Stargeflüster. Ava Lennart

Stargeflüster - Ava Lennart


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können. Selbst Liz war bis zum Abend bei einer Freundin. Nate hatte also ausnahmsweise mal frei.

      Dieser Zustand war so ungewohnt, dass er zunächst nichts mit sich hatte anfangen können. Seltsam aufgeputscht war er durch seine Villa gestreift. Er hätte natürlich eines der drei Drehbücher lesen können, wie Cary es ihm schon seit Wochen ans Herz legte. Aber er griff lieber zum Telefon, um seiner alten Heimat ein Stück näher zu sein. Eine gute Entscheidung. Trotz der wenigen Worte und der Entfernung von Tausenden von Kilometern fühlte sich Nate seinem Freund sehr nah. Wie es aussah, würde er mit ihm über die verwirrenden Gefühle sprechen können, die Salomé in ihm auslöste.

      „Sie hält sich fern von Bigmouth Nate Hamilton?“ Seans lachender Bass schallte wieder durch den Hörer.

      Nate ließ die bernsteinfarbene Flüssigkeit im Glas um die Eiswürfel kreisen.

      „Sláinte!“

      „Sláinte.“ Nate prostete dem leeren Wohnraum zu und nahm den ersten Schluck.

      „Und was genau an ihr ist so aufregend, das die Zigtausend Frauen, die dich zukreischen, nicht haben?“

      Nate zögerte einen Moment. Konnte er Salomé in Worte fassen?

      „Zunächst einmal: Sie kreischt nicht.“

      „Aha, womit das mal wieder bewiesen wäre.“

      „Bewiesen?“

      „Na, dass man die Dinge – und Frauen – begehrt, die schwer zu haben sind. Und weiter?“

      „Sie ... ist ... es ist schwer zu erklären. Es ist nicht nur ihr Aussehen, obwohl das schon atemberaubend ist. Sie ist charmant, unaufgeregt, ungefiltert. Wenn sie lächelt, ist mein Gehirn wie leergefegt, und ich ... bin auf elementare Körperfunktionen reduziert.“

      „Körperfunktionen, so?“

      „Also was ich meine: Ich vergesse, wer und was ich bin. Ich bin nicht Nate der Superstar. Ich bin einfach nur ein Mann. Und ich will sie. Ich möchte sie in meine Höhle verschleppen und jedem anderen Mann, der sie auch nur ansieht, mit einem Holzknüppel eins über die Rübe ziehen. Klingt dämlich, ist aber so!“

      Nate grinste, als er Seans Husten am anderen Ende der Leitung hörte. „Verträgst du keinen Whisky mehr?“

      Sean japste und klärte seinen Hals.

      „Sorry, das wäre dir auch passiert, wenn ich mein Steinzeit-Ego vor dir ausgebreitet hätte. Höhle. Mannomann! Dich hat es anscheinend wirklich erwischt.“

      „Scheint so.“ Nate sah sein schiefes Grinsen in der verschwommenen Spiegelung der Fensterscheibe.

      „Warum hält sie sich von dir fern? Bist du im Fred-Feuerstein-Kostüm vor ihr rumgetanzt?“

      Jetzt war es an Nate, vor Lachen den Whisky zu verschütten.

      „Nicht ganz. Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht. Unglaublich, aber sie hat tatsächlich nicht gewusst, wer ich bin.“

      „Wieso kannte sie dich nicht? Lag sie in letzter Zeit im Koma?“

      Nate lachte wieder. Einfach, weil es so guttat. Dieses Telefonat mit Sean war Balsam für seine Seele.

      „So in etwa. Sie interessiert sich halt nicht für diese Themen. Sie kennt eher die Börsenmeldungen. Klingt langweilig, ist sie aber nicht. Das habe ich an dem Abend in Frankreich gemerkt.“

      „Du Armer. Das war sicher ein herber Schlag für dein Ego?“

      „Nein, im Gegenteil. Du kannst dir nicht vorstellen, wie aufgeregt ich war. Endlich mal wieder ein Mädchen, das ich ohne diesen Hype kennenlernen durfte.“

      „Wie hat sie reagiert, als du es ihr gesagt hast?“

      „Also, ich habe es ihr nicht direkt gesagt.“

      „Sondern?“

      Nate seufzte. „Ich wusste nicht, dass sie auch auf dieser Gala sein würde, auf der ich als Stargast geladen war und mit einer anderen Frau aufgetaucht bin. Sie kann ja nicht wissen, dass ich diese Frau gar nicht gut kenne. Ihr Blick hat mehr als tausend Worte gesagt. Ich wollte mit ihr tanzen und ihr alles erklären, aber es hat sich einfach nicht ergeben.“

      „Wow. Und seitdem ist sie wütend auf dich. Verstehe ich irgendwie.“

      Nachdenklich nahm Nate noch einen Schluck.

      „Nein. Also ja, ich nehme an, dass sie es nicht so prickelnd fand, es so herauszufinden. Sie ist halt eine stolze Frau. Ich denke, das bekomme ich schon hin. Eigentlich war sie schon am Abend davor bei unserem Date von einem Moment auf den anderen merkwürdig zurückhaltend.“

      „Was hast du zu ihr gesagt? Lass uns in meiner Höhle vögeln gehen?“

      Nate verdrehte die Augen.

      „Sean, der Witz ist langsam durch! Unsinn. Wir waren noch bei Colin. Er hatte eine Ausstellungseröffnung. Ich habe kurz mit Liz telefoniert. In der Zeit hat Colin sie rumgeführt und ihr die Ausstellung gezeigt. Danach war sie wie ausgewechselt. Ich hatte das Gefühl, sie wollte mich so schnell wie möglich loswerden.“ Nate ging im Geiste den Abend durch.

      „Vielleicht hat Colin etwas über dich zu ihr gesagt, und sie war da schon sauer, dass du ihr nicht erzählt hast, wer oder was du bist?“

      „Ich habe ihn direkt am nächsten Morgen angerufen. Er behauptet, nein. Vor allem hat er wohl kein Wort über mich als Filmstar verloren. Sie hätten angeblich nur über Kunst und Salomés Mutter geredet. Vielleicht kann er sich nur nicht so gut erinnern. Er hatte ordentlich einen sitzen.“

      „Und wenn du sie einfach fragst? Dann kannst du dich auch entschuldigen, dass du ihr nicht gleich gesagt hast, sie könne sich in der Schlange der Verehrerinnen hinten anstellen.“

      „Unglaublich witzig, Sean“, knurrte Nate in Seans ausgelassenes Gelächter.

      „Hat die Lassie auch einen Namen?“

      „Der ist sehr außergewöhnlich – wie sie selbst. Sie heißt Salomé.“

      Sean schnaubte durch den Hörer.

      „Dann nimm dich umso mehr in Acht. Du weißt schon, dass einst eine Salomé sehr blutrünstig war und den Kopf ihres Geliebten auf einem Silbertablett forderte.“

      „Kann das sein, dass du irgendeinen Scherzdrops in deinem Glas hast?“

      „Nein, das meine ich todernst. Ich will nicht klingen wie deine Agentin. Aber überlege selbst, ob das gerade der beste Zeitpunkt ist, sich zu verlieben. Sieh ihr Desinteresse als ein Zeichen. Es ist wahrscheinlich besser so, Nate. Viel Zeit wirst du die nächsten Monate nicht haben. Und an Liz brauche ich dich auch nicht erst zu erinnern.“

      Nate starrte gedankenverloren durch die großen Wohnzimmerscheiben in den makellos gepflegten Garten.

      „Ja, da hast du wohl recht. Ich sollte mich von ihr fernhalten.“ Nate legte den Kopf nach hinten und kippte den letzten Schluck Whisky in seinen Rachen.

      Der Morgen nach der Gala – ein Sonntag – begann traumhaft. Salomé liebte das gemütliche Beisammensein mit Allegra am überladenen Frühstückstisch. Wie ein eingespieltes Ehepaar las jede konzentriert die New York Times. In einträchtigem Schweigen schenkten sie sich wechselseitig Kaffee ein oder reichten einander Zeitungsrubriken. Allegra quittierte Salomés ungewohnte Frage nach dem Kulturteil mit neugierig hochgezogenen Brauen, bevor sie ihr diesen reichte.

      Salomé hätte diese Frühstücke stundenlang ausdehnen können. Diese häusliche Stimmung beruhigte ihre Nerven und ihr aufgewühltes Herz. Die Idylle wurde diesmal allerdings durch ihr Smartphone unterbrochen, das im regelmäßigen Takt durch eine kurze Tonfolge eingehende Nachrichten anzeigte. Salomé hatte diese, so gut es ging, bisher ignoriert und seelenruhig weiter Kaffee geschlürft. Als wieder ein Jingle eine neue Nachricht ankündigte, wurde


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