Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve.... Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve... - Friedrich Schiller


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auf den Seraphsflügeln des Gesangs

      Schwang die befreite Seele sich nach oben,

      Den Himmel suchend und den Schoß der Gnade.

      – Dies alles, Mutter, ruf ich dir, genau

      Beschreibend, ins Gedächtnis jetzt zurück,

      Daß du erkennest, ob zu jener Stunde

      Ein weltlich Wünschen mir im Herzen war.

      Und diesen festlich ernsten Augenblick

      Erwählte sich der Lenker meines Lebens,

      Mich zu berühren mit der Liebe Strahl.

      Wie es geschah, frag ich mich selbst vergebens.

      ISABELLA.

      Vollende dennoch! Laß mich alles hören.

      DON CESAR.

      Woher sie kam, und wie sie sich zu mir

      Gefunden, dieses frage nicht – Als ich

      Die Augen wandte, stand sie mir zur Seite,

      Und dunkel mächtig, wunderbar, ergriff

      Im tiefsten Innersten mich ihre Nähe.

      Nicht ihres Lächelns holder Zauber wars,

      Die Reize nicht, die auf der Wange schweben,

      Selbst nicht der Glanz der göttlichen Gestalt –

      Es war ihr tiefstes und geheimstes Leben,

      Was mich ergriff mit heiliger Gewalt;

      Wie Zaubers Kräfte unbegreiflich weben –

      Die Seelen schienen ohne Worteslaut,

      Sich ohne Mittel geistig zu berühren,

      Als sich mein Atem mischte mit dem ihren.

      Fremd war sie mir und innig doch vertraut,

      Und klar auf einmal fühl ichs in mir werden,

      Die ist es, oder keine sonst auf Erden!

      DON MANUEL mit Feuer einfallend.

      Das ist der Liebe heilger Götterstrahl,

      Der in die Seele schlägt und trifft und zündet,

      Wenn sich Verwandtes zum Verwandten findet,

      Da ist kein Widerstand und keine Wahl,

      Es löst der Mensch nicht, was der Himmel bindet.

      – Dem Bruder fall ich bei, ich muß ihn loben,

      Mein eigen Schicksal ists, was er erzählt,

      Den Schleier hat er glücklich aufgehoben

      Von dem Gefühl, das dunkel mich beseelt.

      ISABELLA.

      Den eignen freien Weg, ich seh es wohl,

      Will das Verhängnis gehn mit meinen Kindern.

      Vom Berge stürzt der ungeheure Strom,

      Wühlt sich sein Bette selbst und bricht sich Bahn,

      Nicht des gemeßnen Pfades achtet er,

      Den ihm die Klugheit vorbedächtig baut.

      So unterwerf ich mich, wie kann ichs ändern?

      Der unregiersam stärkern Götterhand,

      Die meines Hauses Schicksal dunkel spinnt.

      Der Söhne Herz ist meiner Hoffnung Pfand,

      Sie denken groß, wie sie geboren sind.

      Isabella. Don Manuel. Don Cesar. Diego zeigt sich an der Türe.

      ISABELLA.

      Doch sieh! Da kommt mein treuer Knecht zurück!

      Nur näher, näher, redlicher Diego!

      Wo ist mein Kind? – Sie wissen alles! Hier

      Ist kein Geheimnis mehr – Wo ist sie? Sprich!

      Verbirg sie länger nicht, wir sind gefaßt,

      Die höchste Freude zu ertragen. Komm!

      Sie will mit ihm nach der Türe gehen.

      Was ist das? Wie? Du zögerst? Du verstummst?

      Das ist kein Blick, der Gutes mir verkündet!

      Was ist dir? Sprich! Ein Schauder faßt mich an.

      Wo ist sie? Wo ist Beatrice?

      Will hinaus.

      DON MANUEL für sich, betroffen.

      Beatrice!

      DIEGO hält sie zurück.

      Bleib!

      ISABELLA.

      Wo ist sie? Mich entseelt die Angst.

      DIEGO.

      Sie folgt

      Mir nicht. Ich bringe dir die Tochter nicht.

      ISABELLA.

      Was ist geschehn? Bei allen Heilgen, rede!

      DON CESAR.

      Wo ist die Schwester? Unglückselger, rede!

      DIEGO.

      Sie ist geraubt! Gestohlen von Korsaren!

      O hätt ich nimmer diesen Tag gesehn!

      DON MANUEL.

      Faß dich, o Mutter!

      DON CESAR.

      Mutter, sei gefaßt!

      Bezwinge dich, bis du ihn ganz vernommen!

      DIEGO.

      Ich machte schnell mich auf, wie du befohlen,

      Die oft betretne Straße nach dem Kloster

      Zum letztenmal zu gehn – Die Freude trug mich

      Auf leichten Flügeln fort.

      DON CESAR.

      Zur Sache!

      DON MANUEL.

      Rede!

      DIEGO.

      Und da ich in die wohlbekannten Höfe

      Des Klosters trete, die ich oft betrat,

      Nach deiner Tochter ungeduldig frage,

      Seh ich des Schreckens Bild in jedem Auge,

      Entsetzt vernehm ich das Entsetzliche.

      Isabella sinkt bleich und zitternd auf einen Sessel, Don Manuel ist um sie beschäftigt.

      DON CESAR.

      Und Mauren, sagst du, raubten sie hinweg?

      Sah man die Mauren? Wer bezeugte dies?

      DIEGO.

      Ein maurisch Räuberschiff gewahrte man

      In einer Bucht, unfern dem Kloster ankernd.

      DON CESAR.

      Manch Segel rettet sich in diese Buchten

      Vor des Orkanes Wut – Wo ist das Schiff?

      DIEGO.

      Heut frühe sah man es in hoher See

      Mit voller Segel Kraft das Weite suchen.

      DON CESAR.

      Hört man von anderm Raub noch, der geschehn?

      Dem Mauren gnügt einfache Beute nicht.

      DIEGO.

      Hinweggetrieben wurde


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