Parzival. Wolfram Von Eschenbach

Parzival - Wolfram Von Eschenbach


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und Bolzen viel

      5Schnitt er sich mit eigner Hand

      Und schoß die Vögel, die er fand.

      Wenn er jedoch das Vöglein schoß,

      Dem erst Gesang so hold entfloß,

      So weint' er laut und strafte gar

      10Mit Raufen sein unschuldig Haar.

      Sein Leib war klar und helle:

      Aus dem Plan an der Quelle

      Wusch er sich alle Morgen.

      Ihm schuf nichts anders Sorgen

      15Als über ihm der Vöglein Sang,

      Der ihm das Herz so süß durchdrang:

      Das dehnt' ihm seine Brüstlein aus.

      Mit Weinen lief er in das Haus.

      Die Köngin sprach: Wer that dirs an?

      20Du warst ja draußen auf dem Plan.«

      Da wust er ihr kein Wort zu sagen.

      So gehts Kindern noch in unsern Tagen.

      Das macht' ihr viel zu schaffen.

      Da sah sie einst ihn gaffen

      25Nach einem Baum, von dem es scholl.

      Sie ward wohl inne, wie ihm schwoll

      Von dem Gesang die junge Brust;

      In seiner Art lag solch Gelust.

      Frau Herzleid trug den Vögeln Haß

      Seitdem, sie wuste nicht um was:

      [119]Sie sandte Knecht und Enken

      Ihr Singen zu beschränken,

      Vöglein mit Netz und Stangen

      Zu würgen und zu fangen.

      5Die Vöglein waren gut beritten,

      Daß sie den Tod nicht all' erlitten:

      Etliche blieben wohl am Leben,

      Die hört man neuen Sang erheben.

      Der Knabe sprach: »Bei eurer Huld,

      10Was giebt man doch den Vöglein Schuld?«

      Er erbat ihnen Frieden gleich zur Stund.

      Seine Mutter küsst' ihn auf den Mund.

      Sie sprach: »Was brech ich sein Gebot,

      Der doch ist der höchste Gott?

      15Sollen Vöglein trauern meinethalb?«

      Der Knappe sprach zur Mutter bald:

      »Höre Mutter, was ist Gott?«

      »Das sag ich, Sohn, dir ohne Spott:

      Er ist noch lichter denn der Tag,

      20Der einst Angesichtes pflag

      Nach der Menschen Angesicht.

      Sohn, vergiß der Lehre nicht

      Und fleh ihn an in deiner Noth,

      Dessen Treu uns immer Hülfe bot.

      25Ein Andrer heißt der Hölle Wirth,

      Der schwarz Untreu nicht meiden wird:

      Von dem kehr die Gedanken

      Und auch von Zweifels Wanken.«

      Seine Mutter unterschied ihm gar,

      Was finster ist, was licht und klar.

      [120]Dann eilt' er wohl waldein zu springen,

      Das Gabilot37 auch lernt' er schwingen,

      Womit er manchen Hirsch erschoß,

      Davon der Mutter Volk genoß.

      5Ob man Grund sah oder Schnee,

      Dem Wilde thät sein Schießen weh.

      Hört aber fremde Märe:

      Wenn er erschoß das schwere,

      Einem Maulthier wär die Last genug,

      10Die er unzerlegt nach Hause trug.

      Er kam auf seinem Waidegang

      Eines Tages einer Hald entlang

      Und brach zum Blatten manchen Zweig.

      In seiner Nähe ging ein Steig:

      15Da vernahm er Schall von Hufschlägen:

      Er begann sein Gabilot zu wägen.

      »Was hab ich da vernommen?

      Daß nun der Teufel kommen

      Wollte grimm und zorniglich!

      20Ich bestünd ihn sicherlich.

      Meine Mutter Schrecken von ihm sagt;

      Mich dünkt, sie ist auch zu verzagt.«

      So stand er da in Streits Begehr.

      Seht, da traben dortenher

      25Drei Ritter in der Rüstung Glanz

      Von Haupt zu Fuß gewappnet ganz.

      Der Knappe wähnte sonder Spott,

      Jeglicher wär ein Herregott.

      Wohl stand er auch nicht länger hie,

      Er warf sich in den Pfad aufs Knie;

      [121]Mit lauter Stimme rief er gleich:

      »Hilf Gott, Du bist wohl hilfereich!«

      Der Vordre zürnte drum und sprach,

      Als ihm der Knapp im Wege lag:

      5»Dieser täppische Waleise

      Wehrt uns schnelle Weiterreise.«

      Ein Lob, das wir Baiern tragen,

      Muß ich von Waleisen sagen:

      Sie sind täppischer als Bairisch Heer

      10Und leisten doch gleich tapfre Wehr.

      Wen dieser Länder Eins gebar,

      Wird der gefüg, ists wunderbar.

      Da kam einher galoppiert,

      An Helm und Harnisch wohl geziert

      15Ein Ritter, welchem Zeit gebrach:

      Streitgierig ritt er jenen nach,

      Die ihm schon voraus gekommen.

      Zwei Ritter hatten ihm genommen

      Eine Frau aus seinem Lande:

      20Das dauchte diesen Schande.

      Der Jungfrau Leid betrübt' ihn schwer,

      Die erbärmlich ritt vor ihnen her.

      Die Dreie sind ihm unterthan.

      Er ritt ein schönes Kastilian;

      25An seinem Schild war wenig ganz.

      Er hieß Karnachkarnanz,

      Le Comte Ulterleg.38

      Er sprach: »Wer sperrt uns hier den Weg?«

      So fuhr er diesen Knappen an;

      Dem schien er wie ein Gott gethan:

      [122]Er sah noch niemals lichtre Schau.

      Sein Wappenrock benahm den Thau.

      Mit goldrothen Schellen klein

      Waren an jedwedem Bein

      5Ihm die Stegereif' in Klang gebracht

      Und zu rechtem Maße lang gemacht.

      Sein


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