Mythos, Pathos und Ethos. Thomas Häring
doch ich vergesse nichts. Am schlimmsten waren für mich diese langhaarigen Weltverbesserer, von denen es gegen Ende der sechziger Jahre immer mehr gab. Für mich waren jene obskuren Gestalten von Anfang an Terroristen und die Geschichte hat eindrucksvoll gezeigt, daß ich mit meiner damaligen Einschätzung von Anfang an richtig gelegen hatte. Alles Bombenleger!
Es war im Jahre 1969, als die FDP die Union verriet und sich den Vaterlandsverrätern Rand, Bar und Dehner anschloß. Daß sie dabei mit 5,8 % schon beinahe unter die Räder der parlamentarischen Demokratie geraten und somit ebenfalls ein Teil der Außerparlamentarischen Opposition (APO) geworden wäre, schien sie dabei nicht im Geringsten zu stören. Man manövrierte "König Silberzunge", wie Bundeskanzler Niesinger seinerzeit oft genannt wurde, geschickt aus und Billy Rand alias Hubert Farm alias Exilant alias Vaterlandsverräter alias norwegischer Soldat übernahm das Kommando. Und wie! Er verkaufte unsere Heimat an den Feind und zwar umsonst, er schenkte einfach alles her, was nicht niet- und nagelfest war, er kroch den Russen in den Arsch und war danach nicht etwa braun, sondern noch roter als je zuvor. Dreckige Schweinebande!
Klar, jetzt kämen wieder die Anderen daher und würden behaupten, der Braus wäre viel schlimmer gewesen und hätte das deutsche Volk sowie insbesondere die Bayern noch viel mehr verarscht. Und wenn schon? Aber der Braus, der war unser Bazi, auf den ließen wir nichts kommen.
Kein Wunder, daß sich die Stasi so über den Rand freute, daß sie ihm auch gleich einen eigenen Spion an die Seite stellte, weshalb der schreckliche Kerl zum Glück 1974 endlich zurücktreten mußte. 1976 trat dann der neue Bundeskanzler Hartmut Schritt gegen den Hartmut der CDU, den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Fohl an. Fohl erreichte sensationelle 48,6 % der Wählerstimmen, aber es reichte wieder nicht für die Union, denn SPD und FDP hatten zusammen etwas mehr. Sauerei!
Ja, das waren noch Zeiten, als es quasi nur drei Parteien gab, die von den Leuten gewählt wurden. 1980 versuchte es dann mein neues Idol Hans Werner Braus, der von den Linken immer wieder mal mit Adolf Hitler verglichen wurde. Das gefiel ihm nicht sonderlich, ich dagegen war begeistert und wählte ihn voller Überzeugung. Braus schaffte mit über 44 Prozent sogar mehr als der gute Adolf, aber neuer Führer, äh Bundeskanzler, wurde er trotzdem nicht und das nur, weil die blöde FDP ihn nicht leiden konnte und deshalb weiterhin in der Koalition mit der SPD blieb, obwohl es ihr dort schon längst nicht mehr gefiel.
Erst 1982 wechselte die FDP wieder zur Union und von da an war Hartmut Fohl bis 1998 deutscher Bundeskanzler.
Ich persönlich fand den Dicken in Ordnung, er war zwar nicht der geborene Führer, aber wenigstens ein Machtmensch und er war länger im Kanzleramt als alle seine Vorgänger, außer vielleicht Bismarck, das weiß ich jetzt nicht so genau. Fohl wurde zwar nie mein Idol, aber er vergrößerte das deutsche Territorium im Jahre 1989/90 gewaltig und verdiente sich so meinen Respekt. Auch unsere neuen, alten Landsleute fand ich anfangs ziemlich brauchbar, vor allem als ostdeutsche Neonazis Anfang der 90er Jahre damit begannen Ausländer zu jagen. Der braune Spuk hatte allerdings leider schon bald ein Ende, aber immerhin sorgte er dafür, daß das Asylrecht gewaltig verschärft wurde.
Braus starb leider schon 1988 mit 73 Jahren, dabei war der Wadenhauer in dem Alter gerade erst Bundeskanzler geworden, es gibt schon manchmal wirklich merkwürdige Zufälle im Leben. Es entstand ein Vakuum bei den Christsozialen, welches jene mit Schreibl und Baigel nicht ausreichend füllen konnten, so daß plötzlich meine Freunde von den Republikanern erstarkten und große Wahlerfolge feierten. Leider dauerte das auch nicht lange.
Die 16 Jahre unter Hartmut Fohl und seiner schwarz-gelben Koalition habe ich in einer relativ angenehmen Erinnerung. Hauptsache, die Linken waren und kamen nicht an die Macht, das war für mich das Wichtigste.
Privat hatte sich bei mir auch einiges getan, ich hatte mir eine Haushälterin angelacht und mit der lauter schweinische Sachen gemacht, zum Beispiel gekocht. Leider war sie der deutschen Sprache nicht richtig mächtig, sonst hätten wir uns noch besser verstanden. Klar, jetzt werden Sie wahrscheinlich hervortreten, mit dem Finger auf mich zeigen und schimpfen: "Was ist denn das für ein falscher Nazi? Läßt sich da von einer Ausländerin bedienen!", aber was blieb mir denn Anderes übrig? Deutsche Frauen wollten von mir nichts wissen, die ließen sich lieber mit den amerikanischen Besatzern ein und wenigstens war ich der deutsche Arbeitgeber und damit der Chef in jener Konstellation. 1998 war für mich das schlimmste Jahr seit 1945, denn wir verloren die Macht an die Linken, noch dazu an die rot-grünen Chaoten, denen vor gar nichts grauste, ich schreibe nur Homo-Ehe, dann wissen gleich alle Bescheid. An die letzten 15 Jahre kann ich mich zum Glück nicht mehr wirklich erinnern, das sollen Andere übernehmen, das tu ich mir freiwillig nicht an.
Ja, meine Lieben, bald werden die Letzten von meiner Sorte ausgestorben sein, genauso wie die ehemaligen KZ-Häftlinge, deren Geschichten sich die Medien immer wieder freiwillig und gerne anhören, dabei sind die doch stinklangweilig. Außerdem finde ich es total ungerecht und typisch für die Siegerjustiz, daß meinen Kameraden, die allesamt auch schon fast 90 oder älter sind, heutzutage noch der Prozeß gemacht wird. Was für eine Schande! Nur gut, daß niemand so genau weiß, was ich vor und im Krieg so alles angestellt habe, sonst würde es mir wahrscheinlich auch noch an den Kragen gehen.
Wie dem auch sei, ich bin nun so frei, mich von Ihnen zu verabschieden, und lasse Sie ab jetzt in Frieden. Heil Gerkel? Nein, das kann ich nicht, die ist eine Frau, aus dem Osten, evangelisch und geschieden, so eine darf doch dieses Land nicht regieren, aber sie tut es ja schon seit acht Jahren, das ist nicht mehr mein Deutsches Reich, mir werden gleich die Knie weich.
Schlimm genug, so etwas, aber daß in den USA seit fast fünf Jahren ein Neger an der Spitze des Staates steht, das ist ja wohl die größte Ungeheuerlichkeit des dritten Jahrtausends! Und wer serviert dem und seiner Familie dann das Essen? Wahrscheinlich ein Weißer, ich bin entsetzt und empört, das ist doch wirklich unerhört, sind die da drüben schon so gestört?
Schon gut, ruhig Blut, ich soll mich nicht immer so aufregen, hat mein Arzt hier zu mir gesagt, wenn der wüßte, daß ich nur deshalb so alt geworden bin, weil ich mich andauernd so massiv aufgeregt habe. Wie auch immer, es wird bestimmt noch schlimmer, ich für meinen Teil, trete jetzt gleich ab, machen Sie’s gut und Heil!
3,75 Jahre Süddeutscher Zeitdung
Ende März 2002: Was für ein Drama! Großes Theater im Bundesrat. Abgestimmt werden sollte über das neue Zuwanderungsgesetz, das Rot-Grün durchsetzen, die Union aus CDU/CSU jedoch verhindern wollte. Hinter den Kulissen wurde fleißig Stimmung gemacht und manipuliert, am Ende lief es auf ein Duell zwischen Bundeskanzler Bernhard Schräder (SPD) und seinem Herausforderer, dem bayerischen Ministerpräsidenten Egmont Sträuber (CSU) hinaus. Es wurde mit harten Bandagen gekämpft und irgendwie mauschelten sich die Sozialdemokraten ins Ziel, indem sie das unterschiedliche Votum des Landes Brandenburg, in dem eine SPD/CDU-Koalition regierte, durch das Votum des Ministerpräsidenten Stolpe (SPD) aufheben ließen. Handelte es sich dabei um einen Pyrrhussieg der Roten oder doch eher um einen taktisch genialen Schachzug?
Die Unions-Ministerpräsidenten jedenfalls empörten sich lebhaft, doch als wenige Tage später herauskam, daß es sich dabei um ein Schauspiel gehandelt hatte, wuchs die Empörung der Bevölkerung, welche ihren Staatsschauspielern fortan noch weniger glauben wollte als zuvor. Ja, der ach so erhabene Bundesrat war zweifellos für parteitaktische Spielchen mißbraucht worden, aber irgendwie konnte man das auch nachvollziehen, denn gut fünfeinhalb Monate später sollte die Bundestagswahl stattfinden, in der es mal wieder für alle Parteien um alles ging.
20. Juli 2002: Es war vollbracht, ein weiterer Widerstandskämpfer hatte aufgeben müssen. Bundesverteidigungsminister Alf Paarping von der SPD war von seinem Chef, Bundeskanzler Schräder, gefeuert worden und fast alle atmeten erleichtert auf. Schließlich hatte sich der ehemalige SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende in den vergangenen Jahren immer unbeliebter und unmöglicher gemacht gehabt. Auf so einen Ballast im anstehenden Bundestagswahlkampf konnte und wollte man gerne verzichten. Außerdem erinnerte man sich auch noch schaudernd an die vergeigte Bundestagswahl 1994, in der Paarping als Kanzlerkandidat für die Sozialdemokraten angetreten und deutlich hinter allen Erwartungen zurückgeblieben war. Nein, der Alf wagte an jenem