Traumtänzer. Lucy van Geldern

Traumtänzer - Lucy van Geldern


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ist fein. Dann habt ihr garantiert am nächsten Wochenende Zeit.«

      »Ach neee. Sollen wir dir beim Renovieren helfen? Scheust du dich vor der vielen Arbeit? Entweder rückst du mit der Sprache raus, oder du kannst auf unsere Hilfe verzichten.«

      »Schon gut, schon gut, wenn ihr euch nicht gedulden könnt ...« Andreas griff nach seinem Glas und nahm einen großen Schluck. Dabei war er sich der Aufmerksamkeit aller bewusst. Verschwörerisch blickte er in die Runde. »Ihr seht das völlig richtig. Ich plane eine Renovierungs-Party. Vormittags wird gearbeitet und nachmittags gefeiert. Habt ihr Lust?«

      »Da fragst du noch?« Aus funkelnden Augen sah Conny ihn an. »Wieso sagst du das nicht gleich! Für solche Aktionen sind wir immer zu haben. Nicht wahr, Ulrike?«

      »Ja, doch. Wann?«

      »Samstag früh.«

      *

      »Mir ist schlecht. Wahrscheinlich habe ich mir heute Mittag den Magen verdorben«, jammerte Conny. »Unter solchen Voraussetzungen werde ich keinen einzigen, vernünftigen Schritt zustande bringen.«

      »Ist ja gut. Garantiert hast du nichts Verkehrtes gegessen. Es ist nur die Aufregung, die dir auf den Magen schlägt. Wieso eigentlich? Andreas?«

      »Er ist ein toller Typ. Ich blamiere mich mit Sicherheit bis auf die Knochen.«

      Aufmerksam betrachtete Ulrike das perfekt geschminkte Gesicht ihrer Freundin. Die leichte Blässe darunter konnte sie nur erahnen. Sie schob Conny das noch halbvolle Cola-Glas über den Tisch.

      »Trink davon. Zucker ist gut für die Nerven.«

      Gehorsam nahm sie ein paar Schlucke, und langsam beruhigte sich ihr Magen. Neugierig sah sie sich im Saal um. Zumeist in Paaren trafen die Kursteilnehmer im Club ein und suchten sich Sitzplätze an den zum größten Teil schon belegten Tischchen.

      Martin und Andreas trafen ein. Sofort spürte Conny, wie ihre Magennerven erneut anfingen zu flattern. Hastig kippte sie die restliche Cola hinunter. Vielleicht half es ja.

      »Hallo, da sind wir.« Fröhlich grinsend kamen die beiden auf sie zu. Sie hatten sich in Schale geworfen. »Wie sieht es aus? Habt ihr Lust zu tanzen?«

      »Ja, natürlich. Gleich geht es los«, sagte Ulrike, während Conny verzweifelt nach Worten rang, um ein Gespräch mit Andreas anzufangen. Es fiel ihr zu ihrem großen Entsetzen nichts ein. »Ah, gerade kommt unser Tanzlehrer!«

      Ein elegant gekleideter Herr mit kecker Stirntolle trat ein. Er trug eine dunkle Kombination und hielt den Stapel mit den Anmeldeformularen in der einen, das Mikrofon in der anderen Hand.

      »Wow«, sagte Conny überrascht. »Da ist ja Herr Koberer. Beinahe hätte ich ihn nicht erkannt.«

      Der Tanzlehrer trat auf das spiegelglatt polierte Parkett.

      »Hallo und herzlich willkommen zur ersten Tanzstunde in unserem Kurs. Da mich alle inzwischen persönlich kennen, erspare ich mir eine Vorstellung. Darf ich Sie jetzt bitten, zu mir zu kommen?«

      Lautes Stühlerücken, dann drängelten die Teilnehmer aufs Parkett. Conny sah sich nach Andreas um.

      »Darf ich bitten?«, einladend hielt er ihr den Arm hin.

      »Danke, gern.«

      Gefolgt von Martin und Ulrike, begaben sie sich auf die Tanzfläche.

      »Bitte bilden Sie Paare, sodass ich erkennen kann, wer zu wem gehört.« Verhaltenes Lachen, leises Raunen und das Tapsen von Schritten, die einzelnen Paare bildeten sich.

      Vorsichtig zog Andreas sie dichter heran und drückte einmal kurz ihre Hand. Die Nervosität, die sie vorhin so gequält hatte, verschwand. Die Unruhe im Saal legte sich, und Herr Koberer ging mit prüfendem Blick durch die Reihen. Zufrieden nickte er und griff nach seinem Mikrofon.

      »Als ersten Tanz habe ich für heute den Langsamen Walzer ausgesucht. Ich denke, dieser bietet sich an, damit Sie sich näher kennenzulernen. Aber auch für mich ist das die Gelegenheit, mich von Ihrem Können zu überzeugen.«

      »Dann wollen wir mal«, sagte Andreas und wandte sich ihr zu. Schwach rieb ihre Kleidung aneinander. Dezent lag der Duft seines Rasierwassers in der Luft.

      Wie trunken stand sie vor ihm und spürte jeden seiner Atemzüge.

      Die ersten Takte des Walzers erklangen. Conny lauschte und versuchte, sich in die Musik hineinzufühlen. Vorsichtig legten die beiden ihre ersten Schritte auf dem Parkett hin. Geschickt, sehr selbstbewusst und sie nicht drängend, führte er sie. Rasch verschwanden die anfängliche Steifheit und die Unsicherheit. Gelassen bewegten sie sich im Rhythmus der Musik.

      Immer wieder kreuzten sich ihre Blicke, und Conny hatte das Gefühl, wie Butter in der Sonne zu schmelzen. Seine Hand rutschte an ihrem Rücken ein Stück tiefer. Vertraulich blinzelte er ihr zu, oder bildete sie es sich nur ein? Ihre Gedanken schweiften ab. Andreas war mehr für sie als nur ein netter Tanzpartner. Das spürte sie deutlich. Und mit jedem Takt verstärkte sich dieses Gefühl.

      Leise klang die Musik aus, viel zu schnell, wie Conny fand. Erwartungsvoll blieben die Paare stehen und wandten sich Herrn Koberer zu, der sie die ganze Zeit über beobachtet hatte.

      »Das lief ja wie geschmiert. Deshalb machen wir gleich weiter mit dem Cha-Cha- Cha. Los geht es.«

      Aufmunternd lächelte Andreas ihr zu und legte los. Der Rhythmus ging in ihr die Beine, so dass sie sich fast automatisch bewegten.

      Wie Gespenster huschten sie über das Parkett, der Schwung und Elan von Andreas riss Conny mit. Immer mehr fühlte sie, wie sehr ihr das Tanzen in der vergangenen Zeit gefehlt hatte. Ihre Körper bewegten sich im Gleichtakt.

      Die erste Dreiviertelstunde verging ziemlich rasch. Connys Atem ging schneller, und ihr Herz klopfte aufgeregt. Ob das nun am flotten Tanzen lag, wusste sie nicht so genau.

      »Wirklich beeindruckend, was Sie mir heute zeigen. Bevor es allerdings weitergeht, legen wir eine kleine Pause ein.«

      Herr Koberer wickelte das Mikrofonkabel auf und verließ den Rand der Tanzfläche.

      Andreas führte Conny zum Tisch zurück. Dort warteten die beiden anderen schon auf sie. Begeistert sah Ulrike sie an, ihr war der Spaß an der Sache deutlich anzusehen.

      »Wir holen etwas zu trinken. Darf es Mineralwasser sein?« Tief blickte Andreas in Connys blaue Augen und las die Antwort darin. Bei Ulrike begnügte er sich mit einem einfachen »Ja.«

      Zusammen mit Martin verschwand er in Richtung Theke.

      »Wie war's?« Begierig, die Erfahrungen ihrer Freundin zu hören, legte sich Ulrike fast auf den Tisch.

      »Er tanzt wie ein junger Gott. Vom ersten Augenblick an habe ich mich bei ihm wohlgefühlt. Mit Schrecken denke ich an meine allererste Tanzstunde. Damals hatte ich das Gefühl, in einem Schraubstock zu stecken.«

      Entspannt lehnte sich Conny in ihrem Sitz zurück und musterte ihre Freundin, die nach weiteren Informationen gierte.

      »Und wie war es bei dir?«, erkundigte sich Conny. »Du kannst die Schritte doch um einiges besser als ich. Bei der Rumba hab ich zweimal einen Fehler gemacht. Du sicher keinen Einzigen.«

      »Du hast mich durchschaut. Martin hat mir deswegen sogar ein Kompliment gemacht.«

      Conny verdrehte die Augen und betrachtete ihre lackierten Fingernägel, deren Farbe perfekt auf ihren Rock abgestimmt war. »Ich denke, wir haben mit unseren Tanzpartnern den großen Fang gemacht - oder?«

      3. Kapitel

      Mit einer Denkermine, bei der jeder Charakterdarsteller neidisch geworden wäre, saß Conny auf der Bettkante. Neben ihr lag - ganz entspannt - Ulrike, die Arme unter dem Kopf verschränkt.

      »Du hast vielleicht Probleme«, stichelte diese. »Eine alte, abgewetzte Jeans, ein schlabberiges Shirt, und fertig ist das Maleroutfit.


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