Flug in den Weltraum. Dominik Hans

Flug in den Weltraum - Dominik Hans


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Zahlen, die O'Neils ihm entgegenhielt, waren beweiskräftiger als alle Worte.

      »Dann noch eine letzte Möglichkeit, Herr Professor«, rief Jones, in die Enge getrieben. »Nehmen wir an, daß in unserem Planetensystem – schon in der Nähe der Erde –, vielleicht zwischen Erde und Mars, ein Meteor explodiert ist und die Sprengstücke erst im Augenblick der Explosion radioaktiv wurden . . .«

      O'Neils zuckte die Achseln. »Möglich, mein Lieber; wir wollen besser sagen, vielleicht nicht unmöglich, aber es ist wenig wahrscheinlich, und vor allen Dingen werden Sie es niemals beweisen können. Ja, wenn wir diesen Meteoriten hätten.«

      »Er ist doch explodiert, zerrissen, zerfetzt!« fiel ihm Jones ins Wort.

      »Also, wenn wir wenigstens noch andere Sprengstücke oder Trümmer von ihm hätten«, führte O'Neils seinen Gedankengang fort, »dann ließe sich schon eher über Ihre Theorie reden. So aber kommen wir nicht weiter.«

      So standen die Dinge, als die Vorkommnisse bei den Fundland-Bänken und in Nebraska auch in Washington bekannt wurden. Eine Nummer des »New York Herald« schwenkend, stürmte Jones in das Zimmer O'Neils'.

      »Hier haben Sie's, Herr Professor! Alles, was uns noch fehlte! Sprengstücke unseres Meteoriten sind zur Erde gekommen, so stark und wuchtig, daß sie Schornsteine und Dächer zerstören. So gewaltig strahlend, daß in ihrer Nähe Fische sterben und Bäume verdorren.« Er schob O'Neils die Zeitung hin, während er weitersprach: »Einen stärkeren Beweis für unsere Theorie als das hier kann es nicht geben. Vor solchen Tatsachen muß jeder Zweifel verstummen.«

      Es dauerte eine geraume Weile, bis Professor O'Neils zu Worte kommen und den Enthusiasmus Jones' ein wenig dämpfen konnte. Höflich, aber entschieden lehnte er es ab, selbst diese Meteoritentheorie zu vertreten und eine Veröffentlichung darüber zu schreiben.

      »Wenn Sie es wollen, mein lieber Jones, dann tun Sie es. Ich will Ihnen keine Hindernisse in den Weg legen. Aber Sie werden auf Einsprüche und Angriffe gefaßt sein müssen, dessen dürfen Sie sicher sein.«

      »Ich werde die Einsprüche widerlegen! Ich werde die Angriffe abschlagen«, trumpfte Jones auf.

      O'Neils hatte nur ein Achselzucken dafür. Er wußte, daß es vergebliche Mühe gewesen wäre, Jones von seiner Absicht abzubringen.

      Mit Lust und Eifer ging Jones an die Arbeit und vollendete noch im Laufe desselben Tages eine mit Messungsergebnissen und Zahlen gespickte Abhandlung, in der die Ereignisse von jenem ersten Vorfall in den Vernon Hills an bis zu dem Abenteuer von Mr. Atwater übersichtlich behandelt und die bewußte Meteoritentheorie entwickelt und begründet wurde. Die Schriftleitung des Electric Engineer nahm die Arbeit an, konnte aber eine Drucklegung frühestens erst für den nächsten Monat in Aussicht stellen. Das war für die Ungeduld Jones' viel zu spät. Er stellte der amerikanischen Tagespresse Auszüge aus seiner Arbeit zur Verfügung, und mit Vergnügen öffnete diese ihre Spalten dem so aktuellen und interessanten Stoff. Weiter fanden die Veröffentlichungen ihren Weg dann auch in auswärtige Zeitungen und waren wenige Tage später in der deutschen und sogar in der japanischen Presse zu finden.

       * * *

      »Wir wollen den Versuch wiederholen, aber das nächstemal die Schutzkuppel schließen«, hatte Dr. Hegemüller nach dem ersten mißglückten Experiment in der Schleudergrube vorgeschlagen.

      »Wir können sie schließen«, hatte ihm Thiessen nach einigem Überlegen zugestimmt, »aber die ganze Versuchsanordnung will mir nicht recht gefallen. Es geht nicht an, daß jedesmal unter Feuer und Blitz eine Röhre zerstört wird. Wir wollen doch vernünftig experimentieren und keine sinnlose Knallerei und Feuerwerkerei treiben.«

      »Verzeihung, Herr Thiessen«, mischte sich Dr. Stiegel ein, »die Zerstörung der Röhre können wir vorläufig ruhig in Kauf nehmen. Die paar Glasscherben kosten ja schließlich kein Vermögen.«

      »Aber das ist kein sauberer Versuch, wenn die Sache jedesmal mit einem Bruch endet«, begehrte Thiessen auf.

      »Es wird sich später sicherlich eine Anordnung finden, bei der sich das vermeiden läßt«, versucht Dr. Stiegel ihn zu beschwichtigen. »Wir müssen mit der Tatsache rechnen, daß die Kathode, sobald die Aktivierung einen gewissen Grad erreicht hat, starke mechanische Kräfte ausübt, denen die Glaswand der Röhre nicht gewachsen ist.«

      »Wir können später starkwandige Röhren aus Metall oder Steingut bauen«, warf Hegemüller ein. »Für den nächsten Versuch bleiben wir besser bei der alten Glasröhre.«

      »Ja, aber warum denn um alles in der Welt, Herr Hegemüller?«

      »Weil wir so am schnellsten vorwärtskommen«, begründete Hegemüller seinen Vorschlag. »Eine neue Glasröhre können wir in einer Stunde blasen. Die Herstellung anderer Röhren würde Tage, wahrscheinlich sogar Wochen in Anspruch nehmen.«

      Dieser Logik mußte sich Dr. Thiessen nach kurzem Widerstreben beugen, denn tatsächlich war es ja wichtig, daß sie möglichst bald eine größere Menge der radioaktiven Kathodensubstanz zur Verfügung hatten.

      »Also dann in Gottes Namen los«, entschied er sich. »Machen wir den nächsten Versuch noch mit einer Glasröhre.«

      Seine Worte waren das Signal für eine angestrengte Tätigkeit. Die zischenden Flammen der Blaubrenner begannen um einen Glasfluß zu spielen, bis er rotwarm und plastisch wurde. Preßluft blies die glühende Masse zu einer mächtigen Hohlkugel auf. Blaustaub und Zusatzstoff wurden abgewogen und vermischt. Eine hydraulische Presse zwang das Gemenge in die gewollte Form. Eins wurde zum anderen gefügt, und als die Sirene den Werkschluß verkündete, stand alles für den Versuch bereit.

      Hegemüller hätte ihn am liebsten sofort gemacht, aber Thiessen widersprach. »Auf morgen, meine Herren. Für heute ist es genug. Morgen früh werden wir mit frischen Kräften an den Versuch gehen.«

      »Haben Sie die heutigen Frühmeldungen des Rundfunks gehört?« fragte Dr. Stiegel am nächsten Morgen Thiessen. Der gab eine verneinende Antwort und ebenso auch Hegemüller.

      »Nun denn, Herr Thiessen«, Dr. Stiegel holte ein beschriebenes Blatt aus seiner Tasche. »Ich habe diese Meldung mitgeschrieben. Was halten Sie davon?«

      Thiessen überlas die Notiz halblaut. ». . . Fischereiflotte . . . Fundland-Bänke . . . Meteor . . . Metallkugel . . . Fischsterben . . . Meteor wieder aus der See aufgestiegen . . . Was soll das?« fragte er kopfschüttelnd.

      »Ein Gedanke, Herr Thiessen, eine Vermutung . . . eine Möglichkeit vielleicht . . .«

      »Erklären Sie sich bitte deutlicher«, unterbrach ihn Thiessen ungeduldig, »ich verstehe nicht, was Sie wollen.«

      »Wenn dieser rätselhafte Meteor unsere verschwundene Kathode wäre, Herr Thiessen . . .«

      Dr. Thiessen vergaß vor Staunen den Mund zu schließen. Während er Stiegel noch überrascht ansah, bemächtigte sich Hegemüller der Notiz und nickte mehrmals, während er sie überflog.

      »Das sind Hirngespinste«, hatte Thiessen eben herausgestoßen, als Hegemüller sich einmengte.

      »Blinkende Metallkugel . . . könnte stimmen. Ungefähr anderthalb Fuß Durchmesser . . . stimmt auffallend. Fischsterben . . . Na, daß das Zeug gefährlich strahlt, wissen wir ja auch.«

      »Sie phantasieren, Hegemüller«, unterbrach ihn Thiessen und nahm das Blatt wieder an sich. »Wie denken Sie sich das denn. Um 12 Uhr 30 ist die Geschichte bei den Bänken passiert. Um 15 Uhr ist uns die Röhre in die Brüche gegangen . . .«

      »Vergessen Sie die Zeitdifferenz nicht«, unterbrach ihn Dr. Stiegel. »12 Uhr 30 bei Neufundland bedeutet 17 Uhr 30 mitteleuropäischer Zeit.«

      »Weiß ich selber, Herr Stiegel! Das Ereignis auf den Bänken hat sich zwei Stunden und dreißig Minuten nach dem Vorkommnis in unserem Labor abgespielt . . .«

      »Die Entfernung von uns bis zu den Bänken beträgt rund fünftausend Kilometer«,


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