Right in your heart. Isabella Kniest

Right in your heart - Isabella Kniest


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war es mir nun möglich, den Sonnenaufgang und den zu dieser Zeit hoffentlich verlassenen Strand zu fotografieren. Unterdessen ich mich wusch, änderte ich meine Meinung. Ich fühlte mich schlichtweg zu ausgelaugt, um eine Zwei-Kilo-Kamera und ein Stativ herumzuschleppen.

      Lieber war mir ein ruhiger Spaziergang. Ich trat nach draußen, schlenderte den verlassenen Steg entlang, der fünf der zehn Wasserbungalows miteinander verband. Außer sanfte gegen die Stegpfeiler klatschende Wellen, das leise Summen der Stromerzeuger sowie hier und da ein lautes Geschrei der scheuen indischen Koel, welches der leichte Wind vom Dickicht aus zu mir trug, lag die Insel in nahezu heiliger Stille. Die drei kleinen Holztreppen überbrückte ich mit einem beherzten Sprung in den kühlen vom Zwielicht gräulich schimmernden weichen Sand. Ich atmete die salzige frische Luft ein, fühlte meine sachte im Wind wehenden und meinen freien Rücken kitzelnden Haare. Der zarte Stoff meines weißen Strandkleides umspielte meine Beine, nötigte mich, mich im Kreis zu drehen. Eine Pirouette, zwei, drei. Ich empfand keinerlei Schwindel.

      Das Training hatte meinen Gleichgewichtssinn äußerst gutgetan. Hätte ich solche Drehungen in meiner Jugendzeit vollführt, wäre ich längst orientierungslos durch die Gegend getaumelt …

      Mein Blick glitt gen Himmel. Zarte Punkte waren zu erkennen, die mit jeder Minute an Strahlkraft verloren.

      »Du wirkst wie eine Fee.«

      Mir wurde es kalt. Eisig kalt. Und letztlich heiß. Glühend heiß.

      Nein.

      Alles, bloß das nicht!

      Langsam drehte ich mich um.

      Nein. Es war keine Einbildung. Wäre auch zu schön gewesen.

      Der Typ, dessen Namen ich noch nicht einmal kannte, mich dennoch mehr erregte als irgendjemand sonst in meinem Leben zuvor, schritt grinsend auf mich zu.

      »Was machst du so früh unterwegs? Konntest du nicht schlafen?«

      Jäh rief mein Verstand sämtliche meiner Selbstbefriedigungsgedankenspiele ab.

      Scheiße.

      »Ja«, würgte ich irgendwie hervor und rang um Fassung und Selbstkontrolle.

      Seine Gesichtszüge verloren etwas von ihrer Härte. »Ich kenne nicht einmal deinen Namen.« Er streckte mir die Hand entgegen. »Darum mache ich mal den Anfang. Ich heiße Theo.«

      Allein mit knapper Not gelang es mir, nicht zurückzuweichen und diese äußerst zögerlich zu ergreifen.

      Ein enormes Prickeln erfasste mich.

      Zweimal Scheiße.

      Beruhig dich. Beruhig dich. Er ist niemand. Gar niemand. In drei Tagen siehst du ihn nie mehr wieder.

      Dieser Gedanke verpasste mir einen weiteren Schlag – einen unangenehmen Schlag.

      Dreimal Scheiße.

      »Warum auf Englisch?«, brachte ich im kratzigen Tonfall und unter großer Anstrengung hervor.

      Seine Lippen formten ein breites Lächeln. »Das klingt lässiger.« Er hielt ein, verzog das Gesicht. »Theodor.« In typischer Deutsch-Manier sprach er seinen Namen angeekelt aus. »Das hört sich nach einem alten pensionierten Sack der Nachkriegszeit an.«

      Ich musste kichern. »Echt jetzt?«

      »Ja«, erwiderte er sachlich und ließ das Lächeln nochmals anwachsen. »Schon vergessen? Ich bin ein Macho. Der Name würde nie zu einem Macho passen, oder?«

      Ungläubig zog ich die Augenbrauen hoch.

      Mit einem derartigen Sinn für Humor hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

      »Meinst du das jetzt ernst?«

      »Absolut.«

      »Oder willst du dich bei mir auf irgendeine perfide Art einschleimen?«

      Theos Augen verengten sich. »Ich wollte dir damit eigentlich ein Friedensangebot machen.«

      »Friedensangebot? Waren wir denn im Krieg?«

      Er wirkte belustigt. »Wie du dich verhalten hast, ja.«

      Da musste ich ihm, leider Gottes, recht geben. Ich hatte einen Tick zu aufbrausend reagiert.

      Lag wahrscheinlich an meinem Sexfrust.

      »Okay. In Ordnung. Dieser Punkt geht an dich.«

      »Und wie heißt du?« Theo beäugte mich eindringlich, wodurch eine stürmende Adrenalinwelle in mir ausgelöst wurde.

      Gar nicht gut.

      »Evina.«

      Sein Händedruck verstärkte sich geringfügig – dadurch bemerkte ich erst, dass wir uns nach wie vor die Hände hielten. Anscheinend wurde ihm diese kleine peinliche Tatsache ebenfalls erst jetzt gewahr, warf er mir doch einen verwirrten Blick zu und zog gleichzeitig die Hand zurück.

      »Evina also.« Schlagartig blitzte Schelm in seinen Augen auf. »Das klingt wie Vagina.«

      Bevor diese Äußerung von meinem Gehirn gänzlich verarbeitet worden war, hatte ich Theo bereits eine gescheuert, den Rückmarsch angetreten und ihm die einzig passende Charakterbeschreibung zurückgerufen: »Arschloch.«

      Dieser verfluchte Drecksack! Was erlaubte der sich eigentlich?!

      Erst auf freundlich machen, und mich dann verarschen!

      Es war so typisch!

      »Hey, warte!«

      Und da war er schon, packte mich an der Schulter, infolgedessen ich seine Hand ergriff und diese ruckartig zurückbog.

      Vor Überraschung – oder angesichts der Schmerzen? – stieß er einen unterdrückten Schrei aus. In der Zeit hatte ich ihn zu mir gezogen, mein linkes Bein zwischen seine gehakt und ihn auf den Boden der Tatsachen – sprich mit der Visage voraus in den Sand – gestoßen. Zum Abschluss kniete ich mich auf seinen Rücken.

      Halleluja!

      Bestand der Typ aus Stahl, oder was? Selbst mit meinem Knie spürte ich eine jede Erhöhung, einen jeden Muskelstrang.

      Wie viele Trainingseinheiten musste er dafür täglich absolvieren? Und was machte der Typ dann beruflich? Bodygard, Bodybuilder oder Türsteher?

      Meine Aufmerksamkeit fiel auf sein lockiges, leicht zurückgekämmtes Haar.

      Solch einen Sparring-Partner hätte ich gerne für zu Hause gehabt. Ein durchtrainierter Körper, ein hübsches Gesicht und bescheuerte Meldungen, die mich anstachelten, ihn wieder und wieder zu verdreschen.

      Und darauffolgend heißer Sex.

      Über diesen wahrhaftig behämmerten Einfall schüttelte ich bloß den Kopf und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt.

      »Scheiße!«, erklang es winselnd-laut unter mir.

      Ich bog seinen Arm weiter nach hinten und ein Stück nach oben. »Fass mich noch ein einziges Mal an und du musst mehr über dich ergehen lassen, als durch mich deine elendige Fresse in den Sand gesteckt zu bekommen, kapiert?«

      »… Schei … ße«, stammelte er. »… okay.«

      »Und falls du mich ein weiteres Mal beleidigst.« Um meiner Drohung die nötige Authentizität zu verleihen, zog ich nochmals an seinem Arm. »Mache ich dich erst recht fertig.«

      »Okay … oh … kay.«

      Damit ließ ich von ihm ab.

      Keuchend und mir todbringende Blicke zuwerfend erhob er sich.

      Mit diesem Angriff hatte er nicht im Geringsten gerechnet.

      Gut so.

      Theo wischte sich den Sand aus dem Gesicht – genauer gesagt, aus seinem Bart. »Du bist gut.« Seine Stimme klang heiser, rau … sexy.

      Wie hörte sie sich wohl an, wenn er kam?

      »Das


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