Kaspar - Die Reise nach Feuerland. Dan Gronie

Kaspar - Die Reise nach Feuerland - Dan Gronie


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seinem Vater saß. Manuel grinste Sebastian an. Als Sebastian leise aber unüberhörbar sagte: »Das hat Manuel auch nötig – er riecht halt wie ein Stinktier«, erlosch das Grinsen im Gesicht von Manuel abrupt, als hätte Sebastian seinem Bruder einen Eimer Eiswasser mitten ins Gesicht geschüttet.

      »Was hast du da gerade gesagt, Sohn?« Williams Stimme schwoll verdammt gefährlich an.

      »Nichts, Vater«, sagte Sebastian kleinlaut.

      Williams düsterer Blick verriet Sebastian, dass er sich eben wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, und er stellte sich auf eine harte Strafe ein, doch zu seiner Verwunderung nickte sein Vater und sagte nur: »Gut, dann sei still und iss dein Frühstück!«

      Vielleicht lag es an dem strafenden Blick seiner Mutter, den sie William eben zugeworfen hatte, dass Sebastian keine Strafe von seinem Vater erteilt bekommen hatte.

      »Möchtest du ein Glas Milch, Sebastian?«, fragte Rebecca sanft.

      Sebastian nickte mit vollem Mund.

      »Wie heißt das, Sohn?« Williams Stimmung wollte einfach nicht besser werden. Das lag sicher daran, dass William heute an einer Mitarbeiterversammlung teilnehmen musste, bei der er die aktuellen Verkaufszahlen vorstellen sollte – und die waren für dieses Quartal miserabel.

      »Gerne, Mutter«, sagte Sebastian mit vollem Mund.

      »Mach den Mund leer, bevor du sprichst!«, ermahnte William ihn.

      Sebastian aß schweigend sein Sandwich. Manuel lächelte gehässig und trat seinem Bruder unter dem Tisch vors Schienbein.

      »Hey, du Furzbacke ...«, schimpfte Sebastian und schwieg, als er in die finstere Miene seines Vaters blickte.

      »So, jetzt reicht es mir aber, Freundchen, du fährst nicht ...«

      »William«, unterbrach Rebecca ihren Mann, »halt dich zurück!«, dann wandte sie sich Sebastian zu und sagte merklich streng: »Du gehst sofort nach oben und putzt dir die Zähne, Sebastian, bevor du in die Schule gehst!«

      Sebastian war froh, dass ihn seine Mutter fortschickte, denn sein Vater hätte ihm sicherlich Hausarrest gegeben, und dann hätte er in den Ferien nicht zu Großvater fahren können. Sebastian lief die Treppe hinauf, als würde der Leibhaftige ihn verfolgen. Oben angekommen blieb er schwer atmend stehen.

      »Vater, du Stinkstiefel – du Bergtroll«, leise schimpfend beugte sich Sebastian über das Treppengeländer und lauschte, was seine Mutter zu sagen hatte.

      »Und du, Manuel«, Rebeccas Stimme hörte sich zornig an, »wenn ich noch einmal sehe, dass du deinem Bruder gegen das Schienbein trittst, und hoffst, dass Sebastian darauf etwas Schlimmes zu dir sagt, damit sein Vater ihn dafür bestraft, werde ich dir den Hosenboden mit einem Kochlöffel versohlen ...«, Rebecca machte eine kurze Pause, bevor sie streng weitersprach, »... und glaube mir, Manuel, dass du Tage danach noch Sitzprobleme haben wirst.«

      William wollte seinem Sohn Manuel beistehen. »Aber Sebastian hat ...«

      »Nichts hat Sebastian getan«, unterbrach Rebecca ihren Mann, »und hör endlich auf, deine schlechte Laune an dem Jungen auszulassen!«

      William schwieg.

      »Geh dir auch die Zähne putzen, Manuel!« Rebecca deutete mit einer Geste zur Küchentür.

      »Aber ich bin noch nicht fertig, Mutter«, wandte Manuel ein.

      Rebecca wartete geduldig, bis Manuel sein Glas Orangensaft ausgetrunken hatte.

      »So, jetzt geh nach oben. Ich habe noch etwas mit deinem Vater zu besprechen«, sagte Rebecca in ruhigem Ton.

      Als Manuel murrend die Treppe hinaufging, weil er natürlich gerne dabeigeblieben wäre, um zu hören, was seine Mutter mit seinem Vater zu bereden hatte, sagte Rebecca, unüberhörbar für Sebastian und Manuel: »Das ist absolut nicht richtig von dir, William, Manuel lässt du alles durchgehen, das geht nicht so weiter. Du kannst deinen Frust nicht dauernd an Sebastian auslassen. Das lasse ich nicht weiter zu. Du hättest Manuel bestrafen müssen, für das, was er eben getan hat.«

      Sebastian war neugierig, was sein Vater antworten würde, doch er schwieg.

      Sebastian drängelte sich im Treppenhaus an Manuel vorbei und lief hinunter, schwang seinen Schulrucksack auf den Rücken und gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange. »Bis nachher, Mutter«, sagte er und rannte zur Haustür.

      »Hey, Sebastian, ich wollte dir sagen, dass ich vorhin ... also, es tut mir ...«

      »Keine Zeit, Vater, sonst komme ich zu spät zur Schule«, und schon war Sebastian durch die Haustür verschwunden.

      Sebastian hatte es nicht sonderlich eilig damit in die Schule zu kommen, er wollte nur raus aus dem Haus, weg von seinem strengen Vater und blöden Bruder – ein paar Minuten früher oder später im Unterricht zu sein, das war ihm im Augenblick völlig egal.

      ***

      »Guten Morgen, Sebastian.« Niko Coleman kam fröhlich in die Klasse und setzte sich mit einem breiten Grinsen neben Sebastian und legte einen Schokoladenriegel auf das Pult.

      »Ich hab überhaupt keinen Bock auf Mathe«, hörte Sebastian seinen Freund Lars Sandler hinter sich stöhnen.

      »Ja, ich könnte auch das Kotzen kriegen, wenn ich daran denke«, erwiderte Niko und seine Fröhlichkeit verflog im Nu. »Mathe bei Herrn Titus – ich könnte glatt Furzbomben loslassen«, sagte Niko mit ernster Stimme, dann stand er auf und lächelte, hob mit beiden Händen seinen dicken Bauch empor und sagte mit dunkler Stimme: »Furzbomben extra für Henry Titus.«

      Lars und viele Klassenkameraden hatten ihren Spaß, als Niko die Geste wiederholte. Nur Sebastian saß schweigend da und verzog missmutig die Mundwinkel.

      »Ihr seid albern, Jungs«, empörte sich Juana über Nikos Benehmen. Sie kam von links und setzte sich an den Schultisch hinter Sebastian, neben Lars.

      Niko setzte sich wieder hin und wandte sich ihr langsam zu. »Ah, unsere liebe Miss Portman hat heute wieder beste Laune. Hast du keine Lust auf Furz...«

      »Ach, sei still du dicker Furzbär«, winkte Juana ab.

      Lars lachte laut. »Dicker Furzbär«, wiederholte er. »Dicker Furzbär.« Lars bekam sich nicht mehr ein. Doch dann schwieg er sofort, als ihn der zürnende Blick von Niko traf.

      »Was soll das heißen?«, fuhr Niko Juana an. »Was soll das heißen?«, sagte er wieder.

      »Das heißt, dass du fett bist!«, kam es von Victor Bainbridge, der gerade an Sebastian vorbeiging und Niko belächelte. »Und dicke Jungs furzen für gewöhnlich mehr als dünne. Also bist du ein Furzbär – ein dicker Furzbär.«

      Niko sprang auf. »Willst du eine Gesichtsverschönerung, Victor?«, sagte Niko mit wilder Entschlossenheit, und für Nikos Mitschüler sah es so aus, als wollte er seine Worte gleich in die Tat umsetzen. »Nur zu, komm her, Victor!«

      »Lass es gut sein, Niko«, ermahnte Sebastian seinen Freund, als er sah wie Niko die Fäuste ballte.

      »Ey Mann, da krieg ich ja Angst, wenn ich sehe, wie ein dicker Furzbär seine Fäuste ballt«, höhnte Victor.

      »Es reicht, Victor Bainbridge, du wiederholst dich zu oft«, stand Juana Niko bei, »aber, was will man von einem ...«

      »Sei still du Mauerblümchen«, fuhr Victor sie an. Juana wirkte hilflos, denn ihr blieb der Mund ein Stück offen stehen.

      »So, das reicht jetzt aber wirklich, Victor«, sagte Niko, und Sebastian hatte alle Mühe seinen Freund zurückzuhalten. »Der Lehrer wird gleich kommen, und wenn du eine Prügelei anfängst, gibt es Nachsitzen. Heute ist der letzte Schultag, denk dran, Niko! Und wenn ich in eine Prügelei verwickelt werde und nachsitzen muss, dann lässt mich mein Vater nicht zu Großvater fahren, bitte sei vernünftig, Niko.«

      »Ja, Niko, hör auf deinen Loser-Freund, Sebastian!«, fuhr Victor ihn an.

      »Ich


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