Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve.... Friedrich Schiller
Gartensaal tritt.
BEATRICE geht unruhig auf und nieder, nach allen Seiten umherspähend. Plötzlich steht sie still und horcht.
Er ist es nicht – Es war der Winde Spiel,
Die durch der Pinie Wipfel sausend streichen,
Schon neigt die Sonne sich zu ihrem Ziel,
Mit trägem Schritt seh ich die Stunden schleichen,
Und mich ergreift ein schauderndes Gefühl,
Es schreckt mich selbst das wesenlose Schweigen.
Nichts zeigt sich mir, wie weit die Blicke tragen,
Er läßt mich hier in meiner Angst verzagen.
Und nahe hör ich, wie ein rauschend Wehr,
Die Stadt, die völkerwimmelnde, ertosen,
Ich höre fern das ungeheure Meer
An seine Ufer dumpferbrandend stoßen,
Es stürmen alle Schrecken auf mich her,
Klein fühl ich mich in diesem Furchtbargroßen
Und fortgeschleudert, wie das Blatt vom Baume,
Verlier ich mich im grenzenlosen Raume.
Warum verließ ich meine stille Zelle,
Da lebt ich ohne Sehnsucht, ohne Harm!
Das Herz war ruhig, wie die Wiesenquelle,
An Wünschen leer, doch nicht an Freuden arm.
Ergriffen jetzt hat mich des Lebens Welle,
Mich faßt die Welt in ihren Riesenarm,
Zerrissen hab ich alle frühern Bande,
Vertrauend eines Schwures leichtem Pfande.
Wo waren die Sinne?
Was hab ich getan?
Ergriff mich betörend
Ein rasender Wahn?
Den Schleier zerriß ich
Jungfräulicher Zucht,
Die Pforten durchbrach ich der heiligen Zelle,
Umstrickte mich blendend ein Zauber der Hölle?
Dem Manne folgt ich,
Dem kühnen Entführer in sträflicher Flucht.
O komm, mein Geliebter!
Wo bleibst du und säumest? Befreie, befreie
Die kämpfende Seele! Mich naget die Reue,
Es faßt mich der Schmerz.
Mit liebender Nähe versichre mein Herz.
Und sollt ich mich dem Manne nicht ergeben,
Der in der Welt allein sich an mich schloß?
Denn ausgesetzt ward ich ins fremde Leben,
Und frühe schon hat mich ein strenges Los
(Ich darf den dunkeln Schleier nicht erheben)
Gerissen von dem mütterlichen Schoß.
Nur einmal sah ich sie, die mich geboren,
Doch wie ein Traum ging mir das Bild verloren.
Und so erwuchs ich still am stillen Orte,
In Lebens Glut den Schatten beigesellt,
– Da stand er plötzlich an des Klosters Pforte,
Schön wie ein Gott und männlich wie ein Held.
O mein Empfinden nennen keine Worte!
Fremd kam er mir aus einer fremden Welt,
Und schnell, als wär es ewig so gewesen,
Schloß sich der Bund, den keine Menschen lösen.
Vergib du Herrliche, die mich geboren,
Daß ich, vorgreifend den verhängten Stunden,
Mir eigenmächtig mein Geschick erkoren.
Nicht frei erwählt ichs, es hat mich gebunden,
Eindringt der Gott auch zu verschloßnen Toren,
Zu Perseus' Turm hat er den Weg gefunden,
Dem Dämon ist sein Opfer unverloren.
Wär es an öde Klippen angebunden
Und an des Atlas himmeltragende Säulen,
So wird ein Flügelroß es dort ereilen.
Nicht hinter mich begehr ich mehr zu schauen,
In keine Heimat sehn ich mich zurück,
Der Liebe will ich liebend mich vertrauen,
Gibt es ein schönres als der Liebe Glück?
Mit meinem Los will ich mich gern bescheiden,
Ich kenne nicht des Lebens andre Freuden.
Nicht kenn ich sie und will sie nimmer kennen,
Die sich die Stifter meiner Tage nennen,
Wenn sie von dir mich, mein Geliebter, trennen.
Ein ewig Rätsel bleiben will ich mir,
Ich weiß genug, ich lebe dir!
Aufmerkend.
Horch, der lieben Stimme Schall!
– Nein, es war der Widerhall
Und des Meeres dumpfes Brausen,
Das sich an den Ufern bricht,
Der Geliebte ist es nicht!
Weh mir! Weh mir! Wo er weilet?
Mich umschlingt ein kaltes Grausen!
Immer tiefer
Sinkt die Sonne! Immer öder
Wird die Öde! Immer schwerer
Wird das Herz – Wo zögert er?
Sie geht unruhig umher.
Aus des Gartens sichern Mauren
Wag ich meinen Schritt nicht mehr.
Kalt ergriff mich das Entsetzen,
Als ich in die nahe Kirche
Wagte meinen Fuß zu setzen,
Denn mich triebs mit mächtgem Drang,
Aus der Seele tiefsten Tiefen,
Als sie zu der Hora riefen,
Hinzuknien an heilger Stätte,
Zu der Göttlichen zu flehn,
Nimmer konnt ich widerstehn.
Wenn ein Lauscher mich erspähte?
Voll von Feinden ist die Welt,
Arglist hat auf allen Pfaden,
Fromme Unschuld zu verraten,
Ihr betrüglich Netz gestellt.
Grauend hab ichs schon erfahren,
Als ich aus des Klosters Hut
In die fremden Menschenscharen
Mich gewagt mit frevelm Mut.
Dort bei jenes Festes Feier,
Da der Fürst begraben ward,
Mein Erkühnen büßt ich teuer,
Nur ein Gott hat mich bewahrt –
Da der Jüngling mir, der fremde,
Nahte, mit dem Flammenauge,
Und