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Herrin Jeschute.
»Ueberzeugt auch seid ihr des,
Frau, daß der stolze Galoes,
25Fils dü Roi Gandein,
Im Tod erlag der Tjoste mein.
Ihr selber hieltet nah dabei,
Wo mir Plihopliherei
Entgegen tiostierend ritt
Und mich im Streite da bestritt.
[135]Hinters Ross mein Sper ihn zückte,
Daß kein Sattel mehr ihn drückte.
So hab ich manchen Preis errungen,
Viel Ritter hinters Ross geschwungen.
5Das kam mir nicht zu Gute hier:
Die höchste Schande wehrt' es mir.
»Sie haßen mich mit Grunde,
Die von der Tafelrunde.
Ihrer achte stach ich nieder da,
10Wo es manche Jungfrau sah,
Bei dem Sperber dort zu Kanedig.43
Ich behielt euch Preis und mir den Sieg,
Wie ihr bei Artus wohl ersaht,
Der meine Schwester bei sich hat,
15Die Süße, Kunnewaren.
Ihr Mund kann nicht gebahren
Mit Lachen, eh sie den ersehn,
Dem den höchsten Preis sie zugestehn.
Ach käm mir doch derselbe Mann!
20So würd ein Streiten hier gethan,
Wie heute Morgen, da ich kämpfte
Und eines Fürsten Hochmuth dämpfte,
Der mir sein Tiostieren bot:
Da gab ihm meine Tjost den Tod.«
25»Ich will von solchem Zorn nichts sagen,
Daß mancher hat sein Weib geschlagen
Um geringere Schuld.
Sollt ich euch verliebte Huld
Im Ritterdienst noch bieten,
So gewännt ihr nur die Nieten.
[136]Ich will nicht mehr erwarmen
In euern blanken Armen,
Wo ich wohl sonst in Minne lag
Manchen wonniglichen Tag.
5Ich mach euch bleich den rothen Mund,
Euern Augen thu ich Röthe kund;
Eurer Freude will ich wehren,
Euer Herze Seufzer lehren.«
Die Fürstin sah den Fürsten an,
10Ihr Mund da jämmerlich begann:
»Nun ehrt an mir die Ritter all.
Weis und getreu seid ihr zumal
Und wohl auch so gewaltig mein,
Ihr könnt mir schaffen hohe Pein;
15Nur geht erst weislich zu Gericht.
Bei allen Fraun, versäumt es nicht!
Verdien ichs, trag ich gern die Noth.
Fänd ich von andrer Hand den Tod,
Daß es euch nicht Schmach erwürbe,
20Wie gern ich dann erstürbe!
Das wär mir eine süße Zeit,
Da ihr mir doch erzürnet seid.«
Wieder brach der Zornge los:
»Frau, euer Hochmuth wird zu groß,
25Dem sei ein Maß beschieden.
Gesellschaft wird vermieden
Mit Trinken und mit Eßen,
Beilagers gar vergeßen.
Euch wird kein anderes Gewand
Als dieß, worin ich heut euch fand.
[137]Sei euer Zaum ein Seil von Bast,
Der Hunger lad eur Pferd zu Gast;
Allen seinen Schmuck verliert
Euer Sattel wohlgeziert.«
5Hurtig zerrt' und riß er da
Den Samt herab. Als das geschah,
Und der Sattel brach, den sie geritten
(Ihre keuschen reinen Sitten
Hatten seinen Haß erfochten):
10Mit dem Strick, von Bast geflochten,
Richtet' er ihn wieder zu;
Sein Haß benahm ihr gar die Ruh.
Der Herzog sprach nach solchem Thun:
»Herrin, laßt uns reiten nun.
15Wie wär ich froh, erreicht ich ihn,
Der eure Minne nahm dahin.
Ich bestünd das Abenteuer,
Gäb auch sein Athem Feuer
Wie eines wilden Drachen.«
20Mit Weinen sonder Lachen
Schied aus dem Zelte trauriglich
Die edle Frau und härmte sich.
Sie hing dem eignen Leid nicht nach,
Nur ihres Mannes Ungemach.
25Sein Trauern schuf ihr solche Noth,
Ihr wäre lieber wohl der Tod.
Nun sollt ihr treulich sie beklagen,
Sie muß nun hohen Kummer tragen.
Wär mir aller Frauen Haß bereit,
Mich härmte doch Jeschutens Leid.
[138]So ritten sie auf seiner Fährte.
Der Knapp sein Ross auch Eile lehrte;
Nur wuste nicht der Unverzagte
Daß man hinterdrein ihm jagte;
5Doch wen sein Auge wahr nahm,
Sobald er ihm so nahe kam,
Der gute Knappe grüßt' ihn fein
Und sprach: »So rieth die Mutter mein.«
Also ritt der täppsche Knab
10Einen Berghang hinab.
Als er vor den Felsen kam,
Eines Weibes Stimm er dort vernahm.
Vor Jammer schrie sie manchen Schrei;
Ihr war die Freude gar entzwei.
15Der Knappe ritt ihr eilends nah:
Nun hört, was that die Jungfrau da?
In ihres Herzleides Drang
Riß die braunen Zöpfe lang
Sigune jammernd aus der Haut.
20Als der Knapp sich umgeschaut,
Schionatulander
In der Tjost erschlagen fand er
Liegen in der Jungfrau Schooß,
Die aller Freuden nun verdroß.
25»Mag er traurig oder fröhlich sein,
Ihn grüßen hieß die Mutter mein:
Gott wahr euch,«