Right in your heart. Isabella Kniest
»I will go snorkeling today. Do you want to come with me?«
Ich verneinte. »I am not into diving or snorkeling. I just want to relax or swim – at least today.«
Er wirkte betrübt. »Aww, that’s bad. I really hoped we could spend more time together.«
»Maybe tomorrow?«
Michael nickte. »All right. Tomorrow.« Mahnend erhob er den Zeigefinger. »But don’t dare to turn me down again.«
Ich schmunzelte. »I promise.«
Offensichtlich würde mir der Kleine länger erhalten bleiben.
Nach dem Frühstück warf ich mich auf eine hölzerne Liege, vergrub die Füße im schneeweißen Sand und schloss die Augen. Erst gestern hatte mich aufgrund meines vermaledeiten Ex schlechte Laune geplagt. Heute hingegen empfand ich diese Sache wie vor dreißig Jahren erlebt. Wie es schien, war dieser Urlaub tatsächlich dringend nötig gewesen. Das Geräusch eines Wasserflugzeugs verscheuchte meine Überlegungen. Wurden neue Urlauber angeliefert? Hoffentlich nicht noch mehr Frischverheiratete. Das ewige Geschmuse und Geturtel ging mir gigantisch auf den Sack.
Klar, ich freute mich für diese Leute. Es war immer schön, wenn es den Menschen gut ging. Und doch, es störte mich – und es tat weh. Möglicherweise lag dies an dem Umstand, selbst niemals glücklich verliebt gewesen zu sein und sich durchwegs alleine durch das Leben plagen zu müssen.
Nein. Es war besser so. Das Alleinsein schützte mich vor weiteren Enttäuschungen.
Seufzend nahm ich das Wasserflugzeug in Augenschein.
Soweit es die grelle Sonne zuließ, erkannte ich zwei aussteigende Pärchen.
Ich kniff die Augen zusammen.
Und ein einzelner Mann.
Ein weiterer Fotograf vielleicht? Oder womöglich jemand, der zur Abwechslung seine Scheidung feierte?
Ich musste über meinen eigenen bescheuerten Gedanken schmunzeln.
Falls solche Feiern überhaupt stattfanden, wäre dieser Typ wohl eher nach Spanien geflogen. Ballermann stellte in einem solchen Fall zweifelsohne die bessere Wahl dar.
Ich atmete tief durch, beendete die Gedankenspiele und schloss die Lider – plante noch ein wenig die kommenden Tage durch. Heute würde ich ausschließlich relaxen. Das bedeutete, Massagen und kleine Nickerchen, morgen ein wenig schwimmen und ein paar Fotos. Und übermorgen folgte das Highlight schlechthin: Einige Stunden auf einer einsamen kleinen Insel verbringen.
Für gewöhnlich wurde dieses Abenteuer von Frischverliebten in Anspruch genommen. Und seien wir uns ehrlich: Was gab es Schöneres, als mit dem meistgeliebten Menschen auf einer winzigen Insel alleine Zeit zu verbringen?
Keine anderen Urlauber, kein Hotelpersonal … bedingungslose Privatsphäre.
Sex auf dem weißen Sandstrand?
Mir wurde es etwas warm.
Das hätte sogar mir gefallen.
Nun. In meinem Fall ging es nicht um Sex, sondern um Fotos der verschiedenen Muster des Sandes – entstanden durch Ebbe und Flut. Hier, auf Naladhu wäre es mir natürlich ebenso möglich gewesen, dieses Naturschauspiel einzufangen. Allerdings störten mich die den Sand mit ihren Füßen aufwirbelnden und mir andauernd vor die Linse tretenden Urlauber.
Auf einer verlassenen Insel irgendwo im Nirgendwo konnte ich stundenlang auf einem Platz hocken und die Wellen beobachten, wie diese schöne Linien in den Sand malten.
Einen ruhigeren Fotoausflug konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen: keine Leute, keine Pärchen, kein Geplapper – einzig ich und meine Kamera.
Mit aufkommender Vorfreude fiel ich in einen tiefen Schlaf.
Und erwachte friedlich und ausgeruht. Und zum Glück nicht verbrannt, dem Schatten nach zu urteilen, welcher gefährlich weit weggewandert war. Wie lange hatte ich geschlafen? Schätzungsweise an die zwei oder drei Stunden. Ich stand auf, ergriff mein Handtuch und machte mich auf den Weg zurück zum Bungalow. Falls ich richtig vermutete, müsste das Mittagessen längst im Gange sein.
Lächelnd betrachtete ich die sattgrüne Vegetation. Zu Hause war ich die Pünktlichkeit in Person. Hier hingegen schaffte ich es nicht einmal, rechtzeitig zum Essen zu erscheinen, geschweige denn den Sonnenaufgang zu fotografieren –
»Na, den Arsch kenne ich doch von irgendwo her«, verscheuchte eine tiefe Stimme jegliche Überlegungen.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich kapierte, was damit gemeint war und von woher diese Äußerung überhaupt kam: nämlich von rechts hinten.
Ich drehte mich um –
Und blickte einem mir bekannt vorkommenden, shirtlosen und breit grinsenden Macker mit Sonnenbrille ins Gesicht.
Der Typ vom Flughafen?!
Konnte das die Möglichkeit sein?
»So einen Arsch vergesse ich nicht«, posaunte er weiter.
»Der Gockel?« Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen. »Nein. Das glaube ich jetzt nicht!«
Für den Moment eines Wimpernschlags nahm ich seine unverschämt gut aussehende Gestalt in Augenschein: Ein überwältigendes Sixpack – oder genauer gesagt Eightpack – durchtrainierte, wohlgeformte, lange Beine und ein Bizeps, bei dem selbst Jean Claude van Damme vor Neid erblassen würde …
Weshalb sahen Machos eigentlich immer dermaßen gut aus?
Dann fiel mir ein weiteres Detail auf: Dieses Mal schien der Typ kein Haargel verwendet zu haben.
Glücklicherweise!
Das leicht lockige Haar stand ihm um Welten besser.
»Der Gockel?«, äffte er meine Worte hörbar beleidigt nach. »Ich bin kein Gockel!«
Lässig-elegant nahm er die Sonnenbrille ab –
Und mir jagten gefühlte tausend heißkalte Schauer über den Leib.
Diese Augen.
Solch wunderschöne Augen.
Sie waren braun – jedoch kein einfaches langweiliges Braun. Nein. Hellbraun, ja beinahe Gold schimmerten sie im Licht der Sonne. Und erst ihr Ausdruck, in welchem sich unbeschreiblich viele Charakterzüge widerspiegelten. Darunter Kraft, Selbstbewusstsein, Mut, Beharrlichkeit, Spontanität, Verwegenheit, Courage –
Ein zweiter Schauer ausgelöst durch die Entdeckung weiterer und weitaus ergreifenderer Eigenschaften, unter anderem Aufrichtigkeit, Sanftheit, Loyalität, Ergebenheit, raubte mir schier den Atem.
Meine Fresse!
Sah ich richtig, oder bildete ich mir das Ganze ein?
Wer war der Typ? Und weshalb versteckte er solch wunderschöne Augen hinter billigen Sonnengläsern?
Doch die wichtigste Frage lautete: Was tat er hier?
Die Brille lässig in der rechten Hand haltend musterte er mich intensiv – ja, ebenso … nein … speziell diese gewissen weiblichen Örtlichkeiten jenseits meines Kopfes.
»Ich zähle mich zur Riege der letzten richtigen Männer«, erklärte er stolz. »Nicht diese metrosexuellen Schwuchteln, die länger im Bad brauchen als ihre Tussenfreundinnen.«
So sollte ein Mann auch sein, schoss es mir unwillkürlich durch den Kopf – und ich versteifte.
Verdammt!
Nicht noch einmal!
Ein bescheuerter Ex-Freund reichte mir zur