SAII-RON. Casy Paix

SAII-RON - Casy Paix


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ich dich erschreckt habe.“

      Die dunkle, warme Stimme hinter mir ließ mich vor Erleichterung fast wieder in Tränen ausbrechen.

      „Krischan!“

      Ich wirbelte zu dem Mann mittleren Alters herum und drückte mich fest in seine Umarmung.

      „Krischan ich bin so froh, das du da bist. Die Fremden! Sie haben alle getötet! Mama …“

      Meine Stimme kippte und tiefe Schluchzer erschütterten meinen ganzen Körper. Wieder ertönte ein tiefes, böses Grollen.

      Ich spürte, wie Krischan sanft mit seiner Hand über meinen Kopf fuhr und leise, beruhigende Worte murmelte.

      „Es tut mir so leid Layra. Ich konnte nicht schneller hier sein. Als ich den schwarzen Rauch am Himmel bemerkte, habe ich mich sofort auf den Weg gemacht. Doch trotz aller Eile, gibt es nun mal nur den Pfad über die Berge. Du weist selbst wie umständlich und lang der Weg auf die andere Seite ist. Es grenzt an ein Wunder, das ich die Rauchschwaden heute Morgen überhaupt gesehen habe.“

      Krischans ruhige Stimme half mir mich wieder etwas zu beruhigen.

      Widerwillig ließ ich ihn los und trat einen kleinen Schritt zurück. Ich hatte Krischan schon lange Zeit nicht mehr gesehen, doch sein Aussehen hatte sich nicht verändert. Seine braunen Haare gingen nahtlos in einen dichten Bart über und in ebenso erdfarbene Bekleidung. Krischan legte mir seinen Arm um die Schulter und der Geruch von warmen Leder und Wald hüllte mich ein.

      „Kleines du zitterst! Du musst müde, durstig und am Ende deiner Kraft sein. Nach dem was du heute miterlebt hast, ist das kein Wunder. Setzt dich noch einen Moment hin! Bevor wir gehen müssen wir noch etwas sehr Wichtiges klären“

      Ich blickte fragend zu ihm hoch und mit einem Mal fiel mir der riesige Drache wieder ein. Über die Wiedersehensfreude mit Krischan hatte ich ihn völlig vergessen. Wie konnte das nur passieren?

      „Nun zu dir! Jage dem Mädchen keine Angst ein, sondern komm her!“

      Meine Augen weiteten sich vor Schreck und Unglauben. Hatte Krischan dem Drachen gerade einen Befehl erteilt? Kannte er ihn etwa? Noch während mir die beiden Gedanken durch den Kopf gingen, bewegte sich der Feuerdrache vor uns. Zuerst begann das Licht sich in immer schneller werdenden Kreiseln zu drehen, nur um sich dann um ihn herum immer dichter zusammenzuziehen. Seine Silhouette verschwamm und nahm Schritt für Schritt, den er näher kam, die Form eines Menschen an.

      Meine Hand krallte sich unbewusst in Krischans Ärmel, doch es schien ihn nicht sonderlich zu stören. Er musterte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen den sich nähernden Drachen.

      Was passiert hier? Ein Drache, der sich dem Befehl eines Menschen beugt und sich wandelt!

      In der Region, in der ich lebte, kam es ganz selten vor, das man einen Drachen über den Himmel fliegen sah. Geschweige denn einen Drachenwandler gegenüber stand.

      „Schon lange nicht mehr gesehen, Tschaikor!“

      „Lange ist gar kein Begriff alter Mann!

      Der Mann vor mir fesselte meine Aufmerksamkeit.

      Angefangen von seinen wohlgeformten Beinen, die in einer schwarzen Hose steckten, weiter zu seiner schlanken Taille bis zu seiner stattlichen Größe. Als er näher kam, sah ich das Spiel seiner Muskeln unter seinem leicht geöffneten Hemd. Ich legte den Kopf in den Nacken um auch sein Gesicht betrachten zu können, wobei es mir schwerfiel sein Alter einzuschätzen. Sein weißes Haar stand im starken Kontrast zu seiner makellosen Haut. Vielleicht war er nur ein paar Jahre älter als ich oder aber so alt wie Krischan oder gar noch älter. Sein Anblick zog einen wahrhaftig in seinen Bann.

      „Schließe deinen Mund Kind! Es ist unhöflich jemand so anzustarren. Noch dazu, wenn du die Person nicht einmal kennst.“

      Ich klappte nach Krischans leichten Tadel schnell meinen Mund wieder zu und senkte schuldbewusst den Kopf.

      „Du hältst dich selbst nicht an Höflichkeiten Krischan! Kein Wunder das dein kleines Prinzesschen hier, bis jetzt anscheinend noch nichts dergleichen gelernt hat.“

      Die verächtliche Stimme des Mannes ließ mich verstohlen nach oben blinzeln. Grasgrüne Augen musterten mich interessiert, bevor sein Blick wieder zu Krischan zurückglitt.

      „Wie ich sehe haben ein paar Jahrzehnte Abgeschiedenheit deiner Arroganz keinen Abbruch getan.“

      Die Spannung zwischen den beiden Männern nahm spürbar zu und ich wollte gerade aufstehen, als ich abermals von Krischans Hand zurückgehalten wurde.

      „Dein Vater wird sehr erfreut sein das du …“

      „Mein Vater! Das Letzte was mein Vater sein wird, ist tot! Denn ich werde diesem Verräter eigenhändig sein Genick brechen“, zischte der Mann wütend.

      Krischan lachte leise und hob beschwichtigend die Hände.

      „Wie der Vater so der Sohn, Tchaikor. Nun euer Wiedersehen wird sowieso noch etwas warten müssen. Wie das Schicksal so will, müssen wir wohl unsere Streitigkeiten erst mal begraben und uns auf das vor uns Liegende besinnen.“

      Mit diesen Worten strich Krischan erneut leicht über mein Haar und lächelte mich dabei aufmunternd an.

      „Sieht wohl so aus! Ich hatte auch nicht damit gerechnet das ich nach all diesen Jahrzehnten, das Erste, das ich sehe, das Gesicht eines alten Mannes und das eines verängstigten Kindes ist. Eigentlich wollte ich zwischen den Beinen einer wohlgeformten Frau in meiner menschlichen Gestalt zurückkehren. Wovon du … noch Jahre entfernt bist Prinzesschen.“

      Der Mann lächelte mich herausfordernd an und zog seine Augenbrauen leicht nach oben. Erwartete er wirklich eine Antwort von mir?

       Wenn ich nicht so einen Durst hätte, würde ich dir schon ein paar Worte sagen und du könntest dich auf etwas gefasst machen, du … du eingebildeter Bastard!

      Ein tiefes Lachen glitt über mich und ich sah den großen Mann vor mir unsicher an.

      „Ganz nett Prinzesschen, ich glaube, ich werde jede Menge Spaß mit dir haben! Anscheinend schlummert in dir doch etwas Wildheit. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis du sie mir zeigst.“

      Er war in meinem Kopf! Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! Meine Augen weiteten sich vor Unglauben. Zeitgleich begann mein Herz schneller zu schlagen und ich schüttelte leicht den Kopf. Der Mann verzog seine Lippen zu einem schmalen Lächeln. Sein Blick schweifte kurz zu dem kleinen Lederbeutel an meiner Hüfte. Doch ohne eine Gefühlsregung zu zeigen wandte er sich zu Krischan um.

      „Ich denke, wir sollten es langsam hinter uns bringen. Ich habe nicht vor hier noch länger herumzustehen. Ich habe genau wie sie Hunger, Durst und ich brauche eine Frau zwischen meinen Beinen. Zu meinem Leidwesen hat man sie aber allen Anscheins nach nicht wirklich auf ihre Aufgabe vorbereitet. Wie kommt es Krischan, das ich nach so unendlich vielen Jahrzehnten vor einem unwissenden Kind stehe, um mit ihm einen Pakt einzugehen?

      Ihre Verletzlichkeit und Unschuld umhüllen sie und machen mich zu einem gewissen Grad sehr reizbar!“

      „Nun Tchai es kommt meistens nicht so, wie man denkt! Und es ist das eingetroffen mit dem wir alle nicht gerechnet haben. Layras Mutter, die Hohepriesterin, hatte anscheinend nicht mehr die Zeit dazu sie auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Die Fremden, die heute Morgen ihr Dorf überfallen haben wussten von Saii-ron. Layra Kleines, beantworte mir bitte nur eine Frage. Was genau hat deine Mutter zu dir gesagt, als sie dir Saii-ron gab?“

      Krischan kniete sich neben mich und legte beide Hände auf meine Schultern. Ich sah in sein gutmütiges Gesicht und versuchte die letzten Worte meiner Mutter wiederzugeben.

      „Sie sagte noch, ich solle auf keinen Fall den Kristall ansehen. Und ich soll zum Turm der Drachen gehen. Dort würden sie mir alles erklären und mir helfen“, endete ich mit rauer Stimme.

      Ich war so erschöpft. Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen und mich einfach in das Gras gelegt.


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