INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Eins. Eberhard Weidner

INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Eins - Eberhard Weidner


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um sich ebenso effektiv gegen rein körperliche Angriffe zur Wehr setzen zu können. Er griff mit der Rechten unter seine Jacke und zog die Glock 17, Kaliber 9 mm Luger, aus dem Schulterholster. In einer unzählige Male geübten und aufgrund dessen blitzschnellen, fließenden Bewegung richtete er sie auf den Angreifer und drückte ab. Durch das automatische Sicherungssystem, das ohne außen liegende Sicherungshebel auskam, war die Waffe sofort einsatzbereit.

      Die Detonation hallte durch das Treppenhaus. Spätestens jetzt mussten die anderen Luziferianer wissen, dass diese Nacht nicht so ablief wie geplant und dass sie einen ungebetenen Besucher hatten. Aber wahrscheinlich waren sie bereits durch das laute Gebrüll des Zauberers alarmiert worden.

      Der Angreifer sackte derart abrupt zusammen, als hätten sich seine Knochen in Gelatine verwandelt, und sank lautlos zu Boden. Das Projektil hatte ihn tödlich ins Herz getroffen.

      Der Inquisitor wirbelte herum, um nach weiteren Gegnern Ausschau zu halten. Keine Sekunde zu spät! Hinter seinem Rücken hatten sich zwei Gestaltwandler herangeschlichen. Obwohl sie am ganzen Körper dicht behaart waren, gingen sie aufrecht auf ihren Hinterläufen. Anhand der Musterung ihres Fells und der charakteristischen Kopfformen erkannte Michael, dass er einen Wolf und eine Hyäne vor sich hatte. Wider Erwarten griffen ihn die Monster nicht mit ihren todbringenden Zähnen und Klauen an, sondern trugen ein engmaschiges Netz zwischen sich, mit dem sie ihn einfangen wollten.

      Sie waren schon erschreckend nah, und ihr Plan wäre wahrscheinlich aufgegangen, wenn Michael nicht so reaktionsschnell gewesen wäre. Er ließ sich im selben Moment nach hinten fallen, als die Gestaltwandler das Netz warfen, und rollte sich über die linke Schulter ab. Das Netz fiel nutzlos an der Stelle zu Boden, wo er soeben noch gestanden hatte. Die beiden Ungeheuer knurrten, verärgert über ihren Misserfolg.

      Michael stand sofort wieder auf den Füßen und legte auf den Wolf an. Eine exakt platzierte silberne Kugel, die am Hochalter des Petersdoms geweiht worden war, ins Herz der Bestie beendete ihr irdisches Dasein. Die Hyäne warf sich jaulend herum und wollte Fersengeld geben, doch Michael erschoss sie von hinten. In derartigen Fällen kannte er keine Sentimentalitäten, schließlich ließen diese Bestien ebenfalls keine Gnade walten.

      Michaels Verwunderung darüber, dass er es hier nicht wie erwartet mit einem Zirkel eher harmloser Hexen, sondern mit weit gefährlicheren Zauberern und Gestaltwandlern zu tun hatte, stieg. Entweder war sein Informant ausnahmsweise falsch unterrichtet gewesen oder …! Michael wollte über die schreckliche Alternative lieber nicht nachdenken. Stattdessen machte er sich Gedanken, ob es nicht besser wäre, vorübergehend den Rückzug anzutreten und mit Verstärkung zurückzukommen.

      Da wurde im Erdgeschoss das Getrampel zahlreicher Schritte laut. Die Räume dort unten schienen doch nicht so verlassen zu sein, wie er angenommen hatte. Ganz im Gegenteil! Nach dem enormen Lärm zu urteilen, mussten sie ziemlich bevölkert sein. Und gegenwärtig war scheinbar jeder, der sich dort verborgen gehalten hatte, auf den Beinen, um den Eindringling in ihrer Mitte zu erwischen.

      Michael wollte eine Begegnung mit dieser Meute nach Möglichkeit vermeiden. Da er bereits auf stärkere Gegner als erwartet gestoßen war, war nicht vorherzusehen, wer oder was ihm hier unter Umständen noch alles über den Weg lief. Darüber hinaus war er nicht gut genug bewaffnet, um es mit einer größeren Zahl derartiger Feinde aufnehmen zu können. Michael erkannte, dass die Ausgangslage sich um hundertachtzig Grad gedreht hatte und hier etwas fürchterlich schief ging. Allerdings hatte er keine Zeit, sich eingehendere Gedanken über diese Problematik zu machen, da die ersten polternden Schritte unter ihm die Stufen erreicht hatten.

      Er nahm kurzerhand die nächste Treppe, die ihn weiter nach oben führte, da er dort eine realistischere Chance zur Flucht sah. Längst bemühte er sich nicht mehr, leise zu sein. Seine Gegenwart musste mittlerweile jedem im Haus bekannt sein. Während er nach oben rannte, schob er die Automatik ins Holster und holte sein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Sobald er es aktiviert hatte, stellte er fest, dass es keinen Empfang hatte. Er konnte noch nicht einmal seine Kollegen zu Hilfe rufen. Er fluchte leise und steckte das Handy weg, um wieder die Pistole zu ziehen, die in seiner Lage schlagkräftigere Hilfe versprach.

      Unmittelbar vor dem zweiten Stockwerk wurde er langsamer und spähte vorsichtig um die Türkante in die linke unbeleuchtete Wohnung. Am Ende des Flurs lauerten mehrere dunkle Schemen, die Michael nicht deutlich erkennen konnte. Er hob die Waffe und jagte fünf ungezielte Schüsse in die Finsternis. Mehrstimmiges Gebrüll und das Scharren von Füßen wurden laut, als die Gegner hastig in Deckung gingen. Schmerzensschreie waren nicht darunter, sodass Michael nicht davon ausging, dass er jemanden getroffen hatte.

      Er wandte sich zur anderen Seite. Dort stand die Tür ebenfalls offen. Der dahinter liegende Flur war ebenfalls unbeleuchtet, doch aus einem Raum am anderen Ende fiel flackernder Lichtschein.

      Der Inquisitor verharrte kurz, um die Lage zu analysieren. Von unten war das Lärmen der herannahenden Meute zu hören. Aus der linken Wohnung konnte er das kehlige Knurren und wütende Geschrei weiterer Gegner vernehmen, die auf die Gelegenheit warteten, ihm in den Rücken zu fallen. Und als wäre all das noch nicht genug, erschallten da auch in der obersten Etage Schritte und laute Rufe einer größeren Menge.

      Drei von vier möglichen Richtungen waren ihm somit verwehrt, womit einzig der Zugang zu den Räumen rechts von ihm übrig blieb, die als letzter Zufluchtsort einen verlassenen Eindruck erweckten.

      Michaels Nackenhärchen sträubten sich, als seine Instinkte ihn vor einer Gefahr warnten, die er mit seinen bewussten Sinnen mitnichten erfassen konnte. Er ahnte, dass die Wohnung nicht wirklich leer war, dass dort irgendetwas verborgen war und auf der Lauer lag. Doch was blieb ihm anderes übrig? Wenn er noch länger zögerte, brauchte er sich keine Gedanken mehr zu machen, welchen Weg er nehmen sollte, da die wütende Meute aus drei Richtungen gleichzeitig über ihn herfallen und ihn mit bloßen Händen und Klauen zerreißen würde.

      Als die ersten Verfolger aus dem unteren Stockwerk die Kehre erreichten, rannte er los und tauchte trotz aller Bedenken in den düsteren Flur. Er ließ die Tür krachend hinter sich ins Schloss fallen und tastete nach einem Schlüssel oder Riegel, mit dem er die Tür verschließen konnte. Allerdings fand er nichts von beidem.

      Das Getrampel und Gekreische im Treppenhaus wurde mit jeder verstreichenden Sekunde lauter und eindringlicher, während seine Gegner aus den anderen Etagen näher kamen und sich wohl auch diejenigen aus ihren Verstecken trauten, die er zuvor mit seinen ungezielten Schüssen in Deckung gezwungen hatte.

      Er stürmte den kurzen Flur entlang und rüttelte mit der Hand, in der er die Waffe hielt, an jeder Tür, die er passierte. Alle waren verriegelt. Er hielt sich nicht erst damit auf, eine von ihnen gewaltsam zu öffnen, da erste Schläge von außen gegen die Wohnungstür krachten und das Holz erzittern ließen. Lang würde die dünne Pressspanbarriere der Gewalt der dagegen anstürmenden Masse nicht standhalten. Vor allem, wo die Tür gar nicht verriegelt war. Aber das schien die blindwütige Meute auf der anderen Seite zum Glück noch nicht realisiert zu haben.

      Er rannte zur letzten Tür auf der linken Seite, die als einzige offen stand und aus der flackernder Lichtschein in den Flur fiel.

      Bevor er in den Raum lief, warf er einen letzten Blick zum Eingang. Trotz der schlechten Lichtverhältnisse konnte er erkennen, dass sich das Holz in der Mitte stark nach innen bog, als würde sich von der anderen Seite etwas Gewaltiges mit enormer Kraft dagegenstemmen. Das Holz ächzte laut und splitterte an den Rändern. Durch die sich rasch verbreiternden Spalten zwischen Rahmen und Türblatt drangen gleißend helle Lichtspeere, in denen Staubpartikel tanzten.

      Michael wollte lieber nicht mit ansehen, was die Tür aufsprengen und sich durch die Öffnung zwängen würde. Er eilte in den einzig zugänglichen erhellten Raum und schlug dessen Tür ebenfalls hinter sich zu. Er steckte die Pistole weg und langte nach dem Schloss. Mit einem Gefühl der Erleichterung ertastete er mit zitternden Fingern einen Schlüssel und drehte ihn zweimal im Schloss. Anschließend zog er sofort wieder die Waffe.

      Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, als die Wohnungstür dem Druck nicht länger standhielt und aufgesprengt wurde.

      Atemlos lauschte Michael auf weitere Geräusche aus dem Flur, doch nach dem Bersten der


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