Milly Darrell. Мэри Элизабет Брэддон

Milly Darrell - Мэри Элизабет Брэддон


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die ganze Zeit über neben ihrem Stuhl, aus ihr sonniges Gesicht niederbückend und mit ihr sprechend, während Mrs. Thatcher eine lange Liste ihrer Leiden und Sorgen in mein aufmerksames Ohr murmelte.

      Einmal als diese-Beiden von Mr. Egertons beabsichtigter Abreise sprachen, hörte ich diesen sagen:

      »Wenn ich dächte, daß Jemand etwas daran läge, ob ich bleibe, wenn ich nur glauben könnte, daß mich Jemand ein wenig vermissen würde, so würde ich keine Eile haben, Yorkshire zu verlassen.«

      Natürlich sagte ihm Milly, daß es viele Leute gebe, die ihn vermissen würden — z. B. Mr. Collingwood und die ganze Familie im Pfarrhause. Er beugte sich daraus zu ihr nieder und sagte etwas mit sehr leiser Stimme, etwas, das ein lebhaftes Erröthen auf ihrem Gesichte hervorrief und einige Minuten daraus gingen sie nach der Thüre, um nach dem Wetter zu sehen und blieben dort im Gespräche miteinander stehen bis ich die letzten Klagen der Mrs. Thatcher angehört hatte und mich ihnen anschließen konnte. Ich hatte niemals Milly so reizend gesehen, als gerade damals mit ihren niedergeschlagenen Augen und einem Lächeln aus ihrem feingeformten Munde.

      Mr. Egerton begleitete uns aus dem ganzen Heimwege. Das Gewitters war ganz vorüber, die Sonne schien wieder und die Luft war voll von jener kühlen Frische, die sich nach Regen einzustellen pflegt. Wir sprachen von allen möglichen Gegenständen. Mr. Egerton hatte sich, wie er uns sagte, so gut wie entschlossen, den Herbst in Cumber zuzubringen. Er wollte auch zu dem Pensildon-Feste gehen und im Croquet die Partie auf Millys Seite zu wählen. Er schien auf diesem Heimwege in einer fast knabenhaften Stimmung zu sein.

      Als wir an diesem Abend in unsere Zimmer hinaufgingen, folgte mir Milly in das meinige. Es lag hierin nichts Neues, wir brachten öfters noch eine halbe Stunde in glücklichen müßigen Geplauder zu, ehe wir zu Bette gingen; aber nach dem Benehmen meiner Freundin war ich überzeugt, daß sie mir etwas mitzutheilen habe. Sie trat an ein offenes Fenster und stand dort, ihr Gesicht von mir abgewandt und nach der entfernten, vom Mondlicht beschienenen See ausblickend.

      »Mary,« sagte sie nach einer sehr langen Pause, »glaubst Du, daß die Menschen bestimmt sind, in dieser Welt vollkommen glücklich zu sein?«

      »Meine liebe Milly, wie kann ich eine solche Frage beantworten? Ich glaube, daß viele Menschen ihr Schicksal in der eigenen Hand haben und daß es nur an ihnen liegt, glücklich zu sein. Auch gibt es viele Charaktere, die durch Unglück erhoben und geläutert werden. Ich vermag nicht zu sagen, was das Beste für uns ist, oder worin die wahre Bedeutung dieses Lebens besteht.«

      »Es liegt etwas im Vollgenusse des Glücke, das Einen erschreckt, Mary. Man hat ein Gefühl, daß es nicht von Dauer sein könne. Wenn ich nur an diese glauben könnte, so würde ich die Hoffnung hegen, daß mein Leben vollkommen glücklich sein wird.«

      »Warum sollte es anders sein, meine liebe Milly. Ich glaube, Du hast in Deinem Leben noch nicht viel Kummer gekannt.«

      »Nicht, seit meine Mutter gestorben ist — und ich war damals nur ein Kind — aber dieser alte Schmerz hat mich nie ganz verlassen und Papas Heirath hat mir mehr Kummer verursacht, als Du vielleicht glaubst, Mary. Dieses Haus ist mir seitdem nie mehr als meine wahre Heimat erschienen. Nein, Liebe, es ist ein neues Leben, das mir aufgegangen ist und, o ein so schönes!«

      Sie schlang ihre Arme um meinen Hals und verbarg ihr Gesicht an meiner Schulter.

      »Kannst Du errathen, was Angus Egerton heute zu mir gesagt hat?« fragte sie mit leiser, zitternder Stimme.

      »Wer es etwas sehr Wunderbares, Liebe? oder etwas, das so alt ist wie die Welt, in der wir leben?«

      »Nicht alt für mich, Mary, sondern über alle Maßen neu und wundervoll. Ich glaubte nicht, daß er sich etwas aus mir machte, ich hatte es nie zu hoffen gewagt ; denn ich habe ihn seit langer Zeit ein wenig geliebt, obschon Du wahrscheinlich keine Ahnung davon hattest.«

      »Mein liebes Mädchen, ich habe es von Anfang an gewußt. Es gibt nichts so Durchsichtiges in der Welt als es mir Deine Gedanken über Angus Egerton gewesen sind.«

      »O Mary, wie konntest Du das! Und ich war doch so sorgsam, nichts davon zu sagen!« rief sie vorwurfsvoll. »Aber er liebt mich, Liebe. Er hat mich, wie er sagt, seit langer Zeit geliebt und mich um meine Hand gebeten.«

      »Was, nach allen diesen Betheuerungen, daß er niemals von einer Frau verlangen werde, seine Armuth zu theilen?«

      »Ich Mary und es ist ihm Ernst mit dem was er spricht. Er sagte mir, wenn ich ein armes Mädchen gewesen wäre, so würde er mir schon längst seine Hand ungetragen haben. Und er wird morgen mit Papa sprechen.«

      »Glaubst Du, daß Mr. Darrell zu einer solchen Heirath jemals seine Zustimmung geben würde, Milly?«

      »Warum sollte er es nicht thun? Er kann keine schlimme Meinung von Angus hegen, wenn Jedermann gut von ihm denkt. Du wirst bemerkt haben, wie sehr sich seine Gesinnung gegen ihn gemildert hat, seit sie einander persönlich näher getreten sind. Mr. Egertons alte Familie und Stellung wiegen vollkommen mein Vermögen auf, welches auch dieses sein mag. O Mary, ich glaube nicht, daß Papa seine Zustimmung verweigern kann.«

      »Ich zweifle sehr daran, Milly. Etwas Anderes ist es, Mr. Egerton als Gast gern bei sich zu sehen und etwas ganz Anderes, ihn als Schwiegersohn anzunehmen. Offen gesagt, meine Liebe, ich fürchte, Dein Vater wird gegen die Heirath sein.«

      »Mary,« rief Milly vorwurfsvoll, »ich sehe, was es ist, Du bist gegen Mr. Egerton eingenommen.«

      »Ich bin nur für Deine Wohlfahrt besorgt, Liebste. Ich kann Mr. Egerton sehr wohl leiden. Es ist auch für Jedermann schwer, ihm nicht geneigt zu sein; aber ich gestehe, daß ich mich nicht dazu bringen kann, ihm mein volles Vertrauen zu schenken.«

      »Warum nicht?«

      »Ich war nicht geneigt, ihr den Hauptgrund für mein Mißtrauen mitzutheilen — jene geheimnißvolle Beziehung zwischen Angus Egerton und Mrs. Darrell. Der Gegenstand war ein sehr ernster, fast ein gefährlicher und ich besaß keinen positiven Beweis für meine Vermuthung.

      »Wir können nichts für die Zweifel, die sich uns zuweilen aufdringen, Liebe,« sagte ich, »wenn Du aber Mr. Egerton Vertrauen schenken kannst und wenn ihm Dein Vater vertrauen kann, so ist, was ich denken mag, von sehr geringer Bedeutung. Ich kann mich nicht zwischen Dich und Deine Liebe stellen — ich weiß das sehr wohl.«

      »Aber Du kannst mich durch Deine Zweifel sehr unglücklich machen, Mary,« sagte sie.

      Ich küßte sie und that mein Bestes, sie zu trösten; aber das war keine leichte Sache und sie verließ mich in halb ärgerlicher, halb bekümmerter Stimmung. Sie sagte nur, sie sei so sehr von meiner Theilnahme überzeugt gewesen, und statt ihr Glück zu theilen, habe ich sie durch meine eingebildeten Zweifel und durch meine schlimmen Phrophezeihungen elend gemacht. Als sie sich entfernt hatte, saß ich noch lange Zeit am Fenster, über ihre Trostlosigkeit nachdenkend und mir über meine Offenherzigkeit Vorwürfe machend. Aber ich hatte die feste Ueberzeugung, daß Mr. Darrell sich weigern werde, Angus Egerton als Eidam anzunehmen und daß diese Liebesangelegenheit nicht bestimmt sei, einen glatten Verlauf zu nehmen.

      Das Ergebniß bewies, daß ich Recht hatte. Mr. Egerton hatte am folgenden Morgen in der Bibliothek eine lange Unterredung mit Mr. Darrell, in der sein Antrag ganz entschieden verworfen wurde. Milly und ich wußten, daß er im Hause war und mein armes Mädchen ging während der ganzen Zeit, wo diese Beiden unten beisammen waren, in unserem Wohnzimmer mit bleichem Gesicht und voll Unruhe auf und ab.

      Als sie darauf Angus Egerton wegfahren hörte, wendete sie sich mit kläglichem Blicke zu mir.

      »O Mary, welches wird mein Schicksal sein?« fragte sie. »Ich fürchte, er ist abgewiesen worden. Ich glaube nicht, daß er sich entfernt hatte, ohne mich zu sehen, wenn die Unterredung glücklich geendet hätte?«

      Ein Diener kam um uns Beide in die Bibliothek zu bescheiden. Wir gingen miteinander hinunter, während ich Millys kalte Hand in der meinigen hielt.

      Mr. Darrell war nicht allein.

      Seine Frau saß, mit dem Rücken gegen ein Fenster gekehrt,


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