Slow Dancing In A Burning Room. Rika Mayer

Slow Dancing In A Burning Room - Rika Mayer


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werden, sie hat mich ausdrücklich darum gebeten.“ Es war derselbe Rezeptionist wie vor zwei Tagen, aber er erkannte sie nicht. Was für eine graue Maus sie doch offensichtlich war. Na toll, sollte sie jetzt etwa betteln? Was würde er denn dann von ihr denken? „Hören Sie“, versuchte sie ihre Stimme fest klingen zu lassen, „es geht um das Interview, das ich vorgestern geführt habe.“ Sie zückte ihren Presseausweis. „Ich bin bestimmt kein Groupie oder derartiges. Es ist rein beruflich.“ Das hätte sie vielleicht nicht sagen sollen, denn es wirkte irgendwie billig. Außerdem hatte er diese Ausrede bestimmt schon von anderen Mädchen gehört, die nach oben wollten. Dennoch schien das, der Ausweis oder vielleicht doch ein geringer Wiedererkennungswert Wirkung zu zeigen, denn der Rezeptionist nickte langsam. „In Ordnung“, gab er nach. „Sie können auf Ihre Verantwortung nach oben gehen und klopfen. Aber wenn niemand öffnet haben Sie sofort wieder herunter zu kommen!“ „Versprochen“, nickte sie eilig und stopfte ihr Portemonnaie wieder in ihre Tasche. „Vielen Dank! Ich werde dafür sorgen, dass niemand Sie belangen wird.“ Damit lief sie Richtung Fahrstuhl, bevor er es sich wieder anders überlegen konnte.

      Als sie Haydn Cavendish das erste Mal gesehen hatte, war es auf einer Fotostrecke gewesen, die Albin von der Arbeit mitgebracht hatte. „Eines dieser Top Models“, hatte Albin gestöhnt. „Kanadier. Ziemlich talentiert – und ja, er weiß es!“ Linnea hatte einen der Abzüge vom Tisch genommen und hatte nicht aufhören können, in diese blauen Augen zu starren. Später, als sie ihre Mutter besuchte, hatte die sie schon in der Tür mit folgenden Worten begrüßt: „Oh mein Gott, ich glaube, ich bin verliebt!“

      So hatte sie Haydn Cavendish gleich von den beiden Seiten kennengelernt, die ihn in der Öffentlichkeit verfolgten und somit hatte sie ein Bild von ihm, dass sie nun zögern ließ, als sie vor seiner Zimmertür stand. Ihr Ärger war verflogen. Er hatte nur getan, was er am besten konnte, oder nicht? Er hatte nur getan, was sie von Anfang an von ihm erwartet hatte; was jeder von ihm erwartete.

      „Oh fuck!“ Oh fuck! Und dann stand er plötzlich vor ihr. Noch bevor sie sich hatte entscheiden können, ob es das alles wirklich wert war, hatte sich Haydn Cavendish von seinem Buch losgerissen, weil er jemanden an der Tür glaubte. Er war nur in Shorts und sah so aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett gekrochen und das Bild war so überraschend, dass Linnea um jedes Wort verloren war.

      „Erm…“ Das Gesicht kam ihm bekannt vor, er konnte es nur nicht zuordnen. Sie trug Jeans und eine schlampig gebügelte Bluse – sie war keines der Zimmermädchen, aber sie war auch keines der Mädchen, das sich ihm an den Hals werfen wollte, soviel war offensichtlich. „Hi“, versuchte er es also. „Kann ich dir helfen?“ Konnte er ihr…? Oh shit! Oh shit, oh shit, oh shit! Was…? Sie… Oh shit! Oh shit, oh shit, oh shit! „Erm… Erm… Guten Morgen.“ Gut, gutes Kind! „Guten Morgen“, echote er und Linnea hielt ihm eilig die Mappe hin die sie mitgebracht hatte. „Ich erm… Ich bringe dir das Interview.“ Er sah auf die Mappe, dann auf sie. „Warum bringst du mir das?“ Linneas Hand, die die Mappe immer noch ausgestreckt hielt, begann leicht zu zittern. „Zur… zur Durchsicht. Ich…“ Sie räusperte sich. „Ich bringe dir das Interview, damit du es dir noch einmal durchsehen kannst, bevor es gedruckt wird.“ Er musterte sie noch einen Moment und nahm dann die Mappe an sich, um sie gähnend durchzublättern. Dabei sah er so normal aus, wie ein junger Mann nur aussehen konnte, den man gerade aus dem Bett gerissen hatte. Linnea ertappte sich erschrocken dabei, wie ihr Blick eilig den Raum hinter ihm scannte – das, was sie davon sehen konnte -, aber er schien leer zu sein.

      „Du weißt aber schon, dass du das bei deiner Chefredakteurin einreichen musst. Die ruft dann unter Umständen meinen Manager an, um etwaige Zitate zu überprüfen.“ Oh shit! Natürlich wusste sie das! Sie arbeitete für ein Magazin, sie hatte selbst schon unzählige Zitate überprüft. Aber sie hatte etwas sagen müssen. Irgendetwas. Etwas das glaubwürdig war – oder hatte sein sollen. „Ich…“, versuchte sie ihren Hals zu retten und versagte kläglich. „Ich wollte mit dir über das Interview reden“, platzte es also aus ihr heraus. „Das war… Es war sehr unprofessionell von mir – egal was du zu mir gesagt, oder nicht gesagt hast.“ Er fuhr sich über die Augen und die Mappe hing in seiner Hand als würde sie jeden Moment zu Boden fallen. „Was soll ich denn nicht gesagt haben?“ Er gähnte wieder und rieb sich die Nase. Linnea hätte in diesem Moment am liebsten kehrt gemacht und alles hingeschmissen, aber wenn sie etwas besaß, dann war das Stolz. Den hatte sie von ihrem Vater geerbt – und der war immerhin stolz genug gewesen, ihre Mutter zu verlassen. Er war nur ein Mensch. Zugegeben, ein verdammt gut aussehender, steinreicher Mensch mit dem Körper eines Gotts und der Stimme einer Nachtigall – aber sie hatte einen festen Partner, den sie liebte, der sie liebte… und… Überhaupt! „Na, alles!“, rief sie. „Dieses unverschämte Flirtmanöver deinerseits! Und dieser Kuss…“ Sein Räuspern unterbrach sie. „Linnea, richtig?“ Oh, er kannte ihren Namen? „Linnea, willst du nicht herein kommen?“, trat er zur Seite. „Dieses Hotel gehört nicht zu den Etablissements, in denen man auf dem Flur eine Szene macht.“ Erm… Aber bevor ihr Kopf reagieren konnte, hatten ihre Füße bereits die ersten Schritte gemacht.

      „Ich nehme an, du hast schon gefrühstückt“, klatschte er die Mappe auf den Kaffeetisch und setzte sich, bevor er nach dem Telefon griff. Linnea war damit beschäftigt, ihre Sinne zu ordnen und hatte ihm nur mit halbem Ohr zugehört. „Wie bitte?“ Er beobachtete sie einen Moment, bevor er die Nummer wählte. „Du brauchst dich nicht so umzusehen“, grinste er dann. „Ich bevorzuge es alleine zu schlafen.“ Oh…

      „Also jetzt noch mal von vorn“, legte er auf, nachdem er sich Unmengen an Kaffee bestellt hatte. „Aber bitte ganz langsam, mein Gehirn arbeitet noch auf halber Stufe.“ Sie wagte es nicht, sich zu setzen und stand dumm mitten im Raum. Verdammt, was passierte hier gerade? „Ich… erm…“ Und dann fragte sie sich, warum sie wirklich hier war? Er hatte sie vergessen, niemand außer Oscar hatte es gesehen… Jetzt, hier, machte sie sich eigentlich erst lächerlich. Doch sie konnte nicht gehen.

      Haydn saß auf der Couch, die Beine verschränkt und wartete. Er hatte noch immer nicht ganz verstanden, warum Linnea eigentlich gekommen war. Um sich für einen Kuss zu entschuldigen? Sie sich? Für einen einzigen Kuss? So was war ihm bestimmt noch nie passiert und er konnte nicht verhindern, dass er innerlich darüber laut auflachte. Das war schon eine interessante junge Frau da vor ihm, wenn sie ein einziger Kuss derart aus der Ruhe brachte. Aber nicht etwa, weil sie sich mehr erwartet hatte.

      Nach einer schier endlosen Weile streckte er sich. „Ich muss sagen, das ist mir noch nie passiert. Normalerweise kommen die Mädchen, um sich mir noch mal an den Hals zu werfen, nicht um sich zu beschweren.“ Er stellte die Füße auf den Boden und hievte sich gähnend hoch. „Okay“, hustete er kurz. „Léa… Wenn ich dir jetzt sage, dass ich dich einfach nur küssen wollte“, ging er Richtung Badezimmer. Dabei musste er an Linnea vorbei und diese sprang regelrecht zur Seite. „Ganz ohne Hintergedanken. Gehst du dann wieder nach Hause und lässt mich in Ruhe frühstücken?“ Allerdings bekam sie von ihm gar keine Chance zu erwidern, weil er gleich darauf einfach die Badezimmertür hinter sich schloss. Wenige Sekunden später hörte sie das Wasser der Dusche rauschen. Das war doch nicht sein Ernst, oder? Sie stand da und traute ihren Ohren nicht. Der Mensch hatte ein derart großes Ego, dass er wohl gar kein Schamgefühl mehr kannte. Im Moment gefangen, hatte sie ganz vergessen, dass ihre Mission erfüllt war und sie einfach nur mehr zu gehen brauchte, um diese Episode hinter sich zu lassen.

      Gerade als ihr Gehirn endlich den Befehl an ihre Beine sendete, kehrt zu machen und der lächerlichen Zurschaustellung ein Ende zu bereiten, stand er schon wieder in der Tür. Nackt. Auf seiner Brust standen immer noch ein paar Wasserperlen.

      „Du bist ja noch hier.“ Er lehnte sich an den Türstock und sah sie ganz unverhohlen an. „Dachte, du würdest dein stolzes Kinn recken und hinaus rauschen, während ich dusche.“ Sollte Linnea tatsächlich noch irgendwelche Prinzipien gehabt haben, als sie an seine Tür geklopft hatte, so sprangen nun auch diese über die Planke und ertranken jämmerlich. Er war dieser unglaubliche Sänger und sie war das Mädchen, das immer schon ein Groupie hatte sein wollen… „Ach ja, das wäre doch genau was du erwartet hättest, nicht wahr?“, schob sie ihr Kinn vor und stütze sich auf die Sofalehne. Und er war derjenige,


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