Parzival. Wolfram Von Eschenbach
er ihn rührt' oder schwang;
Er war von Schwertschlägen hell.
10Der Degen war zur Kühnheit schnell.
Also diesen Wald durchstrich
Der Fürst gerüstet wonniglich.
Aller Mannesschöne Blumenkranz,
Den fragte da Karnachkarnanz:
15»Knapp, saht ihr hier vorüberfahren
Zwei Ritter, die nicht können wahren
Das Gesetz der Rittergilde?
Sie tragen Raub im Schilde
Und sind an Würdigkeit verzagt:
20Sie entführten eine Magd.«
Was er auch sprach, doch hielt ihn noch
Der Knapp für Gott: so malt' ihn doch
Die Königin Frau Herzeleid,
Die vom lichten Schein ihm gab Bescheid.
25Da rief er laut sonder Spott:
»Nun hilf mir, hilfreicher Gott.«
Niederwarf sich zum Gebet
Le Fils dü Roi Gachmuret.
Da sprach der Fürst: »Ich bin nicht Gott;
Doch leist ich gerne sein Gebot.
[123]Vier Ritter möchtest du hier sehn,
Wenn du beßer könntest spähn.«
Der Knappe fragte fürbaß:
»Du nennest Ritter: was ist das?
5Hast du selbst nicht Gotteskraft,
So sage, wer giebt Ritterschaft?«
»Die theilt der König Artus aus.
Junker, kommt ihr in sein Haus,
So mögt ihr Ritters Namen nehmen,
10Daß ihrs euch nimmer habt zu schämen.
Ihr seid wohl ritterlicher Art.«
Von den Helden er beschauet ward:
Da sahn sie Gottes Kunst und Fleiß.
Von der Aventür ich weiß,
15Die mich mit Wahrheit des beschied,
Daß Mannesantlitz nie gerieth
So schön wie seins von Adams Zeit:
Drum lobten Fraun ihn weit und breit.
Da hub der Knappe wieder an,
20Daß sein zu lachen der begann:
»Ei Ritter gut, was soll dies sein?
Du hast so manches Ringelein
An den Leib gebunden dir,
Dort oben und auch unten hier.«
25Der Knapp befühlte mit der Hand,
Was er eisern an dem Fürsten fand.
»Laßt mich den Panzer schauen:
Meiner Mutter Jungfrauen
Wohl an Schnüren Ringlein tragen,
Die nicht so aneinander ragen.«
[124]Noch sprach der Knappe wohlgemuth
Zum Fürsten: »Wozu ist dieß gut,
Was sich so wohl will schicken?
Kanns nicht herunterzwicken.«
5Da wies der Fürst ihm sein Schwert:
»Nun sieh, wer Streit mit mir begehrt,
Des erwehr ich mich mit Schlägen;
Gegen seine muß ichs an mich legen:
Dieß und der Schild behütet mich
10Vor dem Schuß und vor dem Stich.«
Wieder sprach der Knappe schnell:
Trügen die Hirsche solches Fell,
Sie versehrte nicht mein Gabilot;
So fällt doch mancher vor mir todt.«
15Die Ritter zürnten, daß er sprach
Mit dem Knappen, welchem Sinn gebrach.
Da sprach der Fürst: »Gott hüte dein!
O wäre deine Schönheit mein!
Dir hätte Gott genug gegeben,
20Besäßest du Verstand daneben;
Nun halte Gott dir Kummer fern.«
Da ritt er weiter mit den Herrn.
Sie gelangten alle bald
Zu einem Feld im tiefen Wald.
25Da fand er an der Pflugschar
Frau Herzeleidens Bauernschar.
Dem Volke nie so leid geschah.
Die man künftig ernten sah,
Sie mußten sän und egen,
Starken Ochsen dräun mit Schlägen.
[125]Der Fürst ihnen guten Morgen bot
Und frug sie: »Sahet ihr nicht Noth
Eine Jungfrau leiden?«
Da konnten sie's nicht meiden,
5Sie sagten ihm, was er gefragt:
»Zwei Ritter und eine Magd
Sahn wir reiten heute Morgen.
Das Fräulein schien in Sorgen.
Kräftig mit den Sporen rührte
10Die Pferde, der die Jungfrau führte.«
Es war Meliakanz,39
Dem nachritt Karnachkarnanz
Und ihm im Kampf die Jungfrau nahm:
Sie war an aller Freude lahm.
15Sie hieß Imäne
Von der Bellefontäne.
Die Bauern waren sehr verzagt,
Da diese Helden sie befragt.
Sie sprachen: »Wie ist uns geschehn!
20Hat unser Junker ersehn
An diesen Rittern schartges Eisen,
So dürfen wir das Glück nicht preisen.
Uns trifft darum mit Recht fürwahr
Der Zorn der Königin immerdar,
25Weil er mit uns zu Walde lief
Heute früh, da sie noch schlief.«
Gleich galts dem Knappen, wer nun schoß
Im Wald die Hirsche klein und groß;
Heim zur Mutter lief er wieder
Und sagt' es ihr. Da fiel sie nieder,
[126]Seiner Worte sie so sehr erschrak,
Daß sie bewußtlos vor ihm lag.
Als darauf die Königin
Bewußtsein wieder fand und Sinn,
5Wie sie zuvor auch war verzagt,
Doch sprach sie: »Sohn, wer hat gesagt
Dir von ritterlichem Orden?
Wie bist dus inne geworden?«
»Mutter, ich sah vier Männer licht,
10Lichter ist Gott selber nicht:
Die