Verträumt 4. S.T. Kranz

Verträumt 4 - S.T. Kranz


Скачать книгу
Vaters sarkastisch, dibbelt dabei hin und her, während sie aufgebracht auf den Aufzug wartet.

      Zur gleichen Zeit hält Veronika, allein im Auto sitzend, in einer Parklücke an. Sie zögert kurz, entscheidet sich aber dann doch dafür, ihr Handy ans Ohr zu legen, um den Anruf ihres Liebsten anzunehmen.

      »Hallo Brandon. Bist du nicht auf der Arbeit?«

      »Hallo Veronika Schatz. Ich bin ein bisschen verwirrt. Sag mal Schatz, hast du nicht was vergessen?«

      »Vergessen? Ich? Nicht, dass ich wüsste. Man vergisst doch so einfach nichts.«

      »Könntest Clara noch schnell abholen und in die Schule fahren?«

      »Oh Brandon. Tatsächlich, ob du es mir nun glaubst oder nicht, eben fällt es mir ein. Ich muss Clara doch vergessen haben.«

      »Also könntest du sie schnell abholen?«

      »Oh, tut mir leid. Ich stehe gerade in der Innenstadt im Stau. Sie muss sich dann eben schnell ein Taxi bestellen. Soll aber bitte dem Taxifahrer sagen, dass er die Schnellstraße zur Schule benutzen soll. Die dürfte noch frei sein, hab ich gehört.«

      »Danke Veronika«, schnauft er enttäuscht durch das Handy, während Veronika nur boshaft lächelt.

      »Bis heute Abend mein Brandon Schatz.«

      Zufrieden legt Veronika ihr Handy zu ihrem Handspiegel in die Tasche, um anschließend aus dem Auto zu steigen. Voller Genugtuung stellt Veronika sich vor, wie Clara wohl völlig belämmert mit dem Taxi zur Schule fährt. Deshalb läuft sie grinsend zum Aufzug und drückt beim Eintreten den zweiten Knopf, der den Titel ›zur Wohlfühloase‹ trägt.

      Schöne, angenehme Musik schwingt durch die Räumlichkeiten, während der lange Flur ausgeleuchtet mit leicht gedimmten Licht den Weg zur Erholung weist. Diese Stille, nur untermalt mit beruhigenden Klängen, verwandelt den Stress in sorgenfreie Gedanken und innere Ruhe.

      Kurze Zeit später darf Veronika zugesehen werden, wie sie mit einer Gesichtsmaske versehen, ihren Körper massieren lässt.

      »Fühlen Sie sich wohl? Entspannen Sie nett?«, fragt eine Masseurin, die trotz ihrer goldenen Jahre, noch Blümchen in ihre Haare geflochten hat, fürsorglich.

      »Jah«, antwortet Veronika in Gedanken und genießt schweigend die außerordentlich liebevolle, aber doch starke Rückenmassage.

      »Das ist gut. Wer sich entspannen kann, hat eine ausgeglichene Seele. Das ist wirklich gut.«

      »Jah«, verliert sich Veronika in dieser tiefgründigen Stimme, umgeben von purpurnen Trennwänden, die nicht nur für Intimität, sondern auch für Gelassenheit sorgen sollen.

      »Nehmen Sie später noch an einer unserer anderen Erholungsmethoden teil? Darf ich Ihnen eine empfehlen?«

      »Dürfen Sie nicht.«

      »Eine sehr stille Seele, verstehe.«

      Die Masseurin stoppt ihren Redeschwall und massiert stillschweigend ihre Kundin weiter. Dabei spürt sie aber eine gewisse Verhärtung am Rücken, die sie beim Einmassieren, nicht unkommentiert lassen kann.

      »Sie haben einen schweren Verlust in ihrer Vergangenheit erleben müssen. Träumen Sie ab und an noch von diesem Menschen?«

      Auf eine Antwort wartend, umkreist sie die Stelle weiterhin professionell und findet darauf weitere, unangenehme Knoten unter der Haut, die Veronika im Alltag wohl nicht zu belasten scheinen.

      »Sie tragen eine schwere Last mit sich. Kann es sein, dass diese Last Sie weiterhin prägt? Dass dieser Mensch weiterhin Ihr Verhalten beeinflusst?«

      Kurz öffnet Veronika mit dem Gesicht in der Kopfhöhle steckend genervt ihre Augen, denkt und sagt aber darauf nichts.

      »Verhärtungen im Leben sind undankbar und nicht mehr leicht zu lösen. Sie müssen mit positiver Energie umschmeichelt werden, damit Sie sich von der Vergangenheit lösen können.«

      »Liest du gerade wirklich aus meinen Verspannungen? Lass das bitte, ich habe für eine Massage bezahlt, nicht für eine Beratung mit extra Tiefenpsychologie.«

      »Ich bitte um Entschuldigung.«

      »Massiere einfach weiter, dann bin ich glücklich.«

      »Natürlich, mein Kind.«

      Die Minuten vergehen. Die Stunden verweilen. Und während es so aussieht, als würde die Mutter einen relaxten Vormittag genießen, scheint ihre Kinder der Schulschluss am Nachmittag glücklich zu machen. Hecktisch geht es auf dem Schulhof umher, nachdem die Schulklingel lautstark durch das Gebäude schallt. Gemeinsam aus einem Klassenzimmer entflohen, eilen Median und Fabian mit ihren Rucksäcken versehen durch die überfüllten Flure.

      »Fabian. Median«, hören die Zwillinge plötzlich Clara rufen, die weiter vorne an der Ausgangstür steht und bereits auf ihre Stiefgeschwister wartet.

      »Ich habe euch in den Pausen gesucht. Wo wart ihr denn?«

      »Wir waren, ähm«, antwortet Median verwundert.

      »Ist egal, vielmehr interessiert mich, warum ihr heute Morgen nicht auf mich gewartet habt. Hä?«

      »Wieso hätten wir denn warten sollen? Wir hatten zur ersten Stunde«, verteidigt Fabian seine Familie.

      »Ich nicht oder was?«

      »Laut Mama hättest du zur dritten Stunde Schule gehabt.«

      »Really? Das hat sie behauptet?«

      Fassungslos mit dem Kopf schüttelnd glaubt Clara Fabians Aussage, der daraufhin erstaunt anfragt, ob es denn nicht der Wahrheit entsprochen hätte. Doch Clara wird plötzlich von Freundinnen auf die Seite gezogen, weshalb die 13-Jährige ihm keine Antwort mehr liefern möchte.

      Sofort scheint sie sich nur noch für kleinen Weiberkram zu interessieren und kichert lautstark in ihrer Truppe, worauf die Jungs nicht länger warten und hinausmarschieren.

      »Glaubst du, Mama hat uns angelogen?«, fragt Median, der zwischen seinen Schulkameraden bereits das schwarz lackierte Auto vor der Schule sichtet.

      »Und wenn schon, ist Mama und Claras Problem. Ich will mich da nicht einmischen und du solltest es auch nicht machen.«

      »Ja ist gut.«

      »Wo ist denn Clara?«, ruft eine frisch aufgehübschte Veronika mit einem strahlenden Teint versehen aus der heruntergekurbelten Seitenscheibe.

      »Ähm«, fragt sich Median nach einem kurzen Blick zurück, bevor er nun mit seinem Bruder ins Auto steigt.

      »Dann hat das süße Fräulein Pech gehabt. Zumindest warten wir ja auch schon seit 10 Minuten auf sie.«

      »10 Minuten?«, fragt Median völlig perlpex.

      »Mein Lieber, ich stehe hier schon seit 10 Minuten, ob du es glaubst oder nicht. Wir fahren nun los.«

      Den Motor gestartet, das Lenkrad eingestellt und schon braust Veronika mit ihren Kindern vom Parkplatz. Sie hinterlässt dabei eine schockierte Clara, die keine Minute mehr gebraucht hätte, um mit ins Auto steigen zu können.

      »Ist deine Stiefmutter wirklich eben losgefahren, Clara?«, fragt die gleichaltrige Svetlana, welche die Verwunderung in ihren Augen lesen kann.

      »Sie ist offiziell nicht meine Stiefmutter. Dieses Miststück.«

      »O-ha. Also Clara, ich würde mir das nicht gefallen lassen. Aber jetzt komm schnell, sonst verpasst du auch noch den Bus, der fährt gleich.«

      Zitternd spürt Clara die Aggressivität, die sich innerlich in ihr breitmacht, schluckt allerdings vorerst ihre Wut hinunter. Denn nun gilt es erst mal für Fräulein Corag, den Heimweg mit dem Bus einzuschlagen, um irgendwie nach Hause zu kommen.

      Schweigend darf Clara auf der Heimfahrt im Bus beobachtet werden, wie sie schon fast traurig gestimmt und irgendwo in ihrem Wesen gedemütigt, vor sich hindämmert. Bis Svetlana das kleine Elend


Скачать книгу