Parzival. Wolfram Von Eschenbach
Ross auf den Grieß,
Wo er ihn nur liegen ließ,
Bis ihm gesichert war der Frieden.
Hiemit war der Krieg entschieden,
Und ihm erworben großer Preis.
Acht Fahnen sah der Degen weis
[42]Feindlich fliegen nach der Stadt,
Die er zurück zu senden bat
Den kühnen sieglosen Mann.
Er gebot ihm alsdann
5Ihm zu folgen, ritt' er ein;
Das that er, denn es muste sein.
Gaschier auch säumte nicht zu kommen.
Als von dem der Wirth vernommen,
Sein Gast sei weiter noch hinaus –
10Daß er nicht Eisen wie ein Strauß
Verschlang und Kieselsteine,
Das macht', er fand da keine.
Sein Zorn erhob Gebrülle
Wie der Löw aus Zornesfülle.
15Er riß sich aus die Haare:
»Nun hab ich meine Jahre
Zu eitel Thorheit verwandt.
Die Götter hatten mir gesandt
Einen kühnen werthen Gast:
20Ueberlädt sich der mit Streites Last,
So werd ich Werthen nie mehr werth.
Was taugt mir Schild nun und Schwert?
Ein Schimpf ists, mahnt man mich daran.«
Von den Seinen stob er da hindann
25Zum Thor mit Spornschlägen.
Ihm kam ein Knapp entgegen,
Der trug einen gemalten Schild,
Ein durchstochner Mann im Wappenbild,
Gewirkt in Eisenhartens Land.
Einen Helm auch trug er in der Hand
[43]Und ein Schwert, das Raßalig,
Der kühne, bracht in diesen Krieg;
Nun must er von ihm scheiden,
Dieser kühne Fürst der Heiden,
5Der sich weites Lob erworben.
Ist er ungetauft gestorben
So erbarme sein sich bald,
Der aller Wunder hat Gewalt.
Da der Burggraf das ersah,
10Nie freut' er sich wohl mehr als da.
Als er die Wappen hatt erkannt,
Kam er vor das Thor gerannt:
Seinen Gast sah er da halten,
Den jungen, noch nicht alten,
15Als harrt' er einer weitern Tjost.
Da nahm ihn Lachfilirost,
Sein Wirth, und griff ihm nach dem Zügel;
Er stach heut keinen mehr vom Bügel.
Lachfilirost Schachtelakunt
20Sprach: »Lieber Herr, macht mir kund,
Ward besiegt von eurer Hand
Raßalig? So ist dieß Land
Vor Kampf gesichert immerdar:
Ihm folgt der Mohren ganze Schar
25Im Lehn des treuen Eisenhart,
Davon so viel uns Schade ward:
Zu End ist unsre Noth und Pein.
Ein zornger Gott gab ihnen ein
Uns heimzusuchen mit dem Heer:
Darnieder liegt nun ihre Wehr.«
[44]Er führt' ihn wider Willen mit.
Die Königin ihm entgegen ritt:
Seinen Zaum ergriff sie mit der Hand
Und entstrickt' ihm des Visieres Band.
5Der Wirth must ihn ihr laßen;
Seine Knappen nicht vergaßen,
Sie ritten ihrem Herren nach.
Da führte durch die Stadt gemach
Ihren Gast die weise Königin,
10Dem erstritten war des Siegs Gewinn.
Ab saß sie, da sie dauchte Zeit:
»Weh, wie getreu ihr Knappen seid!
Ihr sorgt wohl, ihr verlört den Mann:
Ihm wird schon ohn euch Dienst gethan.
15Nehmt sein Ross und führt es hin:
Sein Geselle ich hier bin.«
Viel Fraun er auf dem Saale fand;
Entwappnet mit schwarzer Hand
Ward er von der Königin.
20Von dem besten Zobel schien
Die Decke und das Bette weich:
Da erwies sie ihm sogleich
Eine heimliche Ehre.
Zeugen waren da nicht mehre.
25Die Jungfraun gingen vor die Thür
Und schoben Riegel dafür.
Da nahm des Landes Königin
Süßer Minne Hochgewinn,
Und Gachmuret ihr Herzenstraut;
Sie waren ungleich doch von Haut.
[45]Den Göttern opferten zumal
Die von der Stadt. Was befahl
Der Held dem kühnen Raßalig,
Eh er schied aus dem Krieg?
5Das leistet' er in Treue;
Doch wuchs sein Leid aufs Neue
Um seinen Herren Eisenhart.
Als des der Burggraf inne ward,
Kam er herbei. Da hob sich Schall:
10Die Fürsten nahten allzumal
Aus der Königin Land von Zaßamank
Und sagten ihm des Preises Dank,
Den er erworben hatt im Feld.
Vierundzwanzig gefällt
15Hatt er hier vom Sattelbogen,
Der Meisten Rosse fortgezogen;
Gefangener Fürsten waren drei:
Viel Ritter ritten auch herbei
Mit ihnen vor den Königssaal.
20Geruhet und gespeist zumal
Und wonniglich herausstaffiert,
Mit Kleidern herlich geziert,
War des höchsten Wirthes Leib.
Einst hieß sie Magd, nun war sie Weib.
25Die ihn nun vorführt' an der Hand
Und sprach: »Mein Leben und mein Land
Sind diesem Ritter unterthan,
Gönnt Feindeshaß ihm Theil daran.«
Nun folgten Alle Gachmureten;
Sie thaten gern was er gebeten.