Verträumt 4. S.T. Kranz

Verträumt 4 - S.T. Kranz


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Gebäudes das Trockene gefunden, öffnet sie die Lifttür, um anschließend ihren Hausschlüssel in die Verriegelung zu stecken, damit sie den vierten Knopf betätigen kann. Und kaum sind die Türen aufgegangen, blickt sie in die Gesichter der Zwillinge, die trocken und wohlbehütet, seelenruhig ihre Hausaufgaben am Wohnzimmertisch erledigen.

      Die Kleidung völlig durchnässt, entledigt sich Clara schweigend nur ihrer Schuhe, um anschließend durch das Loft zu lümmeln. Sie wirft dabei einen verstohlenen Blick zu Veronika, die ebenfalls in kuscheliger Kleidung an ihrem Tresen in der Küche sitzt und wie gewohnt in der Klatschzeitung herumblättert.

      »Danke für alles«, flüstert Clara leise, aber gerade noch laut genug, damit Veronika darüber hinweghören könnte, wenn sie es wollte. Den Tränen nah sucht Clara in ihrem Kinderzimmer Schutz. Schmeißt sich daraufhin, völlig frustriert, aus ihren nassen Klamotten, um dann die Wärme in nun trockener Kleidung einzufangen. Zitternd setzt sich Clara an die Kante ihres Bettes, schaut dabei nachdenklich auf ein Freundschaftsbuch, das sie vom Nachttisch aus anlächelt.

      Für einen Augenblick wird sie von ihren Gefühlen übermannt. Kurz fließen ihr mehrere Tränen die Wangen hinunter und der Schmerz ergreift ihr Herz.

      Die Lippen zittern, der Puls rast wild. Tiefe Trauer überkommt sie, die Sehnsucht nach der Vergangenheit breitet sich unaufhaltsam in ihr aus. Tränen wegwischend öffnet sie das Freundschaftsbuch von Median Stein, blättert dabei ein paar Freunde weiter, um auf ihrer Seite stehen zu bleiben. Und während hinter ihr der Regen gegen die Balkontür tröpfelt, füllt sie die letzte Zeile aus, die sie noch offen gelassen hat.

      ›Ich wünsche mir für dich, dass deine Eltern, sowie meine Eltern wieder zusammenkommen.‹

      Weinend schlägt Clara das Buch zu und legt es wieder behutsam auf den Nachttisch zurück. Minuten voller trauriger Gedanken vergehen, bis sie ihre neue Errungenschaft vor dem Fernseher erblickt und sich entscheidet, die DVD vom Rekorder abspielen zu lassen.

      Sie macht es sich auf dem Boden gemütlich, indem sie sich ihre Bettdecke nah vor den Fernseher zieht, um darin eingemummelt eine Realverfilmung eines Kinderklassikers anzuschauen.

      Gut unterhalten von Bild und Ton, verliert sich der Teenager in dieser Geschichte, verdrückt dabei unzählige Tränen und wird mehr als einmal, von einer Gänsehaut überrascht. Dabei blinzelt sie zum x-ten Mal auf das Cover, welches schön anzuschauen, neben ihr liegt. Und mit dieser angenehmen Ablenkung, vergehen auch wohltuende zwei Stunden, an denen dieser unschöne Tag nicht an erster Stelle steht.

      Noch während der Abspann läuft, setzt sich Clara lächelnd auf, wird aber jäh durchs Anklopfen an ihre Tür aufgeschreckt.

      »Ja?«, krächzt sie mit einem Frosch im Hals, schluckt diesen aber in der nächsten Sekunde hinunter, um dann, aus vollem Halse, ein ordentliches Ja zustande zu bringen.

      »Clara meine Liebe, alles gut bei dir?«, tastet sich Veronika scheinheilig in das Reich ihrer Stieftochter.

      »Wieso fragst du das? Und überhaupt, seit wann redest du denn wieder mit mir?«

      Nachdem Veronika die Kinderzimmertür geschlossen hat, kniet sie sich, mit traurig herunterhängenden Mundwinkeln, zu ihr hinunter.

      »Clara, das hat mich schwer getroffen, deine Aussage gestern.«

      »Na und, du hast mich auch schwer getroffen mit deiner Aktion heute. Und das gleich zweimal.«

      »Liebes, entweder wir spielen zusammen oder wir spielen gegeneinander.«

       »Dann fang du erst mal an fair zu spielen«, antwortet Clara betrübt, folgt dabei Veronikas Blick, der zum Cover des Spielfilms führt.

      »Ein schöner Film. Ich kenne alle Märchenklassiker. Mein Vater hat einen Narren daran gefressen.«

      »Warum erzählst du mir das? Willst du plötzlich meine Freundin sein?«

      »Bitte?«, poltert Veronika geschockt von Claras aggressiver Stimmlage dagegen und verlangt daraufhin einen angemessenen Ton ihr gegenüber. Doch die kleine Göre scheint wohl nicht einmal daran zu denken, verschränkt ihre Arme und schaut sie nur herausfordernd an.

      »Nun gut, meine Liebe«, erhebt sich Veronika, grinst dabei frech und zuckt ebenfalls mit den Schultern.

      »Ich muss dir gestehen, früher, als ich so alt war wie du und mir all diese Filme ansah, wollte meine langweilige Schwester immer die Prinzessinnen sein. Ich hingegen, meine Liebe, hatte schon immer ein Faible für die dunklen Charaktere gehabt. Früher wäre ich gerne das Biest auf diesem Cover gewesen. Heute, heute bin ich das Biest und die Schöne!«

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