Engel und Dämon. Shino Tenshi

Engel und Dämon - Shino Tenshi


Скачать книгу
war abgedroschen, doch der Junge war froh, dass er überhaupt irgendeinen Gedanken fassen konnte und nicht gänzlich in bodenlose Panik verfiel. Außerdem hatte er dort bessere Chancen zu flüchten, als wenn er sich in dem Schrank einsperrte.

      Ein paar Schläge gegen die Tür zwang er sein Herz dazu sich zu beruhigen und auch seinen Atem flacher und ruhiger zu gestalten. Er wollte nicht auffallen. Er durfte nicht auffallen. Davon hing sein Leben ab.

      Noch zwei Schläge und das Holz gab splitternd nach, wodurch der Zauberer in das Zimmer trat und sich kurz umsah, bevor er sich dann erst dem Schrank widmete und die Türen schwungvoll öffnete.

      Er durchwühlte die Kleidung und verteile sie im ganzen Raum, bevor sich die Füße dann zu ihm wandten. Langsam näherten sie sich dem Bett und Cido spürte, wie sich die Panik in seinem Körper ausbreitete. Sein Herz schlug gegen seinen Hals und er musste sich zwingen nicht zu laut zu atmen.

      Doch alles vergebens. Im nächsten Moment flog das Bett einfach gegen die Wand und Cido blickte in die Augen des Zauberers. Sie waren braun, wie der Stamm einer Fichte und voller Zuversicht, wodurch er erneut mit dem Knüppel in seiner Hand ausholte, um nach den Jungen zu schlagen.

      Dieser wich aber mit einer Rolle aus und kam in der nächsten Sekunde wieder auf die Beine, um das Zimmer stürmisch zu verlassen und zurück ins Erdgeschoss zu laufen. Er musste aus dem Haus, denn egal wo er sich versteckte, der Kerl würde ihn finden.

      Seine Beine trugen ihn in die Küche, wo er eine Hintertür entdeckte. Voller Zuversicht rannte er auf sie zu, griff nach der Türklinke und drückte sie herunter, um die Tür in die Freiheit zu öffnen.

      Doch sie rührte sich auch nicht und ein dumpfer Knall erklang, als er einfach gegen das unnachgiebige Holz prahlte, wobei der Schmerz Sterne in sein Sichtfeld zauberte, bevor er sich dann benommen umdrehte. Gab es kein Entkommen?

      „Sie nennen es ‚das Haus des Verderbens’. Wusstest du das nicht?“, erklang die ruhige Stimme des Zauberers, als er langsam in das Licht des Tages trat, wodurch man nun sein kurzes braunes Haar sah, welches leicht im Schein der Sonne schimmerte, während seine Kleidung komplett in die Farbe der Nacht getaucht war und dadurch jegliche Helligkeit verschlag. Der Mantel auf seinen Schultern verlieh ihn ein breiteres Kreuz und ließ ihn dadurch bedrohlicher wirkte.

      „Was willst du von mir? Ich möchte doch nur meine Mutter holen.“ Cido versuchte sich aus dieser Lage zu befreien, doch der Hexer lachte nur höhnisch. „Hier wird nichts geholt. Solange sie hier ist, wird niemand anderes kommen und glauben, dass er hier wohnen könnte. Dieses Haus gehört mir, Zero, dem großen Magier. Außerdem hatten wir eine Abmachung. Du tötest den Jungen und ich gebe dir deine Mutter. Hast du diese eingehalten?“

      Cido senkte den Blick, ließ alles an seinem Körper hängen und schüttelte den Kopf. „Nein, ich konnte nicht.“ „Tja, Pech für dich. Aber wenn dir dieser Wolf so viel bedeutet, dann erlaube ich dir hiermit ihm Gesellschaft zu leisten, als Oger.“ Zero sammelte seine Magie in der rechten Hand und wollte den Fluch gerade auf Cido schleudern, als das Fenster der Hintertür zerbrach und Kevin im Raum stand.

      Sein Gesicht war verzerrt vor Schmerzen und seine Beine zitterten, als würden sie jeden Moment unter seinem gewaltigen Gewicht zusammenbrechen, dennoch erhob er seine Stimme. „Los, Cido! Lauf!“

      Damit wandte sich die Bestie kurz um und zerschlug die Holztür als wäre sie aus Papier mit einem gewaltigen Hieb seiner Pranke, bevor er sich dann wieder zu dem Magier wandte: „Und jetzt zu dir, Hexer.“

      „So sieht man sich also wieder, Kevin. Schön dass du hier bist, obwohl dir ein Besuch bei mir gar nicht bekommt. Willst du für diesen Jungen wirklich dein Leben aufs Spiel setzen?“ Zero lächelte siegessicher und ließ Cido ziehen, als dieser ins Freie flüchtete.

      „Ich habe kein Leben mehr, denn ich habe es in jener Nacht, als ich dir das erste Mal begegnet bin, verloren. Ich bin nur noch eine Kreatur, die niemand respektiert. Nur fürchtet. Wenn ich nur töten kann, dann versuch ich meine Freunde wenigstens vor deiner schmutzigen Magie zu bewahren!“, schrie Kevin ihn an.

      „Du nennst meine Magie schmutzig? Meine Magie soll schmutzig sein? Was fällt dir ein, du verdammte Mistgeburt von einer verstümmelten Schnecke!“, geriet Zero in Ekstase, wobei sich um ihn herum eine Magiefeld aufbaute, das seine Kleidung und Haare leicht tanzen ließ, bevor er mit einem Aufschrei eine gewaltige Energiewelle von seinem Körper löste, „meine Magie ist nicht schmutzig!“

      Kevin wurde von der Welle erwischt und wie ein Blatt im Wind einfach aus dem Haus geschleudert. Draußen prallte er hart auf dem Boden auf und schlitterte noch ein Stück, ehe er wenige Schritte von Cido entfernt zum Liegen kam.

      Sofort rannte der Junge zu dem Wolf, wobei er die Menschenmasse um sich herum ignorierte, die sich von Sekunde zu Sekunde vergrößerte. Angelockt von dem Tumult in dem verfluchten Gemäuer. Doch sie trauten sich alle nicht näher als nötig. Blieben den Grundstück fern und beobachteten nur von Weitem.

      Er spürte die Energie des Hexers, als dieser aus dem Haus trat und seine ganze Kraft entfaltete. Die einst so braunen Augen waren nun schneeweiß und konzentrierten sich, wie ihr Besitzer Zero, vollständig auf Kevin, der schwer atmend am Boden lag.

      „Niemand bezeichnet meine Magie als schmutzig und wer das getan hat, lebt heute nicht mehr! Also mach dich bereit zu sterben, Kevin!“, wütete Zero weiter, wobei die Menge nun zu tuscheln begann:

      „‚Wer ist dieser Junge?’

      ‚Wohnt er etwa in diesem Haus?’

      ‚Hat er zu dem Werwolf gerade Kevin gesagt?’

      ‚Der Kevin, der vor einige Zeit verschwunden ist?’

      ‚Wieso ist er der Wolf?’

      ‚Die Frau war damals doch alleine. Wie kann er also in diesem Haus wohnen?’

      ‚Kennt ihn jemand?’

      ‚Nein, ich nicht.’“

      „Hört auf zu flüstern!“, schrie Zero die Menschenmasse an, wobei er seinen Zorn nun gänzlich auf sie lenkte, „niemand kennt mich! Ihr könnt mich gar nicht kennen! Denn ich war ein Diener von den Besitzern dieses Hauses! Niemals würdet ihr euch auch nur ansatzweise daran erinnern! Denn ihr habt mich nie gesehen! Ich habe diesen Leuten geholfen, doch sie haben meine Magie auch als schmutzig bezeichnet! Darum musste ich sie umbringen! Sie haben es nicht besser verdient! Schließlich nahmen und nahmen sie nur ohne mir je etwas zurückzugeben! Sie wollten immer mehr! Waren nie zufrieden! Derweil tat ich mein Bestes! Ich habe ihnen gute Ernte gebracht! Ich habe alles für sie getan! Und sie? Sie wollten mich einfach vertreiben! Das konnte ich nicht zulassen! Sie waren Vollidioten! Wie ihr alle welche seid! Die Ernte hatten sie nur wegen mir! Ich habe ihnen mit Magie nachgeholfen!“

      Das Raunen der Menge verstummte durch die Ansage nur kurz, bevor es nach ein paar Denksekunden wieder von vorne begann:

      „‚Wovon redet der da?’

      ‚Das Gemüse war nie gut.’

      ‚Es schmeckte doch immer leblos und fad.’

      ‚Sie konnten nichts mehr verkaufen.’

      ‚Aber wenn das an der Magie lag.’

      ‚Ja, dann hat er sie nicht gerettet sondern in den Ruin getrieben!’

      ‚Dieser Heuchler!’

      ‚Nieder mit ihm!’“

      Zorn überrannte die Dorfbewohner und sie griffen zu ihren Heugabeln, bevor sie dann auf den Zauberer zustürmten, doch Zero löste nur erneut eine Energiewelle von seinem Körper und schleuderte somit alle Angreifer von sich, wodurch viele leblos liegen blieben und sich der Boden unter ihnen langsam dunkel färbte.

      „Ich bin kein Heuchler! Nein, ich bin ein Hexer! Der Beste auf der Welt! Warum kann das niemand sehen?!“, tobte Zero weiter und ohne sein Zutun löste sich erneut eine Welle aus purer Energie. Doch statt weiterer Schimpftiraden stieß er plötzlich einen schmerzerfüllten Schrei aus und sank


Скачать книгу