Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte - Georg Wilhelm Friedrich Hegel


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seinem besonderen Charakter, Wollen und Willkür angemessen hat und so in seinem Dasein sich selbst genießt. Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr; denn sie sind die Perioden der Zusammenstimmung, des fehlenden Gegensatzes. Die Reflexion in sich, diese Freiheit ist überhaupt abstrakt das formelle Moment der Tätigkeit der absoluten Idee. Die Tätigkeit ist die Mitte des Schlusses, dessen eines Extrem das Allgemeine, die Idee ist, die im inneren Schacht des Geistes ruht, das andere ist die Äußerlichkeit überhaupt, die gegenständliche Materie. Die Tätigkeit ist die Mitte, welche das Allgemeine und Innere übersetzt in die Objektivität.

      Ich will versuchen das Gesagte durch Beispiele vorstelliger und deutlicher zu machen.

      Ein Hausbau ist zunächst ein innerer Zweck und Absicht. Dem gegenüber stehen als Mittel die besonderen Elemente, als Material Eisen, Holz, Steine. Die Elemente werden angewendet, dieses zu bearbeiten: Feuer, um das Eisen zu schmelzen, Luft, um das Feuer anzublasen, Wasser, um die Räder in Bewegung zu setzen, das Holz zu schneiden usf. Das Produkt ist, dass die Luft, die geholfen, durch das Haus abgehalten wird, ebenso die Wasserfluten des Regens und die Verderblichkeit des Feuers, insoweit es feuerfest ist. Die Steine und Balken gehorchen der Schwere, drängen hinunter in die Tiefe, und durch sie sind hohe Wände aufgeführt. So werden die Elemente ihrer Natur gemäß gebraucht und wirken zusammen zu einem Produkt, wodurch sie beschränkt werden. In ähnlicher Weise befriedigen sich die Leidenschaften, sie führen sich selbst und ihre Zwecke aus nach ihrer Naturbestimmung und bringen das Gebäude der menschlichen Gesellschaft hervor, worin sie dem Rechte, der Ordnung die Gewalt gegen sich verschafft haben.

       Der oben angedeutete Zusammenhang enthält ferner dies, dass in der Weltgeschichte durch die Handlungen der Menschen noch etwas anderes überhaupt herauskomme, als sie bezwecken und erreichen, als sie unmittelbar wissen und wollen; sie vollbringen ihr Interesse, aber es wird noch ein Ferneres zustande gebracht, das auch innerlich darin liegt, aber das nicht in ihrem Bewusstsein und in ihrer Absicht lag. Als ein analoges Beispiel führen wir einen Menschen an, der aus Rache, die vielleicht gerecht ist, das heißt, wegen einer ungerechten Verletzung, einem andern das Haus anzündet; hierbei schon tut sich ein Zusammenhang der unmittelbaren Tat mit weiteren, jedoch selbst äußerlichen Umständen hervor, die nicht zu jener ganz für sich unmittelbar genommenen Tat gehören. Diese ist als solche, das Hinhalten etwa einer kleinen Flamme an eine kleine Stelle eines Balkens. Was damit noch nicht getan worden, macht sich weiter durch sich selbst; die angezündete Stelle des Balkens hängt mit den ferneren Stellen desselben, dieser mit dem Gebälk des ganzen Hauses und dieses mit andern Häusern zusammen, und eine weite Feuersbrunst entsteht, die vieler anderer Menschen, als gegen die die Rache gerichtet war, Eigentum und Habe verzehrt, ja vielen Menschen das Leben kostet. Dies lag weder in der allgemeinen Tat noch in der Absicht dessen, der solches anfing. Aber ferner enthält die Handlung noch eine weitere allgemeine Bestimmung: In dem Zwecke des Handelnden war sie nur eine Rache gegen ein Individuum durch Zerstörung seines Eigentums; aber sie ist noch weiter ein Verbrechen, und dies enthält ferner die Strafe desselben. Dies mag nicht im Bewusstsein, noch weniger im Willen des Täters gelegen haben, aber dies ist seine Tat an sich, das Allgemeine, Substantielle derselben, das durch sie selbst vollbracht wird. Es ist an diesem Beispiel eben nur dies festzuhalten, dass in der unmittelbaren Handlung etwas Weiteres liegen kann als in dem Willen und Bewusstsein des Täters. Dieses Beispiel hat jedoch noch das Weitere an ihm, dass die Substanz der Handlung, und damit überhaupt die Handlung selbst, sich umkehrt gegen den, der sie vollbracht, sie wird ein Rückschlag gegen ihn, der ihn zertrümmert.

       Diese Vereinigung der beiden Extreme, die Realisierung der allgemeinen Idee zur unmittelbaren Wirklichkeit und das Erheben der Einzelheit in die allgemeine Wahrheit, geschieht zunächst unter der Voraussetzung der Verschiedenheit und Gleichgültigkeit der beiden Seiten gegeneinander. Die Handelnden haben in ihrer Tätigkeit endliche Zwecke, besondere Interessen, aber sie sind Wissende, Denkende. Der Inhalt ihrer Zwecke ist durchzogen mit allgemeinen, wesenhaften Bestimmungen des Rechts, des Guten, der Pflicht usf. Denn die bloße Begierde, die Wildheit und Rohheit des Wollens fällt außerhalb des Theaters und der Sphäre der Weltgeschichte. Diese allgemeinen Bestimmungen, welche zugleich Richtlinien für die Zwecke und Handlungen sind, sind von bestimmtem Inhalte. Denn so etwas Leeres, wie das Gute um des Guten willen, hat überhaupt in der lebendigen Wirklichkeit nicht Platz. Wenn man handeln will, muss man nicht nur das Gute wollen, sondern man muss wissen, ob dieses oder jenes das Gute ist. Welcher Inhalt aber gut oder nicht gut, recht oder unrecht sei, dies ist für die gewöhnlichen Fälle des Privatlebens in den Gesetzen und Sitten eines Staates gegeben. Das hat keine große Schwierigkeit, es zu wissen. Jedes Individuum hat seinen Stand, es weiß, was rechtliche, ehrliche Handlungsweise überhaupt ist. Für die gewöhnlichen Privatverhältnisse, wenn man es da für so schwierig erklärt, das Rechte und Gute zu wählen, und wenn man für eine vorzügliche Moralität hält, darin viele Schwierigkeit zu finden und Skrupel zu machen, so ist dies vielmehr dem üblen oder bösen Willen zuzuschreiben, der Ausflüchte gegen seine Pflichten sucht, die zu kennen eben nicht schwer ist, oder wenigstens für ein Müßiggehen des reflektierenden Gemüts zu halten, dem ein kleinlicher Wille nicht viel zu tun gibt, und das sich also sonst in sich zu tun macht und sich in der moralischen Wohlgefälligkeit ergeht.

       Ein anderes ist es in den großen geschichtlichen Verhältnissen. Hier ist es gerade, wo die großen Kollisionen zwischen den bestehenden, anerkannten Pflichten, Gesetzen und Rechten und zwischen Möglichkeiten entstehen, welche diesem System entgegengesetzt sind, es verletzen, ja seine Grundlage und Wirklichkeit zerstören und zugleich einen Inhalt haben, der auch gut, im großen vorteilhaft, wesentlich und notwendig scheinen kann. Diese Möglichkeiten nun werden geschichtlich; sie schließen ein Allgemeines anderer Art in sich als das Allgemeine, das in dem Bestehen eines Volkes oder Staates die Basis ausmacht. Dies Allgemeine ist ein Moment der produzierenden Idee, ein Moment der nach sich selbst strebenden und treibenden Wahrheit. Die geschichtlichen Menschen, die welthistorischen Individuen sind diejenigen, in deren Zwecken ein solches Allgemeine liegt.

       Cäsar in Gefahr, die Stellung, wenn auch etwa noch nicht des Übergewichts, doch wenigstens der Gleichheit, zu der er sich neben den andern, die an der Spitze des Staates standen, erhoben hatte, zu verlieren und denen, die im Übergange sich befanden, seine Feinde zu werden, zu unterliegen, gehört wesentlich hierher. Diese Feinde, welche zugleich die Seite ihrer persönlichen Zwecke beabsichtigten, hatten die formelle Staatsverfassung und die Macht des rechtlichen Scheines für sich. Cäsar kämpfte im Interesse, sich seine Stellung, Ehre und Sicherheit zu erhalten, und der Sieg über seine Gegner, indem ihre Macht die Herrschaft über die Provinzen des römischen Reiches war, wurde zugleich die Eroberung des ganzen Reiches: So wurde er mit Belassung der Form der Staatsverfassung der individuelle Gewalthaber im Staate. Was ihm so die Ausführung seines zunächst negativen Zwecks erwarb, die Alleinherrschaft Roms, war aber zugleich an sich notwendige Bestimmung in Roms und in der Welt Geschichte, so dass sie nicht nur sein partikularer Gewinn, sondern ein Instinkt war, der das vollbrachte, was an und für sich an der Zeit war. Dies sind die großen Menschen in der Geschichte, deren eigne partikulare Zwecke das Substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist. Sie sind insofern Heroen zu nennen, als sie ihre Zwecke und ihren Beruf nicht bloß aus dem ruhigen, angeordneten, durch das bestehende System geheiligten Lauf der Dinge geschöpft haben, sondern aus einer Quelle, deren Inhalt verborgen und nicht zu einem gegenwärtigen Dasein gediehen ist, aus dem inneren Geiste, der noch unterirdisch ist, der an die Außenwelt wie an die Schale pocht und sie sprengt, weil er ein anderer Kern als der Kern dieser Schale ist, – die also aus sich zu schöpfen scheinen, und deren Taten einen Zustand und Weltverhältnisse hervorgebracht haben, welche nur ihre Sache und ihr Werk zu sein scheinen.

       Solche Individuen hatten in diesen ihren Zwecken nicht das Bewusstsein der Idee überhaupt, sondern sie waren praktische und politische Menschen. Aber zugleich waren sie denkende, die die Einsicht hatten von dem, was not und was an der Zeit ist. Das ist eben die Wahrheit ihrer Zeit und ihrer Welt, sozusagen die nächste Gattung, die im Innern bereits vorhanden war. Ihre Sache war es, dies Allgemeine, die notwendige, nächste Stufe ihrer Welt zu wissen, diese sich zum Zwecke zu machen und ihre Energie in dieselbe zu legen. Die welthistorischen Menschen, die Heroen einer Zeit, sind darum als die Einsichtigen anzuerkennen; ihre Handlungen, ihre Reden sind das Beste der Zeit. Große Menschen haben gewollt, um sich zu befriedigen, nicht um andere. Was


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