Slow Dancing In A Burning Room. Rika Mayer
seine Tochter ins Wohnzimmer und ließ sie auf die Couch plumpsen. „Okay, dann sehen wir uns jetzt deinen Film an und dann ab ins Bett mit dir.“ „Mamma soll bei mir sitzen!“ Linnea, die es sich längst im Fauteuil bequem gemacht hatte und der der Gedanke daran, sich wieder aufhieven zu müssen gänzlich missfiel, warf Haydn einen eiligen Blick zu. Dieser reagierte sofort, setzte sich, packte Briony und klammerte sich an sie. „Nein, ich lass dich nicht gehen. Ich hab dich noch nicht richtig zerknuddelt.“ „Iiiiieh.“
Haydn schaffte es, bei der Hälfte des ersten Films einzuschlafen. Linnea und Briony flüsterten darüber und kicherten, ließen ihn aber schlafen. So konnte er ihnen den Film nicht verderben. Linnea liebte Pippi Langstumpf, es mit einem Kind zu sehen und ihre Schwangerschaft boten ihr die perfekte Entschuldigung, selbst wieder ein Kind zu sein. Am Ende des Films schickte Linnea ihre Stieftochter ins Badezimmer und erschrak dabei über den Gedanken, dass sie sie geistig als ihre Stieftochter bezeichnet hatte. Gut, sie war ihre Stieftochter, aber sie sollte dieses Wort niemals gebrauchen, auch nicht in Gedanken. Zumindest nicht in Haydns Gegenwart – auch wenn er schlief. Sie schüttelte sich, dann weckte sie den Vater.
„Du hast es alles versäumt“, saß Briony in ihrem Bett und zog die Decke über sich. „Pippi ist mit einem Ballon um die ganze Welt geflogen.“ „Nicht um die ganze Welt“, reichte er ihr ihren Teddy und drückte sie sanft in die Kissen. „Nur um die Stadt.“ „Du hast geschlafen, du hast es nicht gesehen.“ „Ah, du hast also die Extended Version. – Augen zu und schlafen, Kröte.“ Er ließ sich umarmen und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann, noch bevor er sich umdrehen und sein Blick auf Linneas treffen konnte, räusperte er sich und strich dem Mädchen eine Strähne aus der Stirn. „Übrigens habe ich noch ein etwas verspätetes Weihnachtsgeschenk für dich.“ „Ja?“, war das Kind sofort wieder hell wach, ohne die Geste bemerkt zu haben. „Ja...“ Er zögerte, dann nahm er ihre Plüsch-Mickey-Maus vom Fußende des Bettes, setzte sie in seinen Schoß und seufzte. „Aber vorher möchte ich dir nur sagen, dass das nicht heißt, dass sich etwas an unserem Arrangement ändert, das geht einfach noch nicht. Du wirst nur ein bisschen was von Schweden zu sehen kriegen.“ „Schweden?“ Er nickte und Linnea war in diesem Moment eben so überrascht wie das Kind vor ihr. Was hatte er vor? „Das ist das Land wo Pippi wohnt“, erriet sie. „Erm… Ja.“ „Können wir dann Pippi besuchen?“ „Aber sicher.“ „Cool.“ „Bibi?“, spielte er ein bisschen mit der Maus, um Zeit zu gewinnen. „Léa wohnt auch in Schweden.“ „Kennst du Pippi?“, sah das Mädchen hinter ihn. „Bibi“, hob er den Finger, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. „Hast du verstanden, dass das das Einzige ist, was sich ändern wird?“ Sie stutzte und nickte dann. „Okay.“ Er schluckte. „Du bekommst im Frühjahr dein Geschwisterchen, Bibi.“ Ihre Augen erhellten sich auf der Stelle und sie kämpfte sich aus ihrer Decke. „Ja?“, fragte sie aufgeregt and kniete sich vor ihren Vater. „Ja“, nickte Haydn langsam. „Huuiii“, fiel sie ihm in die Arme. Dann machte sie sich los, fiel halb vom Bett, wenn Haydn sie nicht abgefangen hätte, und streckte dann Linnea die Arme entgegen. Und obwohl es nicht so einfach war, hob Linnea sie hoch und drückte sie an sich. Es fühlte sich so gut an.
„Okay, okay“, nahm Haydn Briony aus Linneas Armen. „Jetzt ab ins Bett mit dir.“ „Aber…“ „Nein!“, wickelte er sie in ihre Decke. „Es ist spät und du willst ja morgen nicht den ganzen Tag verschlafen, oder?“ „Nein.“ „Gut. – Arme hoch!“ „Wo ist meine Schwester?“ „Ich weiß nicht, ob es eine Schwester wird“, hoffte er, dem ersten Teil der Antwort zu entgehen. „Ich will aber eine Schwester“, ließ sie sich zudecken. „Das kann man nicht bestimmen, Schatz.“ „Weißt du was?“, kam Linnea Haydn zur Hilfe. „Morgen früh kannst du mir alle Fragen stellen die du willst“, beugte sie sich zum dem Mädchen und küsste sie auf die Wange. „Aber jetzt wird geschlafen.“ „Okay“, gab sie den Kuss zurück und machte wie auf Befehl die Augen zu.
„Du hast’s ihr gesagt“, flüsterte Linnea, als Haydn die Tür zu Brionys Zimmer hinter sich schloss. Obwohl sie es ihm praktisch befohlen hatte, konnte sie trotzdem nicht ganz fassen, dass er es tatsächlich getan hatte. „Ja“, schob Haydn die Hände in die Hosentaschen und ging zurück ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Couch fallen und legte die Beine auf den Tisch. Linnea folgte ihm mit etwas Abstand und setzte sich nicht neben ihn, sondern ins Fauteuil, aber sie machte es sich nicht bequem. Er gab sich zwar alle Mühe es zu verstecken, aber sie konnte ihm ansehen, dass er die letzten Minuten am liebsten sofort wieder rückgängig gemacht hätte. Bevor sie etwas sagen konnte, beugte Haydn sich nach der Fernbedienung und drehte den Fernseher auf. Das war neu. Sie sahen nie fern. Haydn hatte keine Ahnung von Fernsehshows, also nahm sie an, dass er, auch wenn er allein war, den Fernseher kaum benutzte. Außer um sich Filme anzusehen.
„Hey“, stemmte sie sich wieder hoch und ging zu ihm. „Wir könnten uns den französischen Film ansehen“, setzte sie sich zu ihm. „Den den Lafayette dir geschenkt hat.“ Doch anstatt zu antworten, legte er den Arm um ihren Nacken und bettete ihren Kopf auf seine Schulter. Es war der wahrscheinlich verwirrenste Moment in ihrer ganzen Beziehung.
Sie gingen getrennt zu Bett. Linnea schlief bereits als Haydn den Fernseher abdrehte, seine Sachen auf den Schaukelstuhl legte und unter die Decke kroch. Als Linnea aufwachte, hatte er sie an sich gezogen und sie spürte seinen Atmen in ihrem Nacken. Er schlief tief und fest. Das war der zweitverwirrenste Moment in ihrer Beziehung. Und das Letzte was sie erwartet hatte, nach allem was im Dezember passiert war.
Doch der Moment währte nur sehr kurz, denn, als würde er spüren, dass sie wach war, zog er plötzlich seinen Arm zurück und drehte sich auf die andere Seite. Dann stöhnte er, schlug die Decke zurück und ging in die Küche. Linnea setzte sich auf und seufzte. Gut, sie hatte es nicht anders erwartet. Etwas steif hievte sie sich hoch und ging auf die Toilette. Überglücklich, dass sie von morgendlicher Übelkeit und Fressanfällen verschont geblieben war, konnte sie das von ihrem Harndrang nicht sagen.
Haydn stand in der Küche und machte Frühstück. „Hey“, kam sie herein und zog ihren Morgenmantel zu. Das Fenster stand offen und es war kalt. „Es ist früh, was machst du schon auf?“ „Ich brauchte eine Zigarette“, sah er kurz von den Eiern auf und streute dann etwas frisch geschnittene Petersilie darüber. „Dann fiel mir wieder ein, dass ich damit aufgehört habe, aber ich war schon zu munter.“ Ihr war schon aufgefallen, dass er sich nie mehr entschuldigt hatte und keine Zigaretten mehr in der Wohnung herumlagen. Er hatte ihr gesagt, dass er damit aufhören musste, als er krank war, sie hatte nicht erwartet, dass er einen kalten Entzug machen würde. „Soll ich Briony wecken?“, akzeptierte sie seine Ausrede. „Dann können wir zusammen frühstücken.“ Er nahm die Pfanne vom Herd und stellte sie in den Ofen. „Wenn du möchtest...“ „Okay“, ging sie rückwärts aus dem Zimmer, aber er sah ihr nicht nach.
Den Vormittag verbrachten Vater und Tochter mit Malen. Briony hatte eine kleine Leinwand auf dem Boden ausgebreitet und malte darauf eine Küstenlandschaft mit Leuchtturm; Haydn saß auf der Couch, hatte einen Block auf den Knien und skizzierte ein neues Outfit für den roten Teppich. Linnea saß ihm gegenüber und blätterte in einer Zeitschrift für Babyausstattung die sie am Flughafen gekauft hatte.
„Also, wo ist meine Schwester?“, tauchte Briony dann plötzlich neben ihr auf. „Hm?“, legte Linnea ihre Zeitschrift zur Seite. „Wo ist meine Schwester?“ Haydn sah ebenfalls erwartungsvoll von seinem Block auf, gespannt, was Linnea einem kleinen Mädchen antworten würde und Linnea nahm Brionys Hand, um sie auf ihren Bauch zu legen. „Da drin.“ „So wie Gracey in Mamies Bauch war?“ „Genau.“ „Mamie war aber viel dicker als du.“ „Das Baby wird noch wachsen“, rückte Linnea zur Seite, sodass Briony sich neben sie setzen konnte. „War ich auch im Bauch meiner Mamma?“, legte sie beide Hände auf Linneas. „Jedes Baby ist im Bauch seiner Mutter, bevor es auf die Welt kommt.“ „Wie kommt es da rein?“ Linnea warf Haydn einen kurzen Blick zu, der sich grinsend hinter seinem Block versteckt hatte. Er amüsierte sich königlich darüber, dass nicht er es war, der diesen ach so komplizierten Fragen ausgesetzt war. „Erm… Das erzähl ich dir, wenn du älter bist.“ „Warum?“ Haydn schnaubte hinter seinem Block. „Weil du noch ein bisschen zu jung bist.“ „Warum?“ „Bon“, legte Haydn seinen Block weg. „Wer