doch in Wirklichkeit war es natürlich so wie in jeder Familie: Selbstverständlich achtete die kleinere Schwester immer ganz stark darauf, nicht benachteiligt zu werden und so war es auch in jenem Fall. Wir befanden uns im Jahre 2006, Ende März um genau zu sein und in Deutschland hatten am vorangegangenen Wochenende sage und schreibe drei Landtagswahlen stattgefunden gehabt. Sträuber für seinen Teil hatte das Ganze wie immer mit Interesse beobachtet gehabt und ließ sein CSU-Präsidium in einem seiner äußerst beliebten Kurzvorträge Folgendes wissen: "Wir von der Union können durchaus zufrieden sein. Die CDU in Baden-Württemberg hätte beinahe die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag erreicht, ein tolles Ergebnis für unseren Freund Harald Froettinger. Unsere Südschiene wird deshalb natürlich auch weiterhin Bestand haben und unsere beiden Länder werden die Lokomotiven für Deutschland sein, so wie es in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch gewesen ist. Die SPD ist brutal abgestraft worden, wofür weiß ich jetzt auch nicht so genau, auf jeden Fall sind die Sozen drüben meilenweit von der Regierungsübernahme entfernt, genauso wie bei uns hier halt." Gelächter kam auf. "Ruhe! Ich möchte noch darauf hinweisen, daß es für uns von der CSU natürlich schon auch wichtig war, daß die CDU im Ländle weiterhin einen Koalitionspartner braucht, sonst hätten sich unsere Freunde in der Union am Ende gar noch eingebildet, sie würden mit uns auf einer Stufe stehen. Das können sie natürlich vergessen, denn die Partei der absoluten Mehrheiten in Europa war, ist und bleibt die CSU." Beifall kam auf. "Gut, daß die FDP und die Grünen drüben zugelegt haben, das spielt für uns jetzt keine große Rolle, Froettinger wird definitiv weiter mit den Liberalen koalieren, nur gut, daß es bei uns so was nicht gibt und auch nie geben wird, denn bei uns hier in Bayern kommt die FDP nicht mal in den Landtag, die wird hier einfach nicht gebraucht, denn die Partei, welche die Wirtschaft in Schwung bringt und hält, ist selbstverständlich unsere CSU." Zustimmendes Nicken war zu sehen. "Genug dazu. In Rheinland-Pfalz hat es für unsere Freunde von der CDU leider nicht gereicht, ganz im Gegenteil. Der absolute Supergau ist eingetreten, denn weil die blöden Grünen die Fünf-Prozent-Hürde nicht übersprungen haben, kann der dicke Pfälzer, damit meine ich jetzt nicht unseren geschätzten Altbundeskanzler Fohl, sondern Bert Kuck, in Zukunft allein regieren. Die CDU und die FDP sind in der Opposition gelandet, kein wirklich erfreuliches Ergebnis. Aber in Rheinland-Pfalz hat das leider schon eine jahrelange Tradition und wenn ich mir das Spitzenpersonal von der CDU dort so anschaue, dann wundert mich das kein bißchen." Sträuber schwieg für einen Moment, den der Eine oder Andere für ein kurzes Gähnen oder einen unauffälligen Blick auf die Uhr nutzte, während sich Meister Ege einen Schluck Wasser gegönnt hatte. "Keine Sorge, meine lieben Freunde, ich bin gleich fertig. In Sachsen-Anhalt wird es zukünftig eine Große Koalition unter CDU-Führung geben, was wir von der CSU ausdrücklich begrüßen, denn auf rot-rote Experimente darf und sollte man sich dort nicht einlassen. Die FDP wurde dort richtiggehend zerlegt, da sollten sich die Liberalen auch mal so ihre Gedanken machen, aber das ist jetzt ganz bestimmt nicht unser Problem. Gut, das zu den Wahlergebnissen, was bedeuten sie aber für unsere Große Koalition im Bund?" Sträuber schaute fragend in die Runde. Keiner traute sich eine Antwort zu geben, weil eh klar war, daß der Chef ohnehin alles besser wußte, weshalb man ihn einfach weiter labern ließ. "Die CDU und die SPD haben insgesamt betrachtet durchwachsene Ergebnisse erzielt, anscheinend hat sich keine der beiden Parteien in der Koalition in Berlin sonderlich oder außerordentlich profilieren können und das hat für die zukünftigen Landtagswahlen einen großen Vorteil." Alle horchten auf, bis auf jene, die schon längst abgeschaltet hatten und deshalb auf ihren Handys herumspielten. "Die Landtagswahlen werden, solange in Berlin CDU und SPD gemeinsam regieren, richtige Landtagswahlen sein und keine Abrechnung für Regierungshandeln in Berlin, eben weil wir Schwarzen und die Roten dort zusammenarbeiten. Es gibt also die erfreuliche Aussicht, daß in den nächsten Jahren überwiegend die landespolitische Komponente bei den Landtagswahlen die Hauptrolle spielen wird und das ist natürlich sehr zu begrüßen." Sträuber hatte fertig, ließ den huldvollen Beifall noch


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