Tara. Nancy Omreg
Sie fliegen von Berlin nach Palermo und von Palermo nach Bukarest in einem Tag?“, fragte mich der Beamte in einem fast guten Deutsch.
Tja, gute Frage. Ich suche meinen toten Ehemann. Zum Glück verließ mich auch jetzt meine Eingebung nicht.
„Ich bin ein Model. So läuft das in dem Business. Morgens Shooting am Meer unter der heißen Sonne Siziliens und abends Casting in Bukarest für den nächsten Shootingjob“, entschuldigend hob ich meine Hände und schenkte ihm mein strahlendes Lächeln. Rumänische Beamten waren wohl nicht so leicht zu beeindrucken, denn er schien noch nicht ganz zufrieden.
„Wieso heute nur? Kein weiterer Flug im Pass?“, mit einer hochgezogenen Augenbraue studierte er meinen Pass erneut.
„Ich war bisher nur in Deutschland tätig. Nun geht es mit der Karriere endlich bergauf und ich werde international gebucht“, ich zuckte arrogant mit einer Schulter.
Der Beamte schaute noch einmal zweifelnd zwischen mir und meinem Pass hin- und her. Dann zuckte auch er mit den Schultern und ließ mich endlich weiter.
Ich rannte zum Gepäckband, doch Vlad war nicht mehr zu sehen.
Leise fluchend nahm ich meinen Koffer vom Band. Immerhin stieg durch diese Begegnung die Hoffnung hier doch einen Vampir zu treffen. Schließlich befanden sich mit ihm und mir bereits zwei Vampire in Bukarest. Es würde mit dem Teufel einhergehen, wenn hier nicht noch ein weiterer, ja, vielleicht sogar noch mehrere sich hier versteckt hielten.
Mit neuem Mut bestieg ich das nächste Taxi und ließ mich zu meinem gebuchten Hotel fahren. In mir kribbelte die Aufregung. Irgendetwas würde hier geschehen, das spürte ich genau.
Bukarest
Ich hatte mir ein Hotel in der Nähe des „Bulevardul Unirii“ gebucht. Von dort aus konnte ich bequem die meisten Clubs der Stadt besuchen.
Es war kurz vor 22 Uhr, als ich das Hotel erreichte. Zum Glück konnte ich noch einchecken. Die Aufregung des Pagen, der mir meine Koffer in mein Zimmer trug, weckte mein Hungergefühl.
Jedoch hatte ich vor die nächsten Tage in diesem Hotel zu verbringen, weswegen es mir nicht sehr klug erschien, den Pagen zum Abendbrot zu vernaschen.
Ich packte meine Koffer schnell aus und duschte mich. Jeder normale Mensch wäre nach der anstrengenden Reise von Deutschland, nach Sizilien und weiter nach Rumänien fertig gewesen und hätte nur noch in sein Bett gewollt.
Doch ich war kein Mensch mehr. Ich musste mich nicht ausruhen. Für mich ging die Action weiter. Ich würde heute noch zwei Clubs besuchen und schauen, ob mir irgendwo ein Vampir über den Weg lief.
Außerdem hatte ich vor mir noch einen kleinen Imbiss zu gönnen. Der Hunger nach der anstrengenden Reise wuchs ins Unermessliche.
Mit einem Handtuch um meinen Körper gewickelt stellte ich mich vor den Kleiderschrank meines Zimmers. Ich entschied mich für ein kurzes, schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt und dazu Schnürstiefel. Ich wusste nicht, wie die Clubs waren, die ich besuchen wollte. Doch ich dachte, dass dieses Outfit in ziemlich jeden Club passen würde.
Zwanzig Minuten später war ich bereit zum Ausgehen. Eine gewisse Aufregung überkam mich. Ich hatte mich für zwei Clubs im Viertel Lipscani entschieden, welches unmittelbar an den Bulevardul Unirii angrenzte. Es handelte sich bei beiden um große Diskotheken. Die eine hatte sich auf elektronische Musik spezialisiert, die andere bot alles von House, über Black bis hin zu den gängigen Chartstürmern.
Ich musste davon ausgehen, dass nicht alle Vampire in Gothicclubs verkehrten, auch wenn es mich erfreuen würde, gezielt solche Diskotheken aufzusuchen. Die Musik in den ausgewählten Clubs war für mich nicht interessant. Aber es ging auch nicht um mich. Ich wollte mir keine Chance verbauen, einen Vampir zu treffen. Dafür nahm ich auch schlechte Musik in Kauf.
Zu dem ersten Club ging ich zu Fuß. Die Straßen waren voll mit jungen Menschen. Die Nacht pulsierte im gleichen Rhythmus wie ihre Herzen. Überall vernahm ich Gelächter, Lust und Leben. Mein ruhiges Potsdamer Lebensgemüt war beinahe etwas überfordert mit der Flut von Reizen.
Am Eingang des ersten Clubs empfing mich ein gar nicht so lebenslustiger Security-Typ mit Glatze und Bomberjacke. Anscheinend war dieser Trend weit verbreitet. Die Ausweiskontrolle schien nach Gesicht zu erfolgen. Vor mir wurden zwei eindeutig minderjährige Mädchen durchgewunken, währenddessen der nachfol-gende Typ einer kritischen Ausweiskontrolle unterzogen wurde.
Nervös nestelte ich nach meinem Ausweis. Er war selbstverständlich gefälscht, so wie alle meine Papiere. Ich hatte Tristans Mittelmann in seinen Unterlagen gefunden und mir von ihm alle möglichen Ausweise, Urkunden und Pässe anfertigen lassen.
Ich hieß offiziell Tara Hufner, gemäß meiner recht-mäßigen Eheurkunde. Jedoch hatte mich mein Geburts-datum um einige Jahre vordatieren lassen, sodass ich immer noch als 25 Jahre galt.
Als ich an der Reihe war, blickte mir der Glatzentyp skeptisch ins Gesicht. Dann winkte er mich mit einer kurzen Handbewegung hinein, während er sich bereits dem nächsten Gast widmete.
Ich fand seine Reaktion doch etwas merkwürdig. Normalerweise erweckte ich in jedem Mann das Bedürfnis mir näher kommen zu wollen. Er hätte demnach weitaus aufmerksamer und freundlicher zu mir sein müssen. Doch auf irgendeiner Weise schien er fast schon verschüchtert, ja, beinahe ängstlich.
Mir kam es vor, als hätte er erkannt, wer ich war, beziehungsweise WAS ich war. Ich deutete seine Reaktion daher so, dass in diesem Club durchaus Vampire verkehrten und er mich als eine von ihnen identifizierte.
Als ich eintrat empfing mich ein Remix von Darude mit „Sandstorm“. Strobolichter durchzuckten den Club und beleuchteten die tanzenden Körper auf eine bizarre Art und Weise. Eine Mischung aus Schweiß und Alkohol lag in der Luft. In Käfigen tanzten halbnackte Frauen.
Mein Hunger überwältigte mich beinahe. Diese vielen adrenalingeladenen Herzschläge um mich herum ließen meine Fangzähne brennen.
Unwillkürlich schweiften meine Augen durch den Raum, um sich eine Beute auszusuchen. Mein Blick fiel auf ein Mädchen, welches sich ziemlich zugedröhnt in der Nähe der Toiletten an einer Wand anlehnte.
Ich schlenderte auf sie zu und versuchte ihren Blick einzufangen. Sie schaute mich an und begann zu lächeln.
Es war ihr anzusehen, dass sie nicht mehr viel um sich herum wahrnahm. Daher ließ ich sie nicht aus den Augen und kam nah an sie heran. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander. Ihr schien die Nähe zu gefallen, denn sie hielt meinem Blick stand.
Langsam ließ ich meine Lippen sanft die ihren suchen. Als sie sich fanden, erwiderte sie meinen Kuss leidenschaftlich und fordernd. Ich wusste, dass sie sich mir nun hingeben würde.
Schnell checkte ich die Umgebung um uns herum ab. Niemand beachtete uns großartig. Daher gab ich mir keine Mühe, sie in eine versteckte Ecke zu ziehen.
Während ihre Hände meine Brüste erkundeten, liebkoste mein Mund ihren Hals und eh sie sich versah, drangen meine Zähne durch ihre Haut und stillten meinen Hunger.
Ekstatisch stöhnte sie, als ich von ihr trank. Sie presste meinen Kopf mit einer Hand an ihren Hals und fuhr mit der anderen aufgeregt über meinen Körper.
Für mich war es nicht das erste Mal, dass ich von einer Frau trank. Erstaunlicherweise waren sie nicht viel schwerer zu erobern als Männer.
Mich das erste Mal einer Frau zu nähern war mir schwergefallen. Doch mit der Zeit hatte ich diese Chance zu schätzen gelernt, denn mit einer Frau musste es nicht unwillkürlich zum Geschlechtsakt kommen, damit sie sich mir hingab. Oftmals reichten Küsse schon aus.
Somit war es für mich eine stets willkommene und schnelle Möglichkeit der Nahrungsaufnahme, wenn ich eine mir willige Frau entdeckte, die ich gern und oft einem Mann vorzog.
Als ich satt war, ließ ich von dem Mädchen ab, welches immer noch verzückt stöhnte. Ich war mir sicher,