Parzival. Wolfram Von Eschenbach
beiden
Getreuer Minne mehr und mehr:
Sie blickte hin, er blickte her.
Schenken hieß sie nun den Wein;
10Dürfte sie, sie ließ' es sein.
Gern säh sie, wenn es unterblieb,
Weil es die Ritter stäts vertrieb,
Die gerne sprachen mit den Fraun.
Doch wars sein Leben, sie zu schaun;
15Auch hatt er ihr den Sinn gegeben,
Sein Leben war der Frauen Leben.
Da erhob er sich und sprach:
»Frau, ich schaff euch Ungemach.
Zu lange hab ich hier geseßen;
20Da war ich klugen Sinns vergeßen.
Ich dien euch gern; doch ist mir leid,
Daß eure Noth so groß und breit.
Frau, gebietet über mich:
Wohin ihr wollt, dahin will ich.
25Ich dien euch immer, wo ich kann.«
»Ich seh euch,« sprach sie, »dafür an.«
Alles thut der Burggraf nun,
Sein Wirth, was er vermag zu thun,
Ihm zu kürzen Zeit und Stunde.
Er frug mit höfschem Munde:
[30]Ob er spazieren wolle reiten?
»So seht ihr auch, wo wir streiten
Und wie die Pforten stehn in Hut.«
Gahmuret der Degen gut
5Sprach, er wünsche wohl zu sehn,
Wo ihr Kampfspiel war geschehn.
Hinunter mit ihm ritten
Viel Degen edler Sitten,
Hier der Junge, dort der Greise.
10Sie führten ihn im Kreise
Wohl vor sechszehn Pforten,
Und beschieden ihn mit Worten,
Daß keine je verschloßen ward,
»Seit sie rächten Eisenhart
15An uns mit Zorn. Mit gleicher Macht
Stritten wir fast Tag und Nacht:
Sie blieben offen all die Zeit.
Vor acht Pforten giebt uns Streit
Des getreuen Eisenhartens Bann:
20Sie haben Schadens viel gethan.
Wie sie nach Rache dürsten,
Diese wohlgebornen Fürsten
In des Königs Bann von Aßagog!«
Vor jeglicher Pforte flog
25Eine lichte Fahn ob kühner Schar,
Drauf ein durchstochner Ritter war,
Weil Eisenhart so zu sterben kam,
Den nun sein Volk zum Wappen nahm.
»Wir haben andern Brauch dagegen,
Womit wir sie zu trösten pflegen:
[31]Unsre Fahne wird daran erkannt,
Daß zwei Finger ihrer Hand
Die Fürstin bietet zu dem Eid,
Ihr sei noch nie geschehn so leid,
5Als durch Eisenhartens Tod;
Der schuf ihr bittre Herzensnoth.
So von des Krieges Anbeginn
Belakane stand die Königin
In einem weißen Sammetfeld
10In schwarzen Farben ausgestellt,
Seit wir des Feinds Panier erschaut
(Ihre Treue wird im Jammer laut):
So steht sie ob den Thürmen hoch.
Von den andern acht bedrängt uns noch
15Friedebrands des Schotten Heer,
Die Getauften von über Meer.
»Ein Fürst behütet jedes Thor;
Oftmals zieht er auch davor
In den Streit mit dem Panier.
20Gaschier, dem Normann, nahmen wir
Einen Grafen ab im Feld:
Der bietet hohes Lösegeld.
Ein Schwestersohn ists von Kailet:
Was uns der nun Böses thät,
25Muste dieser stäts entgelten.
Doch solch Glück kommt uns selten.
Grünes Angers wenig, Sandes
Wohl an dreißig Ritte Landes
Ist zu den Zelten von dem Graben:
Da sieht man sie zum Kampfspiel traben.
[32]So gab sein Wirth ihm Bericht:
»Ein Ritter unterläßt das nicht,
Er kommt hervor und tiostiert.
Wenn der seinen Dienst verliert
5Bei jener, die ihn hergeschickt,
Was hilft ihm dann, wie frech er blickt?
Das ist der stolze Heuteger.
Ich darf wohl sagen, seit das Heer
Uns der Feinde hält umseßen,
10Daß der Held vermeßen
Allmorgentlich bereit erschien
Vor der Pforte bei dem Baldachin;
Auch weiß ich, daß der kühne Mann
Manches Kleinod hat verthan,9
15Wenn er uns durch die Schilde stach,
Das man für kostbar ansprach,
Wenn es die Knappen ausgebrochen;
Er hat uns Manchen abgestochen.
Der Held läßt sich gerne schauen;
20Ihn loben auch unsre Frauen.
Wen Frauen loben, wird bekannt,
Er hat den Ruhm an der Hand
Und seines Herzens Wonne.«
Nun hatte müd die Sonne
25Eingestellt den Strahlenschein:
Des Lustritts must ein Ende sein.
Der Gast ritt heim mit seinem Wirth;
Das Mal bereit er finden wird.
Ich muß von ihrer Speise sagen:
Die ward mit Anstand aufgetragen:
[33]Man diente ihnen ritterlich.
Mit Gefolge kam und stellte sich
Die Königin vor seinen Tisch:
Hier stand der Reiher, dort der Fisch.
5Sie war herabgefahren,
Um selber zu gewahren,
Ob man fleißig pfläge sein.
Mit Jungfraun kam sie, nicht allein.
Sie kniete nieder (ihm wars leid):
10Mit eigner Hand zerschnitt die Maid
Dem